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Gold in den roten Bergen

Gold in den roten Bergen

Titel: Gold in den roten Bergen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heinz G. Konsalik
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fahren jedes Jahr 250.000 Touristen und fotografieren, klettern auf dem Felsen herum, lassen Dosen, Papier, Plastiktüten, Eierschalen, Obstreste und anderen Müll liegen und finden das völlig natürlich.«
    »Das ist etwas ganz anderes, Sir …«
    »Wieso? Was für uns ein Dom ist, das ist für das Volk der Jankuntjatjara, die hier wohnen, der heilige Berg im roten Sand. Seit fast vierzigtausend Jahren, Brenton! Unseren Jesus gibt es noch keine zweitausend Jahre! Ist das kein Grund, einmal nachzudenken? Stellen Sie sich vor, Brenton, bei einer Trauerfeier für einen Ihrer Verwandten erscheint plötzlich ein fremder Mann und ruft: ›Alles raus, die Leiche nehme ich mit! Schluß mit dem Theater!‹«
    Sergeant Brenton schwieg, aber in seinen Augen konnte man lesen, was er dachte. Gefühlsduseleien gegenüber Aboriginals waren auch heute noch noch extreme Privatentgleisungen. Es gab genügend Organisationen, und immer neue kamen hinzu, die einen Aboriginal gleichsetzen wollten mit einem Weißen … Man ließ sie gewähren und ignorierte sie, solange sie nicht in den täglichen Lebensablauf eingriffen.
    Und wenn es in dem Protestsong ›Aboriginal Power‹ hieß: Gebt uns unser Land zurück, denn wenn ihr unser Land nehmt, nehmt ihr unsere Seelen …, so nahm man das beiläufig zur Kenntnis, dachte sich: Aha, die haben sogar eine Seele. Ist ja von Nutzen, wenn wir die ihnen wegnehmen – und beobachtete die Eingeborenen jetzt mit noch kritischeren Augen. Sir, Sie stehen ziemlich einsam da mit ihrer Liebe für die Aboriginals.
    »Der Grabtrupp – fertigmachen!« sagte Lieutenant Lindsay laut. »Finch, versuchen Sie, mit dem Jeep ans Grab zu kommen.« Der Fahrer des Jeeps nahm Haltung an, drehte sich um und lief zum Wagen. »Brenton …«
    »Sir?«
    »Kontrollieren Sie, ob auch alle Schutzanzüge dicht sind. Ich möchte nicht, daß durch Unachtsamkeit etwas passiert. Giftstufe eins ist befohlen.«
    »Und wenn wir das Grab geöffnet haben … Die herumstehenden Aboriginals sind in größter Gefahr und könnten die Krankheit weiterverbreiten. Dann haben wir die Seuche …«
    »Ich werde mit ihnen sprechen, Brenton.« Sergeant Finch war jetzt in den Jeep gesprungen, startete und fuhr von der Straße weg in den Busch hinein, über die niedrigen Hügel der Spinifexbüsche hinweg, eine rote Staubwolke hinter sich aufwirbelnd. Er kam bis zu der Menschenmauer der Eingeborenen, und obgleich er hupte und sogar die Hand auf dem Hupenknopf liegen ließ, rührte sich nichts in der lebenden Mauer der Aboriginals.
    Resignierend gab Finch auf, ließ das Dauerhupen sein und lehnte sich zurück, um die Beine auf das Armaturenbrett zu legen. Hinter ihm, quer über die Rücksitze gestellt, glänzte der braun lackierte Sarg mit den Messinggriffen. Man hatte in der Eile keinen einfacheren finden können, es hatte sowieso schon Streit mit dem Sarggeschäft gegeben, dessen Inhaber wissen wollte, wer denn überhaupt den Sarg bezahlen würde – das Gouvernement, das Hospital, das Aboriginal Land Council oder wer sonst?
    Vor den am Rande des Highway geparkten Wagen machte sich der Grabtrupp fertig. Über die Uniform zog man einen Plastikanzug mit Kapuze, vertauschte die Schuhe gegen hohe Gummistiefel, die am Rand fest an den Schutzanzug anschlossen, schnallte die Gasmasken mit einem Spezialfilter um den Hals und wartete dann weitere Befehle von Lindsay ab.
    »Lange, Sir, halten wir das in den Plastikdingern nicht aus«, sagte Brenton vorsorglich. »Immerhin haben wir fast 45 Grad in der Sonne …«
    Lindsay nickte und ging langsam zu Angurugus Grab hin-über. Doomadooa, der gerade ein Feuer darauf entzündet hatte und mit eintöniger Stimme die Götter beschwor, blickte zu dem jungen Offizier hin, ohne seinen Singsang zu beenden und den Eindruck seiner völligen Versunkenheit aufzugeben.
    Was wird er tun? dachte Doomadooa. Wird er uns auseinandertreiben? Wird Blut fließen? Wird es der Beginn eines neuen schleichenden Krieges sein? Wir Aboriginals sind in den Augen der Weißen das faulste und unnützeste Volk auf Erden … Aber wir können hassen! Und davor gibt es keinen Schutz …
    Lindsay tippte den Männern vor sich auf die Schultern. Sie blickten sich nicht um, aber sie drehten sich etwas zur Seite, gaben eine schmale Gasse frei und ließen den Lieutenant bis nach vorn in die erste Reihe durch. Dort blieb Lindsay stehen, steckte die Hände in die Uniformhose und wartete.
    Doomadooa war irritiert. Keine Gewalt? Keine herrischen Befehle?

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