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Gold und Stein

Gold und Stein

Titel: Gold und Stein Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heidi Rehn
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der uns die entscheidenden Hinweise geben kann, damit wir wissen, wer von unseren vermeintlichen Müttern wirklich die richtige ist.«
    »Wie kommt er dazu?«
    »Er ist der Sohn der Hebamme, die Gunda entbunden hat. Als Zehnjähriger ist er kurz nach der Geburt von uns Zwillingen bei ihr …«
    »Wieso denkst du, dass ausgerechnet er uns die Wahrheit sagen wird?«
    »Weil ich ihn schon länger kenne und mehr als einen guten Grund habe, ihm zu vertrauen. Als er mir zum ersten Mal von den Vorfällen erzählte, wusste er nicht, wer ich bin und wie sich alles verhält. Aber das ist eine andere Geschichte«, versuchte sie, ihn zu beruhigen. Fahrig fasste sie ans Halstuch, atmete tief durch und rieb sich den Nacken.
    »Diese Geschichte musst du mir bei Gelegenheit unbedingt erzählen.«
    »Versprochen! Sag du mir vorher jedoch lieber, was du die letzten Tage erlebt hast. Der Ritt von Königsberg hierher ist nicht ungefährlich. Du hast dich in große Gefahr gebracht.«
    »Wieso?« Einen kurzen Moment stockte er, dann breitete sich ein stolzes Lächeln auf seinem bartlosen Antlitz aus. Wichtigtuerisch schob er den kleinen Bauchansatz nach vorn und verschränkte die Hände auf dem Rücken. »Die Aussicht auf Gefahr konnte mich nicht von meiner Reise abhalten. Schließlich ging es darum, dich so rasch wie möglich wiederzufinden. Du ahnst nicht, welche Sorgen ich mir gemacht habe, liebstes
Schwester
herz! In jedem Gasthaus habe ich nach dir gefragt, jedem Reisenden von dir erzählt. Doch anscheinend habe ich dich ausgerechnet am entscheidenden Ort verpasst. Irgendwann muss ich euch jedenfalls überholt und deshalb die Spur verloren haben. Als ich gestern Nachmittag hier in Elbing eingetroffen bin und gehört habe, wie selten sich noch einzelne Fuhrwerke allein weiter bis zur Marienburg wagen und sich deshalb zumeist hier sammeln, habe ich beschlossen, einen oder zwei Tage zu warten, bis ich weiterreite. Wie wohl ich daran getan habe, sehe ich jetzt. Nie und nimmer hätten wir uns sonst getroffen.«
    Er legte eine Pause ein. Seine Wangen glühten vor Eifer, die braunen Augen sprühten vor ehrlicher Freude.
    »Wahrscheinlich hast du uns schon kurz nach unserem Aufbruch aus Königsberg überholt. Gegen Abend des ersten Tages hat Struth einen Umweg über eine winzige Lischke ein Stück abseits des Weges eingeschlagen. Dort hat er einen Vetter aufsuchen und einige Nachrichten für weitere Verwandte in Danzig mitnehmen müssen. Das war das einzige Mal, dass er von der vielbefahrenen Strecke abgewichen ist. Wahrscheinlich ist er allein deswegen auch erst Montagmittag vom Löbenichter Tor los. Es war nur ein halber Tag Fahrt bis zu seinem Vetter.«
    »Ach, was spielt es länger für eine Rolle, Agnes! Hauptsache, wir stehen uns gesund und wohlbehalten gegenüber.«
    Schwungvoll fasste er sie an den Händen und zog sie mit sich fort. Sie folgte ihm willig. Die kleine Versammlung vor dem Spital hatte sich aufgelöst, die prächtigen Reiter waren abgezogen, die Frauen und Kinder nach Hause zurückgekehrt. Agnes und Caspar liefen die Straße hinunter, hielten nach Norden zu. Dort musste sich die Lastadie befinden. Die Häuserreihen lichteten sich, auch wurden die Behausungen niedriger und einfacher. Aus den vormals großzügigen Gasthäusern wurden dunkle, schummrige Kaschemmen. Vermehrt drückten sich zwielichtige Gestalten in den düsteren Seitengassen herum. Im dichter werdenden Nebel machte Agnes endlich den ersten Kran sowie einige hochbeladene Fuhrwerke aus. Männer schoben Karren vorbei, auf denen sich Fässer und Säcke stapelten. Unverständliche Rufe gellten durch den grauen Dunst. Die Luft roch frischer als am Markt, ein untrügliches Zeichen, wie nah sie dem Fluss gekommen waren.
    »Was hast du jetzt vor?«, fragte sie Caspar.
    »Das fragst du noch?« Jäh blieb er stehen, brachte auch sie durch sanften Händedruck zum Anhalten. »Natürlich komme ich mit dir. Ich bin dein Bruder und sollte schon allein deshalb gut auf dich aufpassen. Erstens kannst du unmöglich länger allein reisen, und zweitens möchte ich diesen Laurenz auch kennenlernen.«
    »Ich reise nicht allein. Bertram Struth und seine Tochter …«, hob sie an, wurde jedoch von ihm unterbrochen: »Die beiden sind längst nach Danzig weitergefahren, wie sie es von Anfang an geplant hatten. Andernfalls wärst du jetzt nicht mehr hier und würdest nicht so verzweifelt nach einigermaßen vertrauenswürdigen Reisebegleitern Ausschau halten.«
    »Hat man mir das

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