Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Gold und Stein

Gold und Stein

Titel: Gold und Stein Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heidi Rehn
Vom Netzwerk:
Sie war nicht nur die ältere Schwester der Agatha Streicher, sondern auch die Lehrmeisterin der Hermine Hundskötter.«
    »Sei mir nicht böse, aber ich glaube, das ist zu viel auf einmal.«
    »Das kann ich verstehen, mein Bester. Mir geht es ähnlich. Setzt Euch nur eine Weile dort vorn auf den Brunnen und besinnt Euch. Mir ist, als müsste ich erst einmal dringend unter vier Augen mit Eurer Schwester reden, wenn Ihr erlaubt.« Sanft tätschelte Laurenz ihm die Schulter und schob ihn in die angegebene Richtung zur Mitte des Platzes.
    »Vielleicht nutzt du, liebe Agnes, inzwischen die Gelegenheit, mir zu erzählen, was genau in den letzten Wochen geschehen ist. Wieso bist du plötzlich hier und nicht mehr bei meiner Muhme im Löbenicht, wie wir das vereinbart haben? Wieso hast du deinen Bruder gefunden, obwohl du mir gegenüber stets behauptet hast, nichts von ihm zu wissen? Zumindest scheint ihr beide euch gut zu verstehen. Auch die Sache mit eurem Vater beschäftigt dich offenbar weniger, als ich befürchtet habe. Immerhin hast du, wie es aussieht, stets einen anderen Mann für deinen Vater gehalten.«
    »Zacharias Fröbel hat mich zwar wie sein eigen Fleisch und Blut aufgezogen, doch ich wusste immer, dass es sich nicht so verhält. Wie du weißt, hat meine Mutter mir stets gesagt, er wäre nicht mein leiblicher Vater.«
    »Entschuldige, das hatte ich vergessen. Aber wie verhält es sich nun mit deinem Bruder und eurem Auftauchen hier auf der Marienburg? Damit bringt ihr mich in eine schwierige Lage. Du kannst dir denken, dass allein Jaguschs Wohlwollen Schlimmeres verhindert.«
    »Dafür sollst du ihm einen großen Gefallen tun, der letztlich auch mein weiteres Leben betrifft. Deshalb bestehe ich auf deinem Beistand in der Sache mit Caspar und unserer Mutter.«
    »Bitte?« Wieder sah er sie entgeistert an. »Tut mir leid, aber ich begreife immer weniger.«
    Bang sah Agnes ihn an, verfolgte aufmerksam jede Regung seines geliebten Gesichts, liebkoste mit den Augen die schön geschwungene Nase, die feinen Züge um den Mund, das spitze Kinn, dessen Linie der schwarze Bart betonte. Heftig rang sie mit sich. Zu groß war die Versuchung, sich ihm einfach an den Hals zu werfen, das Gesicht an seiner Brust zu verbergen und erfüllt von der Wärme seines Körpers all das zu vergessen, was längst zwischen ihnen und ihrer einstigen Verbundenheit stand. Das aber war unmöglich. Sie durfte sich nicht nochmals zum Narren machen. Caspar hatte sie vorhin deutlich gewarnt. Entschlossen suchte sie Laurenz’ Blick und sagte rundheraus: »Du wirst sie doch heiraten.«
    »Wen?« Kaum hatte er das gefragt, begriff er und lachte auf. »Hat die Muhme dir das erzählt? Hat sie gesagt, Meister Jagusch würde verlangen, dass ich seine Tochter Carla heirate und seine Nachfolge antrete, wenn er nicht mehr als Baumeister arbeiten kann? Ach, Agnes, Liebelein! Wie kannst du das glauben? Du hast doch mein Wort! Das mit Carla ist ein gewaltiges Missverständnis. Allerdings muss ich zu meiner Schande zugeben, nicht ganz schuldlos daran zu sein. Bestimmt hat dir die Muhme auch von ihrer Tochter Gisa erzählt, die den guten Müllerburschen Ludwig in Rauschen geheiratet hat. Die wollte mich einmal heiraten, ich aber wollte das nicht. Der Muhme wäre eine solche Ehe überaus gelegen gewesen. Du weißt, wie sehr sie an ihrer Schwester, meiner lieben Mutter, gehangen hat. Ich wusste nicht so recht, wie ich da herauskommen sollte. Zu der Zeit war ich einzig darauf bedacht, in meiner Handwerkskunst weiterzukommen, zu lernen, was es zu lernen gab, und mich keinesfalls zu früh an Weib und Haus zu binden. Meister Jagusch hat meine Not erkannt, meiner Muhme mit einer Ablehnung ihres Ansinnens nicht weh tun zu wollen. Deshalb hat er ihr gegenüber einmal angedeutet, er könne sich gut vorstellen, mir Carla eines Tages zur Frau zu geben, quasi als Lohn für meine treue Arbeit bei ihm.«
    »Das hat sie geglaubt? Mir ist immer so, als durchschaue sie sehr genau, wenn man ihr etwas vormachen will. Lange bevor etwas ausgesprochen ist, weiß sie längst, worum es geht.«
    »Ja, das stimmt. Doch bei Meister Jagusch verhält es sich wohl anders. Ihm hat sie geglaubt. Frag mich bitte nicht, wie er das geschafft hat, aber es ist ihm trefflich gelungen, wie du siehst.« Er zwinkerte belustigt. Sie blieb jedoch ernst.
    »Warum hast du das nicht richtiggestellt, als Gisa diesen Ludwig geheiratet hat?«
    »Wahrscheinlich aus Feigheit. Oder weil sie dank dieser Geschichte

Weitere Kostenlose Bücher