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Gold und Stein

Gold und Stein

Titel: Gold und Stein Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heidi Rehn
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schmunzelnd zu Agnes um. Offenbar war ihr nicht entgangen, dass Agnes den Brief hatte mitlesen wollen. Fahrig klammerten sich Agnes’ Finger in die Falten ihres Kleides, spielten mit dem Rosenkranz, der an ihrem Gürtel hing. Das sachte Klingeln der Perlen klang tröstlich.
    »Ein Gutes hat es«, fuhr Agatha fort. »Wenn Laurenz noch bis ins Frühjahr auf der Marienburg zu tun hat, bleibst du mir so lange als Hilfe erhalten, liebes Kind. Das wird den guten Mohr und all die anderen freuen, die sich an den besseren Geschmack meines Bieres gewöhnt haben.«
    »Zu einem guten Bier sage ich auch nicht nein«, stellte Meister Friedrich fest. In Vorfreude rieb er sich die rauhen Hände.
    Agnes vermochte sich über die Neuigkeit jedoch nicht zu freuen. Ein langer Winter in der Fremde lag vor ihr. Vernehmlich räusperte sich Meister Friedrich. Sie beeilte sich, ihm einen Becher mit Bier zu füllen. Gierig trank er in großen Schlucken. »Das schmeckt wirklich bestens!« Er strahlte Agnes an.
    »Sagt, was tut sich im Ordensland?«, erkundigte sich Agatha. »Gibt es Neuigkeiten, was die Fehde zwischen den Bündischen und den Kreuzherren anbetrifft? Seit sich die drei Königsberger Städte den Ordensrittern gebeugt haben, erfährt man hier am Pregel leider kaum, wie es sich andernorts verhält. Auf der Marienburg wart Ihr sehr nah am Geschehen und habt auch auf Eurer Reise hierher gewiss so einiges gesehen.«
    »Das kann man wohl sagen, verehrte Streicherin. Doch macht Euch keine Sorgen: Fürs Erste sind die Kämpfe überstanden. Die Kreuzherren wie die böhmischen Söldner ziehen sich in ihre Winterlager zurück. Auf der Marienburg wird es voll, rundherum schlagen die Söldner ihre Lager auf. Andernorts trifft man kaum mehr welche von ihnen. Selbst das räuberische Pack hat sich fürs Erste verzogen.«
    »Denkt Ihr, im nächsten Jahr geht der Spuk zwischen den Kreuzherren und den Bündischen von neuem los?«
    »Aber sicher!«, rief Meister Friedrich ungestüm. »Reuß von Plauen wurmt es gewaltig, dass er aus Wehlau unverrichteter Dinge hat abziehen müssen. Für dieses Jahr ist die Gelegenheit vertan, und er muss den Winter über neue Kräfte sammeln. Er wird sich wohl um frische Söldner kümmern und vor allem darum, Geld für deren Bezahlung aufzutreiben. Seid also gewiss, bald neue Abgaben aufbringen zu müssen. Zudem will er verhindern, dass die Marienburg weiter ausgeplündert wird. Seit letztem Jahr haben sich die Leute mehr als genug Steine aus den Ordensburgen geholt. Vor allem Danzig und Elbing erstrahlen in neuem Glanz. Alle Bürger haben auf einmal prächtige Steinhäuser. Das gefällt Hochmeister Ludwig von Erlichshausen ganz und gar nicht. Mit dem Zerfall der Ordenshäuser gerät auch sein Ansehen in Gefahr.«
    Kurz hielt er inne, trank zur Stärkung noch einmal von dem Bier. »Deshalb bleibt Euer Neffe vorerst in der Marienburg. Ihm wurde angetragen, zusammen mit Meister Jagusch der Bauhütte für den Bau der neuen Verteidigungswälle vorzustehen. Eine große Ehre für einen Mann seines Alters! Ihr müsst stolz auf ihn sein, liebe Streicherin.«
    Zustimmend nickte die Muhme, strich gedankenverloren mit den Fingern über das Mal an ihrer linken Stirnseite. Agnes seufzte. Wie gern würde auch sie ihren Stolz auf Laurenz zeigen!
    »An der Allemündung wird seit Tagen ein rauschendes Fest gefeiert«, fuhr Meister Friedrich fort. Agnes horchte auf. »Die Bürger sind ganz trunken von ihrem unerwarteten Sieg. Aus nah und fern kommen sie nach Wehlau, um das Wunder mit eigenen Augen zu sehen und tüchtig mitzufeiern. Das Bier soll dort übrigens recht gut schmecken. Doch mich kümmert das wenig. Mich zieht es einfach nur noch eilig zurück zu meiner Familie nach Labiau. Ich habe Nachricht, dass meine Frau mit einem weiteren Sohn niedergekommen ist. Morgen früh will ich aufbrechen, um ihn in die Arme zu schließen.«
    »Das freut mich für Euch!« Herzlich schüttelte Agatha seine Hand. Erwartungsvoll sah Meister Friedrich zu Agnes. Sie machte keinen Anstalten, ihn ebenfalls zu beglückwünschen. Zu sehr beschäftigte sie die Frage, was sie vom Sieg der Wehlauer halten sollte, noch dazu, wenn dadurch Laurenz länger auf der Marienburg festgehalten wurde. Unschlüssig spielte sie mit den Zipfeln ihres Halstuchs. Meister Friedrich zog die Augenbraue hoch, wandte sich schließlich schnaubend von ihr ab.
    »Dann bleibt Agnes also den ganzen Winter bei uns?«, fragte Theres. »Das wäre zu schön!«, stimmte Marie zu und

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