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Gold in den roten Bergen

Gold in den roten Bergen

Titel: Gold in den roten Bergen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heinz G. Konsalik
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einen wilden, hellen Schrei aus und fuhr herum. Mit einer Schnelligkeit ohnegleichen trat er Palmer in die Hoden und hetzte dann davon.
    Jim ging sofort in die Knie. Der Schmerz schien seine Schädeldecke zu sprengen, er preßte beide Hände gegen den Unterleib und hatte das Gefühl, in der Mitte seines Leibes im Feuer zu stehen. Für einen Augenblick war er sogar bewußtlos, die Welt um ihn herum schwankte, kehrte sich nach oben, und an einem schwarzen Himmel zerplatzten rote Sterne. Dann sah Jim seine Umgebung wieder etwas klarer, merkte, daß er auf dem Rücken lag und ihn von den Zehenspitzen bis zur Kopfhaut ein einziger wahnsinniger Schmerz lähmte.
    Von den vier Aboriginals war nichts mehr zu sehen. Irgendwo an der Straße trafen sie sich wieder und lachten sich zu. Ihre rot angelaufenen Augäpfel rollten unkontrolliert in den Höhlen. Der Benzinrausch hatte sie erfaßt. Sie fühlten sich unendlich stark und mutig und ahnten nichts von dem schleichenden Selbstmord, dem sie sich ergaben.
    Erst eine halbe Stunde später war Jim Palmer fähig, zum Telefon zu humpeln und den Polizeiposten in Barrow Creek zu alarmieren.
    »Wie sollen wir die kriegen, Jim?« fragte der Polizist resignierend. »Bind dir nächstens ein Stück Blech vor den Bauch. Im übrigen habe ich jetzt keine Zeit. Militär aus Alice ist hier, drei Wagen voll. Und ein Jeep mit einem Sarg. Sieht aus, als suchten sie eine Leiche. Immer die gleiche Scheiße: Da will einer wie Columbus das Outback erforschen, und wir wissen von nichts. Jeder, der in die Wüste will, muß sich bei uns abmelden und zurückmelden … Das weiß doch jeder! Leg dir einen Lappen mit Alkohol drauf, Jim, das kühlt … Ich muß jetzt raus und der Kolonne folgen …«
    Der Militär-Konvoi fuhr langsam nach Norden, argwöhnisch beäugt von den überall herumsuchenden Aboriginals. Vorn im Jeep saß Lieutenant Lindsay, eine genaue Gebietskarte auf den Knien, und musterte den linken Straßenrand. Ein großes Kreuz auf der Karte markierte die Stelle, wo man Angurugu begraben hatte.
    »Da ungefähr muß es sein«, hatte Wolf Herbarth erklärt. »So genau kann ich das nicht sagen. Aber es muß leicht zu finden sein.«
    Erstaunt hob Lieutenant Lindsay den Kopf, als vor ihm, schätzungsweise einen Kilometer entfernt, eine alte Buschtrommel aufklang, ein dumpfes Trommeln, aus dem nur ein geübtes Ohr einen bestimmten Rhythmus heraushören konnte. Aber die Aboriginals verstanden die Laute … Sie rotteten sich zusammen und marschierten dann geschlossen den Tönen entgegen.
    Es war wirklich leicht für Lindsay, das Grab zu finden. Ungefähr zweihundert Aboriginals umstanden das mit Steinen festgestampfte Rechteck, und Doomadooa, der große Medizinmann, hatte gerade das Kreuz aus dem Boden gerissen, schwenkte es durch die Luft und ließ es am nächsten Gerippe einer Wüstenpappel zersplittern. Dabei stieß er helle, tierähnliche Laute aus.
    »Stop!« kommandierte Lindsay, hob die Hand und sprang aus dem Jeep. »Jungs, jetzt gibt es Krach zwischen Steinzeit und Neuzeit. Ich wette, die lassen uns nicht an das Grab heran.«

3
    Der Kreis der Aboriginals um Angurugus Grab blieb geschlossen, als Lindsays Soldaten von der Straße her anmarschierten. Die Eingeborenen rückten sogar noch enger zusammen und waren jetzt wie eine lebende Mauer, die man nur mit Gewalt durchbrechen konnte.
    Gewalt aber war das letzte, was Lindsay anwenden wollte … Auf der Offiziersschule in Canberra hatte er zum erstenmal gelesen, was man im alltäglichen Leben Australiens weitgehend vergessen wollte und deshalb verschwieg, etwas, das in keiner Schule gelehrt wurde und in den wenigsten australischen Geschichtsbüchern steht: die blutige Eroberung des Landes durch die weißen Siedler.
    Als vor etwa zweihundert Jahren die ersten Weißen Australien als ein Niemandsland betrachteten und von ihm Besitz nahmen, nachdem Captain James Cook, der englische Weltumsegler und Koloniensammler der britischen Krone, 1770 diesen Kontinent entdeckt und ihm den Namen New South Wales gegeben hatte, lebten in diesem riesigen Land etwa 300.000 Aboriginals.
    Für die erobernden Weißen waren das keine Menschen, eher eine Zwischenstufe zwischen Affe und einer noch zu bestimmenden Rasse. Sie waren solch ein Nichts, daß man ihnen noch nicht einmal einen Namen gab. Man nannte sie einfach lateinisch ›ab origine‹ ein Ding, das ›am Anfang da war‹. Daraus wurde dann das Wort Aboriginal, und so blieb es bis heute.
    Dabei lebten damals

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