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Gold in den roten Bergen

Gold in den roten Bergen

Titel: Gold in den roten Bergen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heinz G. Konsalik
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hatten verbeulte Schlapphüte auf, farbige Strickmützen und randlose Filzstulpen. Sie hatten sich herausgeputzt, für die Weißen fein gemacht, um bloß nicht aufzufallen, sondern sich in die Zivilisation einzugliedern. Aber gerade das machte sie verdächtig. Es war ein offenes Geheimnis, was die Aboriginals sonst dachten: Wer kann die Weißen verstehen? Warum sitzen sie auf Stühlen, essen an Tischen, schlafen in Betten, die auf Stelzen stehen? Warum wollen sie uns zwingen, so zu leben wie sie?
    Laßt uns auf den Boden sitzen, leben und schlafen … Ihr versteht ihn ja doch nicht, unseren heiligen Spruch: Erde ist Mutter – Himmel ist Haus.
    »Abwarten«, sagte Ron Spencer. Auch er sah dem Trupp Aboriginals hinterher. »Mir gefällt das alles nicht. Da braut sich was zusammen.«
    Den ersten handfesten Krach gab es gegen Mittag.
    Jim Palmer hatte es sich im klimatisierten Office seiner Tankstelle bequem gemacht und die Füße auf den Tisch gelegt. Er trank eine Flasche Bier, las die Zeitung und wußte, daß um diese Zeit niemand an seiner Tanksäule hielt und Benzin verlangte.
    Die Hitze war drückend, das Benzin in den Fässern hinter dem Haus stank durch das Blech, ein Faß, in dem sich die Dämpfe explosionsartig gedehnt hatten, hatte schon vor einer Stunde seinen Verschluß in den hitzefahlen Himmel geschossen, was Palmer herzlich wenig störte, weil es ihm die Mühe abnahm, das Faß wegzurollen. Es stand an der Hauswand, mit dem Einfülloch nach oben, und konnte keinen Schaden anrichten. Plötzlich aber wurde Jim Palmer munter. Er nahm die Füße vom Tisch, faltete die Zeitung zusammen, griff nach hinten in das Regal und holte einen gummiüberzogenen Totschläger hervor. Durch das Fenster hatte er Aboriginals kommen sehen … Ganz harmlos schlenderten sie heran, vier junge Männer mit bunten Stirnbändern und halblangen weiten Hosen. Verstohlen blickten sie zum Office, sahen dort niemanden, weil Palmer inzwischen seitlich neben der Tür lauerte, und gingen dann weiter, zielstrebig auf das offene Faß Benzin zu. Der Geruch lockte sie an wie Baldrian die Katzen.
    »Genauso hab' ich mir das gedacht«, knurrte Palmer in sich hinein. »Nur ran, ihr lausigen Hunde … Ein paarmal dürft ihr schnüffeln, dann knallt's …«
    Hinter der Tür verborgen sah er zu, wie die jungen Eingeborenen sich nach allen Seiten umsahen, als seien sie Tiere, und dann nacheinander mit wilder Begeisterung ihre Nasen über das Fülloch hielten und tief die Benzindämpfe einatmeten.
    Petrol sniffing, dieses teuflische Benzinschnüffeln, war seit einigen Jahren zum bevorzugten Rauschmittel der vor allem jugendlichen Aboriginals geworden. Bier und Schnaps waren ihnen auf einer Sitzung des von ihnen selbst gegründeten autonomen Aboriginal Land Council im Jahre 1977 verboten worden, aber diese Zwangsabstinenz wurde immer wieder durchbrochen; was soll man auch sonst mit seiner vielen, vielen Zeit anfangen?
    Und wenn man kein Bier bekommen kann, denn Bier ist teuer, und wenn es keinen Schnaps gibt, der noch teurer ist, wenn man gar keine Möglichkeit findet, sich zu berauschen und ein wenig trunkene Seligkeit zu kaufen – nicht mal an der Hintertür der Pubs, an einer Klappe, die von den Weißen ›dog-box‹ genannt wird, denn an der Vordertür gibt's nur Bier für Weiße –, dann muß man eben schnüffeln – diesen verdammt würzigen Benzinnebel, der nichts kostet oder der für ein paar Cent zu haben ist, wenn der Petrolman gute Laune hat.
    Was macht es schon aus, daß man nach zweijährigem ständigem Schnüffeln den Verstand verliert, daß sich das Gehirn auflöst, daß man zum stammelnden Idioten wird? Die Zerstörten merken es nicht, den Weißen ist es egal, solange Frieden im Lande herrscht, und die nachwachsenden Schnüffler begreifen nicht, daß die betäubenden Dämpfe die Ursache der Hirnauflösung ihrer Nachbarn sind.
    Jim Palmer wartete, bis alle vier Aboriginals zweimal am Benzinfaß geschnüffelt hatten. Dann riß er die Tür auf, stürzte mit ein paar langen Sätzen auf die erschrockenen Eingeborenen zu und schwang seinen gefährlichen Totschläger. Kreischend fuhren sie nach allen Richtungen auseinander, liefen auf nackten Füßen davon, aber einen, wie immer den kleinsten, erwischte Palmer doch noch und knallte ihm einen Hieb über die Schulter. »Du Blokes!« schrie Palmer. »Du verdammter Blokes!« Das ist ein australischer Slangausdruck, der soviel heißt wie Type oder Halunke.
    Der Getroffene schwankte etwas, stieß

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