Gold in den roten Bergen
kommandierte Hammerschmidt. Zwei Soldaten rannten in die Werkshalle und suchten Boabo. Der Aboriginal hatte sich, als er die beiden Uniformierten auf sich zukommen sah, sofort unter einem Unfallauto versteckt und eine ölverschmierte Decke über sich gezogen.
Hammerschmidt starrte Chick mitleidvoll an. »Mein Gott, Sie infizieren die halbe Stadt«, sagte er betroffen.
Natürlich fand man Boabo unter dem Auto, zog ihn hervor und schleppte ihn zum Bus. Shimbano protestierte laut, schrie, er sei ein unbescholtener Bürger in einem freien, demokratischen Land, aber das hinderte Hammerschmidt nicht, Boabo mit einem Stoß in den Rücken in den Bus zu befördern und Chick mit dem Kopf zuzuwinken.
»Einsteigen!«
»Wißt ihr das von Wolf?« fragte Chick, als er an Hammerschmidt vorbei zur Tür ging.
»Er war zuerst bei Saul Eberhardt und dann beim Captain.«
»Und weißt du, warum?«
»Nein.«
Die Antwort bewirkte eine große Beruhigung in Chicks Seele. Von der Karte aus Känguruhleder hatte Rocky also keine Ahnung, und der Verdacht, Wolf und er, Chick, könnten Krankheitsüberträger sein, würde sich bei den Untersuchungen im Hospital schnell verflüchtigen.
Chick stieg in den Bus, wo Cher ihm um den Hals fiel und losheulte. Hinter ihnen schloß sich schmatzend die zweiflügelige Tür, der Bus ruckte an und fuhr davon.
»Warum bin ich verhaftet?« schrie Boabo und raufte sich die filzigen Haare. »Was habe ich getan, Chick? Kann mir das einer erklären?«
»Du bist krank!« sagte einer der Soldaten.
»Ich? Wieso bin ich krank? Ich war seit vierzehn Jahren nicht krank. An mir kann ein Arzt pleite gehen …«
»Ihr alle seid krank«, sagte der Soldat ernst. »Wir vielleicht jetzt auch. Scheiße.«
»Was habt ihr da bloß mitgebracht?« jammerte Cher und preßte sich an Chick. »Sally haben sie aus dem Reisebus geholt … Sie wollte gerade zur Telegraphen Station und zum Waterhole …«
»Eigentlich zum Ayers Rock, aber wir mußten die Tour umstellen.« Sally, die ganz hinten im Bus saß und sich völlig ruhig benahm, winkte Chick zu. »Ich habe Wolf noch wegfahren sehen, und als wir von der Stadtrundfahrt zurückkamen, ›kassierte‹ mich der Mastersergeant, wie er sich ausdrückte. Was ist denn da auf dem Highway mit euch passiert? Wolf hat mir nichts erzählt.«
»Meinst du, Chick hat den Mund aufgemacht? Wir sollen alle angesteckt sein, sagt Rocky!« rief Cher durch den Bus. »Wer weiß, wo die Kerle sich herumgetrieben haben!« Sie fuhr wie eine Furie herum und packte Bullay am Hemdkragen. »Wo warst du, du Heuchler? Du Weiberheld! Du Schürzenjäger! Was für 'ne Krankheit habt ihr uns da mitgebracht?«
»Eine unbekannte, verdammte Aboriginal-Seuche!« sagte einer der Soldaten mit dumpfem Ton.
»Immer wir!« Boabo sank auf einen Sitz und umfaßte seinen Kopf. »Dabei waren wir viel gesünder, bevor ihr Weißen kamt. Jetzt saufen wir uns zu Tode …«
An diesem in Alice Springs so ereignisreichen Tag wunderten sich die weißen Bewohner von Barrow Creek bis Wauchope Hotel, wie viele Aboriginals plötzlich den Highway entlangzogen, ihre Brüder im Warrabri-Reservat besuchten, überall herumfragten, in der weiteren Umgebung der Straße etwas zu suchen schienen und mittags in Gruppen auf der Erde hockten und über offenen Feuern ihr Essen zubereiteten.
Wer sie ansprach und fragte, woher sie kämen und was sie hier wollten, bekam keine Antwort, oder man grinste sie nur an, gab Laute in einem unbekannten Eingeborenendialekt von sich und ließ sie stehen.
»Da stimmt etwas nicht«, sagte der Gastwirt Ron Spencer in Barrow Creek zu seinen Gästen, meistens Autofahrer auf dem Weg nach Norden oder Süden oder Farmer aus der nächsten Umgebung, die bei ihm im Shop einkauften. »Die Kerle brüten etwas aus. Hab' schon in Alice Springs die Polizei angerufen. Und was soll ich euch sagen: Die taten so, als wüßten sie das schon! Aber was geschieht? Nichts!«
»Solange sie nur herumlatschen, Ron, soll's mir egal sein.« Einer der Farmer blickte aus dem Fenster.
Ein Trupp Aboriginals zog draußen vorbei, geordnet, immer zwei hintereinander, bekleidet mit Hosen, Hemden und Jacken, uralte zerschlissene Kleidung war es, staubig von rotem Sand … Man sah ihnen an, daß sie diese Anzüge nur den Weißen zu Gefallen angezogen hatten und daß sie sonst draußen in ihren Reservaten fast nackt, nur mit einem Lendenschurz herumliefen. Viele der Männer trugen breite Stirnbänder in Rot, Grün, Gelb oder Grau, oder sie
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