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Gold in den roten Bergen

Gold in den roten Bergen

Titel: Gold in den roten Bergen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heinz G. Konsalik
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Kein Eingreifen der Behörden? Hatte er nicht vor den Augen aller Weißen ihr geheiligtes Kreuz an einer verdorrten Wüstenpappel zerschlagen? Warum nahmen sie das hin, ohne die Schuldigen zu bestrafen? Was war das für ein merkwürdiger junger Offizier?
    Doomadooa rief weiter die bösen Geister an, streute getrocknete Kräuter in das brennende Holz. Beißender Qualm, der nach verbranntem Kuhmist stank, zog über die Menschenmauer hinweg. Lindsay hielt den Atem an, um diesen bestialischen Rauch nicht einzuatmen, und dann begann Doomadooa mit einem eigenartigen Tanz. Er stampfte die Erde, ging in die Hocke, klopfte mit den flachen Händen auf den Boden, beugte sich über das Feuer, sog den schrecklichen Qualm ein und blies ihn in alle Himmelsrichtungen. Dann tanzte er von neuem stampfend über das Grab und stieß dabei Laute aus, die wie der Schrei eines Raubvogels klangen.
    Dann, ganz plötzlich, blieb er stehen, die Arme hoch in den heißen Himmel gereckt, wie versteinert, so, als habe er jetzt Kontakt mir den Göttern, die sich mit ihm vereinigten. Nicht ein Laut war zu hören, nicht einmal das Atmen der vielen Menschen. Nur das Feuer knisterte, das heilige, alles reinigende, die bösen Geister vertreibende Feuer, das Feuer, das auch Leben bedeutete.
    Plötzlich sank Doomadooa in sich zusammen. Dann ging er zu dem niedrigen brennenden Holzstapel und trat das Feuer aus. Der Ring der Aboriginals brach auseinander, löste sich auf, es bildeten sich kleine Gruppen. Nur noch Lindsay und Doomadooa standen sich allein am Feuer gegenüber und sahen sich an.
    »Was willst du tun?« fragte der Aboriginal in einem holprigen, aber gut verständlichen Englisch.
    »Ihn ausgraben. Wie hieß er?«
    »Hotoo Angurugu.«
    »Er war krank?«
    »Der Tod lebte in ihm …«
    Ein merkwürdiger Satz, der alarmierend wirkte. Wenn ein Tod lebt, bedeutet das Gefahr für alle Menschen.
    Plötzlich verstand Lindsay die rätselhafte Ansammlung der Aboriginals am Highway: Sie hatten Angurugu gesucht, sie hatten ihn gejagt, sie hatten ihn töten wollen, aber der ›lebende Tod‹ war schneller gewesen. Nur wußte keiner, wie viele er schon mit seiner schleichenden, unbekannten Krankheit angesteckt hatte.
    »Was weißt du über seine Krankheit?« fragte Lindsay. Seine Kehle war auf einmal wie ausgetrocknet.
    Wir sollten ihn in seinem Grab lassen, dachte er. Dort, unter den festgestampften Steinen, ist er ungefährlich. Was aber kann geschehen, wenn wir ihn ausgraben? Könnten nicht Millionen unbekannter Viren oder Bakterien frei werden und das Land verseuchen? Was nützen dann alle Schutzanzüge? Wäre es nicht besser, das Grab zu öffnen, den Leichnam mit Chlorkalk zu überschütten und dann wieder mit festgestampfter Erde zu bedecken? Jeder Boden ist porös, Gase können daraus entweichen, auch Verwesungsgase … Wer kann wissen, ob nicht auch mit dem Gas bisher unbekannte Viren ins Freie und damit zu uns allen gelangen können?
    »Kennst du seine Krankheit?« fragte Lindsay.
    Doomadooa schüttelte den Kopf. »Nein, aber es war nötig, daß er starb.«
    »Ihr wolltet ihn töten?«
    »Ja.« Doomadooa sah auf das Grab, zertrat die letzte Glut des Holzfeuers und drehte sich dann weg. »Holt ihn nicht zurück ans Licht«, sagte er dabei. »Ich warne euch. Laßt ihn in der Erde, bei seiner Mutter … Warum sperrt ihr Weißen eure Toten in eine Kiste? Wer die Erde geliebt hat, gehört in die Erde, ohne daß man ihn vor der Erde schützt. Ihr seid merkwürdige Menschen …«
    Lieutenant Lindsay hob wortlos die Schultern. Was soll man darauf auch antworten? Er wandte sich zur Straße und winkte. Der Grabtrupp machte sich auf den Weg. In ihren Plastikanzügen und den Gasmasken sahen die Männer wie Wesen von einem anderen Stern aus. Sergeant Brenton schritt voraus, er trug die Gasmaske noch vor der Brust.
    »Alles kontrolliert, Sir!« meldete er kurz. »Alles dicht.«
    »Wenn der Tote im Sarg liegt, vernichten Sie alle Schutzanzüge und Stiefel. Verbrennen Sie alles, Brenton.«
    »Plastik? Wie denn, Sir?«
    »Mit Benzin übergießen und anstecken. Die Hauptsache, das Feuer vernichtet alle Krankheitserreger.«
    Lindsay ging zur Straße zurück beobachtete durch ein Fernglas die Arbeiten am Grab. Der vermummte Trupp brach mit Hacken die obere Schicht auf und grub dann mit Schaufeln den Toten aus. Als sie Angurugu aus dem Grab hoben, zum Jeep trugen und in den Sarg legten, streckte Doomadooa die Arme hoch in den Himmel und stieß schrille Schreie

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