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Gold und Stein

Gold und Stein

Titel: Gold und Stein Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heidi Rehn
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seinen Besuchen im Silbernen Hirschen meist mit mehr Geld um sich als so mancher Kaufmann, was ihm viele neideten. Auf seinem von der Hitze geröteten Gesicht lag ein gehetzter Ausdruck. Er musste den Weg nach Hause unter größter Eile zurückgelegt haben.
    »Ich vermute, Euer Auftauchen bedeutet, dass der gute Ulrich mir frisches Bier gebracht hat«, fuhr Kollmann fort. »Lasst uns ins Haus gehen und gemeinsam etwas trinken. Eine Erfrischung wird uns allen guttun.«
    Behende half er seinem Schwäher über die Stufe ins Innere des Hauses. Das ebenerdige Geschoss bestand aus einer einzigen großen Stube. Mit Ausnahme der Herdstelle waren die Wände mit dunklem Holz getäfelt, der Boden von steinernen Fliesen bedeckt, über die sorgfältig Stroh gestreut war. Auf Wandborden fand sich eine erstaunlich reiche Auswahl zinnernes und irdenes Geschirr. Es gab sogar eine brusthohe Truhe für Vorräte und Wäsche. An der Seitenwand führte eine Stiege ins obere Geschoss, wo vermutlich die Schlafkammern lagen. Auch Kollmanns Einrichtung zeugte von für einen Dörfler ungewöhnlichem Wohlstand.
    Ulrich kam ihnen aus dem hinteren Bereich der Stube entgegen, dicht gefolgt von der Magd, die eine braunschwarz gestreifte Katze hinausscheuchte. Trude war nicht sonderlich ansehnlich. Vermutlich trug sie die über die Jahre verschlissenen Kleider der verstorbenen Hausherrin auf. Die Ärmel waren ihr zu kurz, die Röcke zu lang und um die Hüften zu eng. Zu allem Überfluss blickte Trude allzu streng, was vor allem von dem schmallippigen, geraden Mund herrührte, um den sich zwei tiefe Kummerfalten eingegraben hatten.
    »Wie gut, Euch zu treffen«, rief Kollmann dem Brauknecht zu. »Kommt, setzt Euch und lasst Euch berichten, was Neues geschehen ist. Die gute Fröbelin wird es ebenfalls interessieren, wenn sie es nicht längst schon weiß.«
    Einladend wies er auf den Tisch in der Mitte des dämmrigen Raumes und gab Trude Anweisung, ihnen eine Kanne Bier sowie Brot und Käse zu bringen. Ulrich nickte Agnes aufmunternd zu, sich auf die Bank an der Längsseite zu setzen. Erstaunlich flink rutschte der Alte direkt neben sie, so dass Agnes auf eine Gelegenheit zu hoffen begann, ihn unbemerkt über frühere Zeiten im Silbernen Hirschen auszufragen. Kollmann und Ulrich nahmen jeweils an den Kopfenden des Tisches Platz und tranken durstig von dem frischen Bier.
    »Wann seid Ihr in Wehlau aufgebrochen?«, wollte Kollmann wissen und wischte sich genüsslich den Schaum vom Mund.
    »Am Vormittag«, erwiderte Ulrich. »Warum wollt Ihr das wissen? Der Weg hierher ist immer gleich lang. Mit dem Karren voll Bier und bei der großen Hitze dauert er gut eine Stunde. Oder war Euch das Bier nicht schnell genug da? Dabei seid Ihr selbst doch gerade erst nach Hause …«
    »Nein, nein, darum geht es nicht. Ich wundere mich nur, wie Ihr so ruhig bleiben könnt. Oder wisst Ihr noch gar nicht, was geschehen ist?«
    »Wovon redet Ihr?« Ulrich sah ihn verwirrt an.
    »Die ersten Söldner aus Tapiau sind zurück. Habt Ihr davon tatsächlich nichts mitbekommen, als Ihr vom Silbernen Hirschen aufgebrochen seid? Ich kann es nicht glauben! Bei der Fröbelin sammeln sich die Boten doch sonst als Erstes. Bevor wir anderen überhaupt erfahren, dass es etwas Neues gibt, sieht man es im Silbernen Hirschen schon als Schnee von gestern an.«
    »Mach es nicht so spannend«, mahnte der Alte seinen Eidam. »Du hast gehört, der gute Ulrich und das schöne Fräulein hier wissen von nichts, genau wie ich. Also verrat uns, was es mit den Söldnern aus Tapiau auf sich hat. Sind sie siegreich gewesen und haben die Deutschordensritter aus der Stadt vertrieben? Lang genug haben die Weißmäntel dort ausgehalten. In den anderen Städten sind sie vor mehr als einem Jahr abgezogen.«
    »Und in der Königsberger Altstadt und im Löbenicht sind sie schon wieder zurück«, ergänzte Ulrich. »Da fällt wohl bald auch der Kneiphof, wie es heißt, weil er nach wochenlanger Belagerung ausgehungert ist. Daraus werden die Ordensritter neue Kraft schöpfen.«
    Agnes horchte auf. Für die Ereignisse um die Deutschordensritter hatte sie sich bislang nicht sonderlich interessiert. Was für sie zählte, war, dass die Leute in die Schankstube kamen und ausreichend Bier und Suppe bestellten, damit sich die hölzerne Geldkiste auf dem Wandbord füllte. Auf Frauen wie ihre Mutter und Großmutter, die zeit ihres Lebens für sich selbst gesorgt hatten, hörte ohnehin niemand. Da war es einerlei, ob die

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