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Gold in den roten Bergen

Gold in den roten Bergen

Titel: Gold in den roten Bergen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heinz G. Konsalik
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geweigert, sie zu tragen. »Ab heute teilen wir das Schlafen anders ein: Du im Toyota, Wolf und Mrs. Sally im Zelt, ich und Mrs. Cher im Bus …«
    »Aha!« sagte Boabo und grinste unverschämt.
    »Willst du eine aufs Kinn?« fragte Chick und rollte mit den Schultern. »Lach nicht so dämlich …«
    »Ich wundere mich nur, Mister Chick, warum wir das nicht schon von Anfang an gemacht haben.«
    »Du sagst es. Ich begreife das auch nicht.«
    Die sechs Aboriginals standen herum, wortlos, fast unbeweglich, und sahen den Weißen zu, wie diese ihr Lager aufbauten. Sie begriffen nicht, wie man alle Warnungen beiseite schieben konnte, warum die Weißen die Götter so beleidigen wollten und nicht bereit waren, die Nacht ein paar Meilen weiter in der flachen Wüste zu verbringen.
    Der Alte wartete, bis Sally und Cher den Klapptisch und den Kocher aufgebaut hatten und Wolf das Holz herantrug, um ein Feuer zu machen. Boabo saß in der Tür des Toyota und dachte angestrengt und mit einem inneren Zittern darüber nach, ob eine Autotür die Götter wohl abhielte oder ob so etwas kein Hindernis für Götter war, denn es waren ja Geister.
    »Wir gehen und kommen am Morgen wieder«, sagte der Alte. »Haben Sie noch einen Wunsch?«
    »Nein.« Wolf sah ihn fragend an. In der Stimme des alten Mannes war ein seltsamer Unterton. Es klang wie ein Abschied. »Doch ja … Sie könnten mit Ihren Männern Holz sammeln. Das hier ist unser letztes.«
    »Sind Sie Christen?« fragte der Alte. Dabei blickte er über Wolf hinweg in die sich wieder verdunkelnde Wüste.
    »Ja.«
    »Soll ich ein Gebet an Ihrem Grab sprechen?«
    Wolf hob die Schultern. Ein Schauer durchlief ihn plötzlich, auch wenn er sich sagte, das alles sei doch Unsinn.
    »So weit sind wir noch nicht, Petoo Balwinoo.«
    Der Alte zeigte keine Überraschung. Sein Gesicht blieb unbeweglich, eine zerklüftete Landschaft, Ebenbild eines harten Lebens voller Erbarmungslosigkeit und schrecklicher Sinnlosigkeit.
    »Soll ich englisch oder deutsch beten?« fragte er. »Ich kann das Vaterunser auch auf deutsch. Ich habe es zwölf Jahre lang jeden Tag gesprochen … Das vergißt man nicht.«
    »Warum malen Sie nicht mehr, Petoo?«
    »Das war eine andere Zeit … sie ist tot.«
    »So wie Sie für die anderen Menschen tot sind.«
    »Wir wollen nicht darüber reden, Mister Wolf.« Der Alte zog seinen Schlapphut tiefer in die Stirn. »Noch einen Vorschuß, bitte.«
    »Eine Flasche Whisky?«
    »Bitte.«
    »Ist es das, Petoo? Haben Sie Ihr ganzes Maltalent versoffen?«
    »Warum fragen Sie? Ich frage Sie ja auch nicht, warum Sie nicht mehr in Deutschland leben. Warum Sie unbedingt hier, an den ›Götterkugeln‹, sterben wollen … Mein Stamm und ich danken Ihnen.«
    »Wofür?«
    »Für die Wagen, die Ausrüstung, das Zelt, die Lebensmittel … für alles, was Sie hier zurücklassen. Wir können es gut gebrauchen.«
    Wieder durchlief ein Schauer Wolfs Körper. Der Alte verkündete ein Todesurteil und betrachtete sich schon als Besitzer der Hinterlassenschaft. Für ihn gab es keinen Zweifel, daß dieser Platz am Morgen eine Stätte des Todes war.
    »Kommen Sie mit«, sagte Wolf heiser.
    Sie gingen zu dem Toyota. Wolf holte eine Flasche Whisky aus der Kiste und hielt sie dem Alten hin. Petoos Augen, bekamen einen fiebrigen Glanz, er drückte die Flasche mit beiden Händen an seinen weiten, zerlumpten Mantel. Dann drehte er sich um, stieß in Richtung der anderen Aboriginals einen dumpfen Schrei aus und verließ mit langen Schritten den Rastplatz. Die fünf Eingeborenen folgten ihm in einer Reihe, hintereinander gehend wie bei einer militärischen Übung; nur der Gleichschritt fehlte.
    »Aus denen wird keiner klug«, sagte Chick, als Wolf zum Zelt zurückkam. Er saß schon am Tisch und wartete auf das Essen. Im Topf auf dem Gaskocher brodelte eine Linsensuppe mit geräucherten Würstchen. »Sieh dir das an, wie die abmarschieren! Der Alte mit der Flasche vorneweg, die anderen hinterher wie Katzen hinter Baldrian. Das ist das ganze Göttergeheimnis: Sie wollen unbeobachtet saufen …«
    Etwas abseits vom Feuer, das Chick angezündet hatte, kniete Sally zwischen Stachelschweingras und Geröll auf dem Boden und hatte ein Paket Brot aufgerissen. Neben ihr stand eine Plastikdose mit Käse. Der Deckel war schon hochgehoben, es duftete stark nach einem kräftigen Romadour.
    Schräg hinter ihr, um einen größeren roten Stein herum, bewegte sich etwas … lautlos, gleitend, im Nachtlicht fast unsichtbar. Ein

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