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Gold und Stein

Gold und Stein

Titel: Gold und Stein Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heidi Rehn
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leuchtete in der Sonne.
    »Sieh nur, der freche Bursche, gleich fliegt er zu uns rein.« Griet scheuchte ihn mit der Hand fort. »Selbst die Tiere sind munterer als du, mein Kind. Komm, iss von der Suppe. Die wird dir helfen, zu Kräften zu kommen. Dann kannst du bald auch wieder draußen herumspringen.«
    Sie setzte sich auf die Kante des breiten Bettes und hob Agnes den Löffel an den Mund. Vorsichtig pustete sie in die heiße Brühe. Artig wie ein kleines Kind ließ Agnes sich füttern. Es ging nur langsam vonstatten, das Schlucken fiel ihr noch schwer. Dennoch spürte sie, wie gut ihr die Suppe tat. Mehr und mehr verblasste die Erinnerung an den seltsamen Traum. Der Bursche mit den bernsteinfarbenen Augen und dem Feuermal schien ihr bald eine rätselhafte Erinnerung. Nie zuvor hatte sie ihn gesehen. Gewiss gehörte er zu den Trugbildern des hohen Fiebers. Sie beschloss, ihn ein für alle Mal zu vergessen. Als Griet endlich mit dem Löffel über den Boden der Schüssel schabte, atmete sie erleichtert auf und sank matt ins Kissen zurück.
    »Was machst du nur für einen Unsinn? Uns alle so zu erschrecken!« Kopfschüttelnd stellte Griet die Schale auf die Truhe und fasste nach ihrer Hand. Agnes fühlte die rauhe Haut der Magd, genoss ihre Kühle. Eindringlich sah Griet sie an. »Versprich mir, so schnell wie möglich wieder auf die Beine zu kommen.«
    »Wie lange liege ich schon hier?«, schummelte Agnes sich um die gewünschte Erwiderung herum.
    »Weißt du das nicht?« Griet runzelte die hohe Stirn. »Vier, fünf Tage werden es gut sein. So genau weiß ich es selbst nicht mehr. Deine Großmutter hat bereits einige Kerzen gestiftet und den heiligen Georg um Hilfe angefleht. Es hat genutzt, wie man sieht. Sie wird staunen, wenn sie dich hier sitzen sieht, und ein Dankgebet gen Himmel senden.«
    Prüfend legte sie ihr die Hand auf die Stirn. Agnes spürte, dass sie nicht mehr fieberte. Dennoch genoss sie die Berührung.
    »Das Fieber ist weg. Gott sei Dank!« Aufmunternd lächelte Griet ihr zu und tätschelte ihr die Wange.
    »Wo ist meine Mutter?«
    »Wo schon?« Griet lächelte. »Im Sudhaus bei ihrem Bier natürlich! Es ist Markt, wir brauchen Nachschub für die durstigen Kehlen unten in der Schankstube. Auch wenn du krank hier oben im Bett liegst, geht unten das Leben weiter.«
    Kaum hatte sie das gesagt, polterte es laut im Erdgeschoss, als gelte es, den Beweis für ihre Worte zu liefern. Aufgebracht schimpfte jemand, ein anderer fuhr dazwischen, eine dritte Stimme mahnte zur Ruhe. Das Wirtshaus schien gut gefüllt. Also musste es gegen Mittag sein. Angestrengt blinzelte Agnes in das Sonnenlicht, das durch das geöffnete Fenster hereinfiel. Es brachte Griets weißblonden Haarschopf zum Leuchten. Beflissen schickte sich die Magd an, die Bettdecke aufzuschütteln, schaute in den Krug und griff sich die leere Suppenschale.
    »Es ist Zeit, unten wieder an die Arbeit zu gehen. Deine Mutter wird sicher bald nach dir sehen. Auch deine Großmutter kommt später bestimmt rauf. Wenn ich ihr erzähle, dass du die Augen aufgeschlagen hast, wird sie die erstbeste Gelegenheit nutzen, mich unten mit den Gästen allein zu lassen.« Verschwörerisch zwinkerte sie ihr zu.
    »Ich werde mein Bestes tun, so schnell wie möglich auf die Beine zu kommen und euch wieder zu helfen.« Agnes schob sich ein Stück höher in die Kissen. Sie würde versuchen, wach zu bleiben. Denn auch wenn das Fieber gesunken war, fürchtete sie sich vor weiteren wirren Träumen.
    »Das höre ich gern«, erwiderte Griet und wollte gehen. Ängstlich hielt Agnes sie fest.
    »Bitte bleib noch eine Weile«, flehte sie.
    »Du bist gut. Du hast doch gehört, was in der Schankstube los ist. Deine Großmutter ist mit Ulrich allein, dabei sollte er eigentlich deiner Mutter im Sudhaus zur Hand gehen. Nur weil der Knecht von Poschenrieder Zeit hat auszuhelfen, habe ich mich zu dir setzen dürfen.«
    »Es tut mir leid.« Agnes’ Wangen röteten sich vor Scham. »Ich will euch nicht zur Last fallen.«
    »Schon gut. Mach dir keine Sorgen, sondern werde erst einmal gesund. Es nützt keinem, wenn du zu früh aufstehst und gleich wieder umfällst. Zwar können wir jede helfende Hand gebrauchen, die aber sollte kräftig genug sein, fest mit anzupacken.«
    Von neuem machte sie Anstalten zu gehen, wieder hielt Agnes sie zurück. »Ich werde mir Mühe geben, rasch gesund zu werden. Versprochen! Doch bevor du gehst, musst du mir noch etwas verraten.«
    »Was denn?«
    »Hat

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