Gold. Pirate Latitudes
unter dem Kanonenrohr hantieren. Er lächelte im Dunkeln. »Das wird wunderbar.«
Der Wind drehte, und das Heck der Galeone schwang auf Sanson zu. Er machte das Boot unter dem vergoldeten Heckspiegel fest und kletterte am hintersten Spant zur Kapitänskajüte hoch. Er hörte den leisen Klang ein Liedes auf Spanisch und lauschte kurz den anzüglichen Worten, konnte aber nicht genau sagen, woher der Gesang kam. Die Töne schienen in der Luft zu treiben, trügerisch und schwach.
Er schlüpfte durch ein Bullauge in die Kapitänskajüte. Sie war leer. Dann schlich er nach draußen aufs Kanonendeck und über den Niedergang aufs Mannschaftsdeck. Nirgends war eine Menschenseele zu sehen. Die leeren Hängematten schwangen sanft mit der Schaukelbewegung des Schiffs. Zahllose Hängematten und keine Spur von der Besatzung.
Das gefiel Sanson überhaupt nicht – ein unbewachtes Schiff war gleichbedeutend mit einem Schiff ohne Schatz an Bord. Er befürchtete jetzt, was sie alle befürchtet, aber nie ausgesprochen hatten: dass der Schatz vom Schiff gebracht und irgendwo anders gelagert worden war, vielleicht in der Festung. Falls das zutraf, war ihr Vorhaben gescheitert.
Daher hoffte Sanson, wenigstens auf eine Notbesatzung und auf Wachen zu stoßen. Er gelangte zur Heckkombüse und hier schöpfte er neuen Mut. Die Kombüse war zwar menschenleer, aber alles deutete darauf hin, dass kürzlich hier gekocht worden war – ein Ochseneintopf in einem großen Kessel, Gemüse, eine Zitronenhälfte, die auf der hölzernen Arbeitsplatte hin und her schaukelte.
Er verließ die Kombüse und suchte weiter. Von weiter weg hörte er die Rufe von dem Wachposten an Deck, der Lazue und den Mauren in ihrem näher kommenden Boot begrüßte.
Lazue und der Maure machten mittschiffs an der Strickleiter der Galeone fest. Der Wachposten an Bord beugte sich über die Reling und winkte. »¿Qué hay?« ,rief er.
»Wir bringen Rum«, antwortete Lazue mit tiefer Stimme. »Mit einem schönen Gruß vom Kapitän.«
»Vom Kapitän?«
»Der hat heute Geburtstag.«
»Fantástico, fantástico. « Lächelnd trat der Wachposten zurück, um Lazue an Bord zu lassen. Er stutzte und setzte eine erschrockene Miene auf, als er das Blut an ihrem Hemd und in ihren Haaren sah. Doch schon zischte das Messer durch die Luft und bohrte sich in seine Brust. Der Mann umfasste überrascht den Griff. Er sah aus, als wollte er etwas sagen. Dann kippte er nach vorn und schlug der Länge nach aufs Deck.
Der Maure kam an Bord und schlich zum Bug, wo eine Gruppe von vier Soldaten saß und Karten spielte. Lazue sah nicht hin, was er machte, sondern ging nach unten. In einer Bugkajüte entdeckte sie zehn schlafende Soldaten. Leise schloss sie die Tür und verriegelte sie.
Fünf weitere Soldaten saßen singend und trinkend in einer Nachbarkajüte. Sie lugte hinein und sah, dass sie Pistolen hatten. Sie hatte ihre eigenen Pistolen im Gürtel stecken, würde aber nur im Notfall einen Schuss abfeuern. Sie wartete draußen neben der Tür.
Kurz darauf kam der Maure auf leisen Sohlen nach unten.
Sie deutete in die Kajüte. Er schüttelte den Kopf. Sie blieben draußen.
Nach einer Weile sagte einer der Soldaten, ihm würde gleich die Blase platzen, und verließ den Raum. Als er herauskam, schlug der Maure ihm mit einem Belegnagel auf den Kopf und der Mann landete dumpf auf den Planken, gleich neben der Tür.
Die anderen in der Kajüte hörten den Aufprall und blickten zur offenen Tür. In dem Licht, das nach draußen fiel, konnten sie die Füße des Mannes sehen.
»Juan?«
Der Mann am Boden rührte sich nicht.
»Zu viel gesoffen«, sagte jemand, und sie spielten weiter. Doch schon bald machte einer der Männer sich Sorgen um Juan und kam heraus, um nach ihm zu sehen. Lazue schnitt ihm die Gurgel durch, und der Maure sprang in den Raum, wo er den Belegnagel im weiten Bogen schwingen ließ. Die Männer fielen lautlos zu Boden.
Derweil kam Sanson auf dem Weg von der Kombüse in Richtung Bug ein spanischer Soldat entgegen. Der Mann war betrunken, ein Krug Rum baumelte ihm an der Hand, und er lachte, als er Sanson im Dunkeln sah.
»Du hast mich ganz schön erschreckt«, sagte der Soldat auf Spanisch. »Ich hab hier mit keinem gerechnet.«
Dann, aus der Nähe, sah er Sansons grimmiges Gesicht und erkannte es nicht. Ihm blieb eine Sekunde Zeit, um sich zu wundern, ehe Sansons Finger sich um seine Kehle schlossen.
Sanson stieg über einen weiteren Niedergang ein Deck tiefer. Hier
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