Gold in den roten Bergen
Reservate und verbietet ihnen, in unsere Städte und Siedlungen zu kommen? Ich habe immer gesagt …«
»Es gibt ein festgeschriebenes Recht, Emily, und das besagt: Jeder Mensch darf sich frei bewegen. Wir leben in einem freien, demokratischen Land. Alle Menschen sind gleichberechtigt. Was hier vor zweihundert Jahren passiert ist, als man die Aboriginals wie Känguruhs jagte, wollen wir vergessen. Heute sind wir eine Kulturnation.«
»Und lassen uns mit offenen Augen verseuchen …«
»Ich wiederhole: So weit sind wir noch nicht.«
»Und wann, James, sind wir so weit?« Emilys Ton klang hysterisch. Ihr rundes Gesicht unter der Netzhaube, mit der sie die Lockenwickler in ihrem Haar zusammenhielt, verzerrte sich und verlor dadurch das zufriedene, satte Aussehen. »Heute ist es diese Mrs. Dover, morgen sind es fünf andere, übermorgen zwanzig …«
»Dann gibt's Alarm, Emily.« Der Gouverneur zog seine Jacke an. Er bürstete noch einmal über seine Haare und festigte sie mit einem diskret parfümierten Spray. »Leg dich hin und schlaf weiter.«
»Als wenn ich jetzt noch schlafen könnte.« Sie wartete ab, bis James das Schlafzimmer verlassen hatte, griff dann zum Telefon und rief der Reihe nach ihre Freundinnen und zahlreiche Bekannte an. Die Auswirkung war grandios. Während im Hospital noch gedämpfte Hoffnung herrschte, die Krankheit könne ein Einzelfall sein, war die Epidemie per Telefon schon über Alice Springs niedergegangen.
Ein Mr. Leads, der die konservative Vaterlandspartei vertrat und ein Installationsgeschäft betrieb, gab den bisher zurückgehaltenen Gedanken an seinem Frühstückstisch freien Lauf. »Jetzt räumen wir auf, meine Lieben!« sagte er und klatschte in die Hände. »Jetzt sammeln wir das ganze schwarze Gesindel in den Slums und am Todd River ein und karren es in die Wüste! Endlich haben wir eine saubere weiße Stadt … Der Gouverneur kann gar nicht anders, als diese Forderung zu unterschreiben. Wozu haben wir Notstands- und Ausnahmegesetze? Hier liegt ein Notstand vor!«
Im Hospital war es unterdessen Dr. Tunin und seinem Team gelungen, Eve Dover ins Bewußtsein zurückzurufen. Sie lag in völliger Erschöpfung im Bett, hatte sich erklären lassen, wo sie war und warum, und wußte auf alle Fragen keine Erklärung.
»Ich habe doch eben noch getanzt und gesungen«, sagte sie mit schwacher Stimme. »Dann kam die Müdigkeit, ich habe mich auf die Couch gelegt – das mache ich oft zwischen zwei Auftritten –, und dann muß ich eingeschlafen sein.«
»Und Sie haben nichts Außergewöhnliches an sich bemerkt?« fragte Dr. Tunin.
»Nein. Mir taten nur die Muskeln weh, so eine Art Muskelkater … Aber den hatte ich schon öfter. Wenn Sie mal in den Night-Club kommen, Doktor, und meine Nummer sehen, werden Sie das verstehen. Da ist so ein Schlangentanz dabei, da muß man Gelenke aus Gummi haben – aber wer hat die schon? Das geht ganz schön in die Muskeln. Nein, weiter ist mir nichts aufgefallen.«
»Seit wann haben Sie die roten Flecken, Mrs. Dover?«
»Seit drei Tagen.« Sie schloß die Augen und zögerte weiterzusprechen. Sie schämte sich, was an und für sich sehr selten bei ihr vorkam. »Ich … ich habe es schon zu Rocky gesagt«, murmelte sie schließlich. »Rocky, habe ich gesagt, pack nicht zu fest zu … Ich bekomme überall rote und blaue Flecken …«
»Wer ist Rocky?«
»Sie kennen ihn, Doktor. Mastersergeant Rock Hammerschmidt …«
Dr. Tunin warf seinen Ärzten einen geradezu entsetzten Blick zu. Blitzartig wurde ihm der Weg der Infektion klar, und ebenso deutlich sah er die Auswirkungen. Von dem toten Aboriginal oder von Chick und Wolf war das Virus zu Hammerschmidt gekommen, und Hammerschmidt hatte es beim Liebesspiel an Eve Dover weitergegeben. Bei ihr brach die Krankheit wieder aus. Rock Hammerschmidt war also der Zwischenträger, so, wie die Tsetse-Fliege der Zwischenträger der Schlafkrankheit und der tödlichen Nagana-Krankheit war – oder im Mittelalter die Ratte für die Pest.
Mastersergeant Hammerschmidt mußte sofort isoliert werden, und mit ihm mußten es Chick Bullay und Wolf Herbarth. Sie waren zu lebenden Zeitbomben geworden. Sie trugen vermutlich, selbst nicht gefährdet, die Krankheit von Hotoo Angurugu weiter. Nicht auszudenken, wie viele Soldaten durch Berührung oder Tröpfcheninfektion, wie etwa durch feuchten Atem beim brüllenden Kommandieren, von Hammerschmidt womöglich schon angesteckt worden waren.
Das Gespenst der Seuche wurde
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