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Gold und Stein

Gold und Stein

Titel: Gold und Stein Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heidi Rehn
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die Mutter deines Bruders gilt, die von der Hundskötterin entbunden wurde. Zwei Kinder und zwei Mütter, das aber kann bei Zwillingen nicht sein.«
    »Hermine Hundskötter beschuldigt meine Mutter, mich direkt nach der Geburt der Fischartin aus den Armen gerissen zu haben. Ihrer Erklärung nach wäre demnach die Fischartin diejenige, die Zwillinge zur Welt gebracht hat, und nicht Gunda. Caspar und ich wären also ihre und nicht Mutters Kinder.«
    »Oh.« Laurenz war sichtlich getroffen.
    »Bitte hilf mir, Laurenz! Erzähle Caspar die Geschichte, die du mir damals in Wehlau über unsere Geburt und das Mal im Nacken erzählt hast. Dann versteht er, warum ich Gunda und nicht der Hundskötterin glaube. Die Fischartin scheint sie sich mit geheimnisvollen Tinkturen und Tropfen gefügig zu machen. Ich bin mir nicht sicher, ob die sonst so weit gegangen wäre, Gunda tatsächlich Kindsraub vorzuwerfen.«
    »Was sagt Fischart dazu? Er als Euer leiblicher Vater muss die Wahrheit doch ebenfalls wissen und bezeugen können.«
    »Er ist nicht da. Gunda ist unterwegs nach Riga, um ihm von den Anschuldigungen zu berichten. Ob er ihr jedoch hilft, ist fraglich. Anscheinend hat er schon vor siebzehn Jahren den Trug nicht klargestellt. Da muss es also etwas geben, was ihn hindert, zur Wahrheit zu stehen.«
    »Zunächst müsste er zugeben, dein und Caspars Vater zu sein, also deiner Mutter beigewohnt zu haben, ohne mit ihr verheiratet zu sein.«
    Laurenz sprach das eher beiläufig aus. Nichts im Klang seiner Stimme verriet, was er darüber dachte. Wie sollte er das auch verurteilen, hatte er doch Gleiches mit Agnes getan! Trotzdem zuckte sie zusammen. Wie schon letztens, als sie mit Caspar auf dem Ritt zur Marienburg darüber geredet hatte, stand ihr wieder die gesamte Tragweite vor Augen: Gunda musste Fischart dereinst so sehr geliebt haben, wie sie jetzt Laurenz liebte. Anders war nicht zu erklären, dass sie sich ihm hingegeben hatte. Eine nie geahnte Zärtlichkeit für sie stieg in ihr auf. Vor ihrem inneren Auge gewann das Bild ihrer Mutter in jungen Jahren zunehmend an Kontur. Sie äugte zu Laurenz. Er schien nichts von ihren Gedanken zu ahnen. Dabei wollte sie es belassen.
    »Das aber wird es kaum sein«, räumte sie ein. »Für einen Mann hat das weit weniger weitreichende Folgen als für eine Frau. Nach siebzehn Jahren und dem Tod von Gundas Ehemann ist es ohnehin leicht für ihn geworden, das zuzugeben. Ich fürchte, es hängt mit Kelletats plötzlichem Tod zusammen, für den man damals meine Mutter verantwortlich gemacht hat.«
    »So offen hat das nie einer behauptet.«
    »Aber alle haben es gedacht. Sie traut sich bis heute nicht, sich im Löbenicht zu zeigen.«
    »Das ist schlimm. Hast du schon einmal daran gedacht, dass Fischart gar nicht wissen muss, dass Caspar Gundas Sohn ist? Die Hundskötterin und seine Frau können ihm den Jungen auch untergeschoben haben. Immerhin ist die Fischartin um dieselbe Zeit niedergekommen wie deine Mutter. Vielleicht war ihr Kind tot, und sie wollte ihm das mittels des Kindsraubs verheimlichen. Dazu passt, dass ich mich dunkel erinnere, damals im Haus deiner Mutter mit der Hundskötterin zusammengestoßen zu sein. In heller Aufregung war sie in den Löbenicht gerannt. Ich habe sie meine Mutter um Hilfe anflehen hören, weil bei einer Geburt etwas schiefgelaufen sei. Wahrscheinlich war das die Niederkunft der Fischartin. Dann hat sie die Zwillinge bei deiner Mutter gesehen und vorgeschlagen, einen davon mitzunehmen. Es hätte deiner Mutter den Ärger erspart, ihrem damaligen Mann gegenüber zu rechtfertigen, zwei Kinder zugleich geboren zu haben. Du weißt, was man in dem Fall von einer Frau denkt.«
    »Das hieße, meine Mutter hätte es geduldet, eines der Kinder abzugeben. Nein, mein Lieber, das kann ich mir nicht vorstellen.« Entschieden schüttelte sie den Kopf. »Dann würde sie nun nicht so entschieden versuchen, die Wahrheit ans Licht zu bringen. Bitte erzähl Caspar, was du damals gesehen hast, und dann begleite uns nach Königsberg. Nur so können wir die Ehre meiner Mutter wiederherstellen.«
    »Leicht wird das nicht.«
    »Aber es dient der Wahrheit.«
    »Also gut, fangen wir mit deinem Bruder an.«
    Gemeinsam gingen sie zum Brunnen, an dessen Rand Caspar lehnte. Ein dürrer Hund hatte sich vor ihn hingesetzt, schaute ihn bettelnd an, klopfte mit dem strähnigen Schwanz auf die Erde. Bewegte Caspar die Hand, winselte er in der Hoffnung, etwas zu fressen zu erhalten.
    »Ich weiß

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