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Gold und Stein

Gold und Stein

Titel: Gold und Stein Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heidi Rehn
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arbeiten. Daneben soll er an den Häusern der Kreuzherren tätig sein und auch in anderen Städten den besten Ruf genießen. Er scheint mir klug und besonnen. Leichtfertig wird er deine Tochter nicht entführt haben. Viel eher wird sie ihn dazu gedrängt haben, weil du ihr die Heirat mit Kollmann schmackhaft machen wolltest. Wie konntest du ihr das nur antun? Ich bin mir sicher, sobald es die Lage zulässt, wird der ehrenwerte Selege zurückkehren und dich auf gebührende Weise um die Hand deiner Tochter bitten.«
    »Auch dann werde ich ihm meine Zustimmung verweigern. Es geht einfach nicht. Agnes kann ihn nicht heiraten. Er ist, er war …«, begann Gunda zu stammeln, um schließlich wütend herauszuplatzen: »Er ist der Sohn meiner Hebamme aus dem Löbenicht!«
    »Nein!«, entfuhr es Lore. Sie sank auf das Bett. »Bist du dir sicher? Der Name Selege kommt im Ordensland häufig vor. Er muss also gar nicht mit der Selege aus dem Löbenicht …«
    »Es ist nicht allein der Name. Gleich bei ihrem ersten Zusammentreffen hat er Agnes an dem Feuermal im Nacken erkannt. Als wir uns wenig später auf dem Markt begegnet sind, wusste er gleich, wer ich bin. Erinnerst du dich nicht mehr? Kurz nach der Geburt ist er damals bei uns aufgetaucht und hat die beiden Kinder und mich gesehen. Zu allem Überfluss hat er es Agnes wohl schon erzählt. Genau weiß ich es zwar nicht, aber ihr Verhalten seither hat bewiesen, wie sehr sie mir plötzlich misstraut. Verstehst du jetzt, warum ich den beiden meinen Segen nicht geben kann?«
    »Es kann nicht dein Ernst sein, Agnes der alten Geschichten wegen ins Unglück zu stürzen.« Lores Stimme klang rauh. »Wenn du das tust, meine Liebe, dann siegt das Böse von damals nicht nur über deine Gegenwart, sondern auch über die Zukunft deines Kindes. Das hat sie nicht verdient!«
    »Aber ich habe das alles verdient?«
    »Ach Liebes!« Ächzend erhob sich Lore von dem Bett, trat dicht vor sie hin und suchte ihren Blick. »Mehr als jeder andere verdienst du alles Glück dieser Welt! Sei nicht undankbar: Trotz all der furchtbaren Erlebnisse vor und nach Agnes’ Geburt hast du hier in Wehlau bei Fröbel dein Glück gefunden. Er hat dir geholfen, dein Leben wieder ins rechte Lot zu rücken. Sei Gott, dem Allmächtigen, dankbar, diese Gnade empfangen zu haben. Warum gönnst du Agnes jetzt nicht das Glück, mit dem Mann ihres Herzens ein eigenes Leben zu beginnen? Du hast dir niemals etwas zuschulden kommen lassen. Im Gegenteil: Dir hat man übel mitgespielt. Laurenz’ Mutter wird ihm bestimmt die Wahrheit erzählt haben. Umso wichtiger ist es, dass auch du Agnes endlich die Wahrheit sagst. Längst wäre ausreichend Gelegenheit gewesen. Stimm dieser Verbindung zu.«
    »Selege ist kein Mann für sie«, beharrte Gunda.
    »Aber Kollmann?«, hakte Lore ungerührt nach.
    »Was weißt denn du!«
    »Mehr, als du denkst, mein Kind.«
    »Gerade, weil ich weiß, was Liebe anrichten kann, will ich Agnes davor bewahren, sich dem Falschen an den Hals zu werfen«, erklärte Gunda nach einer Pause. »Wer, wenn nicht ich, kann ihr helfen, einer bitteren Enttäuschung aus dem Weg zu gehen? Ich gebe dir recht, Mutter: Liebe ist ein großes Gefühl. So groß, dass es alles andere in den Schatten stellt. Genau deshalb ist Vorsicht angebracht, wenn es einen blindlings erfasst. Wer meint, allein der Liebe wegen Entscheidungen treffen zu müssen, der sollte das alles noch einmal in Ruhe überdenken.«
    »Wieso traust du Laurenz alles zu, nur nichts Gutes? Doch nicht etwa nur, weil er sich dunkel daran erinnert, als kleiner Junge einmal einer Zwillingsmutter namens Gunda begegnet zu sein? Willst du nur deshalb deine Tochter mit Kollmann verheiraten und ein für alle Mal der Möglichkeit berauben, großes Glück zu erleben? Das kann nicht dein Ernst sein!«
    »Kollmann ist ein verantwortungsvoller und vertrauenswürdiger Kaufmann. Er will nur das Beste für Agnes. Früher oder später wird sie das begreifen und mir dankbar sein. Große Liebe muss nicht vom ersten Augenblick an vorhanden sein. Große Liebe kann über die Jahre wachsen. Das habe ich mit Fröbel erlebt, und das wird Agnes auch mit Kollmann so gehen.«
    »Dazu musst du sie erst einmal wiederfinden und zu ihm bringen.« Von neuem huschte ein Lächeln über Lores Antlitz.
    »Das wird mir auch gelingen. Verlass dich darauf!« Plötzlich erfasste Gunda eine Entschlossenheit, die ihr selbst das Unmögliche möglich erscheinen ließ. Am liebsten wäre sie sofort aus

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