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Gold. Pirate Latitudes

Gold. Pirate Latitudes

Titel: Gold. Pirate Latitudes Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michael Crichton
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er sich ganz vorsichtig zum Heck, bis er mit dem Kopf sacht gegen die rechteckige Vertiefung der Hecklukenklappe stieß. Als er hochblickte, sah er durch das Gitter der Klappe dünne Lichtstrahlen. Sterne am Himmel. Alles still, bis auf einen schnarchenden Seemann.
    Er holte tief Luft und hob den Kopf. Die Klappe bewegte sich ein paar Zentimeter nach oben. Er konnte das Deck sehen. Und er blickte direkt in das Gesicht eines schlafenden Seemanns, höchstens einen Fuß entfernt. Der Mann schnarchte laut.
    Sanson senkte die Lukenklappe wieder und machte sich auf den langen Weg zum anderen Ende des Bilgeraumes. Er brauchte fast eine Viertelstunde, um sich auf dem Rücken liegend mit den Händen die fünfzig Fuß bis zur vorderen Luke der Cassandra zu schieben. Dort hob er die Lukenklappe und spähte hinaus. Der nächste schlafende Seemann lag wenigstens zehn Fuß entfernt.
    Ganz langsam und lautlos nahm Sanson die Lukenklappe heraus und legte sie aufs Deck. Er hievte sich aus dem Wasser und blieb kurz stehen, um die frische Nachtluft einzuatmen. Durchnässt wie er war, fror er in dem leichten Wind, doch er achtete nicht darauf. Sein ganzer Verstand richtete sich allein auf die an Deck schlafende Prisenbesatzung.
    Sanson zählte zehn Männer. Das müssten alle sein, dachte er. Notfalls reichten drei Männer, um die Cassandra zu segeln, fünf kämen bequem mit ihr klar; zehn Männer wären mehr als genug.
    Er sah sich genau an, wo und wie die Männer an Deck lagen, und überlegte, in welcher Reihenfolge er sie am besten töten sollte. Es war leicht, einen Mann leise zu töten, aber absolut lautlos zu töten, war nicht so einfach. Von den zehn Männern waren die ersten vier oder fünf entscheidend, denn wenn einer von ihnen einen Laut von sich gab, könnten alle anderen wach werden.
    Sanson nahm die dünne Kordel ab, die ihm als Gürtel diente. Er wickelte sie um die Hände und zog sie zwischen den Fäusten straff. Zufrieden mit der Stärke der Schnur, griff er sich einen Belegnagel aus geschnitztem Hartholz und schritt zur Tat.
    Der erste Soldat schnarchte nicht. Als Sanson den Mann in eine sitzende Haltung anhob, grummelte der nur kurz im Schlaf über die Störung, ehe Sanson ihm mit dem Belegnagel auf den Kopf schlug. Der Schlag war heftig, erzeugte aber nur ein dumpfes Geräusch, als er auf den Schädel traf. Sanson legte den Seemann vorsichtig wieder aufs Deck.
    Im Dunkeln fuhr er mit den Händen über den Schädel. Er fühlte eine tiefe Mulde. Der Schlag hatte ihn vermutlich getötet, doch er wollte kein Risiko eingehen. Er schlang dem Mann die Kordel um den Hals und zog sie fest zu. Gleichzeitig legte er ihm die andere Hand flach auf die Brust, um den Herzschlag zu spüren. Eine Minute später hörte das Pochen auf.
    Sanson schlich zum nächsten Mann, huschte wie ein Schatten übers Deck. Er verfuhr mit ihm auf die gleiche Weise. Keine zehn Minuten später hatte er jeden Mann auf dem Schiff getötet. Er ließ sie so liegen, als würden sie schlafen.
    Als Letztes starb der Wachposten, der am Heck betrunken über der Ruderpinne lag. Sanson schnitt dem Mann die Gurgel durch und stieß ihn über Bord. Er fiel mit einem leisen Platsch ins Wasser, was jedoch eine Wache an Deck des Kriegsschiffes hörte. Der Mann lehnte sich über die Reling und blickte zur Schaluppe hinüber.
    »¿Todo bien?« ,rief er.
    Sanson postierte sich am Heck, wo der über Bord gegangene Soldat gestanden hatte, und winkte der Wache auf dem anderen Schiff. Er war zwar tropfnass und trug keine Uniform, aber er wusste, dass der andere das in der Dunkelheit nicht erkennen konnte.
    »Sí, sí« ,sagte er schläfrig.
    Der Wachposten brummte etwas Unverständliches und wandte sich ab.
    Sanson wartete einen Augenblick ab und richtete dann seine Aufmerksamkeit auf das Kriegsschiff. Es lag gut hundert Fuß entfernt – weit genug, um nicht gegen die Cassandra zu stoßen, wenn es sich beim Gezeiten- oder Windwechsel vor Anker drehte. Sanson sah erfreut, dass die Spanier es unterlassen hatten, die Scharten zu schließen; sie standen noch offen. Wenn er durch eine offene Scharte auf das untere Kanonendeck kletterte, konnte er den Wachen auf dem Hauptdeck aus dem Weg gehen.
    Er ließ sich von Bord ins Wasser gleiten, und während er rasch hinüber zum Kriegsschiff schwamm, schoss ihm der Gedanke durch den Kopf, dass die Spanier in der Nacht hoffentlich keinen Abfall in die Bucht geworfen hatten. Abfall lockte Haie an, und der Hai war eines der wenigen Lebewesen

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