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Gold. Pirate Latitudes

Gold. Pirate Latitudes

Titel: Gold. Pirate Latitudes Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michael Crichton
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Wachen wurden ausgewechselt. Die neuen Soldaten hielten sich die Nase zu, als sie hereinkamen, und witzelten über den Gestank. Hunter blickte sie verwundert an. Er nahm schon längst keinen Geruch mehr wahr.
    Die neuen Wachen waren jünger und nahmen es mit ihren Pflichten nicht ganz so genau. Offenbar waren die Spanier überzeugt, dass von den Piraten keine Gefahr mehr ausging. Kaum hatten sie sich hingehockt, holten sie ein Kartenspiel hervor. Hunter blickte weg und sah zu, wie sein Schweiß auf den Boden tropfte. Er dachte an den armen Trencher, spürte aber weder Zorn noch Entrüstung, ja nicht einmal Angst. Er war gefühllos.
    Ein neuer Soldat kam herein. Er war eine Art Offizier und anscheinend missfiel ihm die nachlässige Haltung der jungen Männer. Er bellte scharfe Befehle, und die Männer legten hastig die Karten beiseite.
    Der neue Offizier ging durch den Raum und studierte die Gesichter der Freibeuter. Schließlich suchte er einen aus der Gruppe aus und führte ihn weg. Der Mann brach nach wenigen Schritten auf wackeligen Beinen zusammen, worauf die Soldaten ihn packten und aus dem Raum schleiften.
    Die Tür schloss sich. Die Wachen legten für kurze Zeit geflissentliche Aufmerksamkeit an den Tag und entspannten sich dann wieder. Aber sie spielten nicht weiter Karten. Nach einer Weile kamen zwei von ihnen auf die Idee, um die Wette zu urinieren, um zu sehen, wer es am weitesten schaffte. Ziel war ein Seemann in der Ecke. Das Spiel kam bei den Wachen gut an, denn sie lachten und setzten zum Spaß gewaltige Summen Geldes auf den Sieger.
    Hunter nahm das Geschehen nur undeutlich wahr. Er war hundemüde; seine Beine schmerzten von der Anstrengung, und der Rücken tat ihm weh. Er fragte sich allmählich, warum er sich geweigert hatte, Cazalla das Ziel der Reise zu verraten. Sein Verhalten kam ihm auf einmal sinnlos vor.
    In diesem Augenblick wurde Hunter aus seinen Gedanken gerissen, als ein anderer Offizier erschien, der »Captain Hunter!« brüllte. Sogleich wurde Hunter aus dem Raum geführt.
    Während er durch die Decks mit schlafenden Seeleuten, die in ihren Hängematten schaukelten, gestoßen und geschubst wurde, hörte er von irgendwo im Schiff deutlich ein merkwürdiges und klagendes Geräusch.
    Es war das Weinen einer Frau.

KAPITEL 17
    Hunter kam nicht dazu, länger über die Bedeutung des seltsamen Geräusches nachzudenken, denn er wurde hastig aufs Hauptdeck gestoßen. Dort, unter den Sternen und den gerefften Segeln, sah er, dass der Mond niedrig stand – bis Tagesanbruch konnten es also nur noch wenige Stunden sein.
    Jähe Verzweiflung erfasste ihn.
    »Engländer: Kommt her!«
    Hunter wandte den Kopf und sah Cazalla nicht weit vom Hauptmast stehen, mitten in einem Ring aus Fackeln. Zu seinen Füßen lag der Seemann, der kurz zuvor aus dem Raum geholt worden war, mit ausgebreiteten Armen und Beinen auf dem Rücken, fest ans Deck gebunden. Eine Reihe von spanischen Soldaten stand herum und grinste breit.
    Cazalla selbst wirkte äußerst aufgeregt; er atmete schnell und flach. Hunter bemerkte, dass er wieder ein Kokablatt kaute.
    »Engländer, Engländer«, sagte er hastig. »Ihr kommt gerade rechtzeitig, um Zeuge unseres kleinen Spaßes zu werden. Wisst Ihr, dass wir Euer Schiff durchsucht haben? Nein? Na, das haben wir, und wir haben viele interessante Dinge gefunden.«
    Oh Gott, dachte Hunter. Nein …
    »Ihr habt sehr viel Seil, Engländer, und Ihr habt eigentümliche Eisenhaken, die sich zusammenklappen lassen, und Ihr habt auch seltsame Dinge aus Leinen, wofür wir ebenfalls keine Erklärung haben. Aber was wir uns vor allem nicht erklären können, Engländer, ist das hier.«
    Hunters Herz klopfte wie wild: Wenn sie die grenadoes gefunden hatten, dann war alles aus.
    Aber Cazalla hielt einen Käfig mit vier Ratten hoch. Die Ratten huschten hin und her und fiepsten nervös.
    »Könnt Ihr Euch vorstellen, wie erstaunt wir darüber waren, dass Ihr Ratten mit an Bord genommen habt? Wir haben uns gefragt, warum macht er das? Warum nimmt der Engländer Ratten mit nach Augustine? Augustine hat eigene Ratten, Floridaratten, sehr gute. Nicht wahr? Also frage ich mich, wie das zu erklären ist?«
    Hunter sah, wie ein Soldat irgendetwas mit dem Gesicht des auf den Planken liegenden Seemanns machte. Zuerst konnte er nicht erkennen, was da genau geschah. Der Soldat rieb und strich an dem Gesicht des Mannes herum. Dann begriff Hunter: Dem Seemann wurde Käse aufs Gesicht geschmiert.
    »Und dann«, sagte

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