Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Gold und Stein

Gold und Stein

Titel: Gold und Stein Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heidi Rehn
Vom Netzwerk:
zweifeln?« Jäh richtete er sich zum Sitzen auf, umfasste ihr Gesicht mit beiden Händen und zwang sie, ihn geradewegs anzuschauen. Sein Blick war ernst. »Natürlich stehe ich zu dir und zu unserer Liebe! Gleich heute noch gehe ich zu deiner Mutter und bitte sie …«
    »Nein!«, schrie sie auf und entriss sich seinen Händen. »Das geht nicht!«
    »Aber warum nicht? Ich liebe dich, und genau das werde ich ihr sagen. Gern verspreche ich ihr auch, nicht noch einmal mit diesen alten Geschichten anzufangen. Was geschehen ist, ist geschehen und lässt sich nicht rückgängig machen. Es gilt, nach vorn zu schauen. Wahrscheinlich habe ich mich ohnehin getäuscht, und sie ist gar nicht diese Frau aus dem Löbenicht.«
    »Das will sie sowieso nicht mehr hören. Stattdessen will sie mich mit jemand anderem verheiraten.«
    »Was? Seit wann weißt du das?« Sein Gesicht wurde aschfahl. Mühsam schluckte er, rang um Fassung. »Mit wem?«
    »Mit Kollmann aus Bürgersdorf«, erwiderte sie matt. Zugleich wurde ihr bewusst, was seine erste Frage bedeutete. Kleinlaut schob sie nach: »Vor einigen Wochen schon hat sie es mir gesagt. Eine Weile habe ich gehofft, es hätte sich erledigt. Nie ist Kollmann bei uns aufgetaucht, um darüber zu reden. Doch jetzt, da die Gefahr um Wehlau herum wächst, wird er wohl auf eine baldige Heirat drängen.«
    »So weit darf es nicht kommen. Oh Gott! Hätte ich das nur früher gewusst.« Verzweifelt raufte er sich das Haar. »Ist dir klar, was wir eben …«
    »Sprich es nicht aus«, flehte sie. »Ach, Laurenz! Wie kommen wir da nur wieder heraus? Nur, weil meine Mutter Angst hat, du könntest mir alte Geschichten über sie erzählen, will sie uns voneinander trennen und verschachert mich wie ein Stück Vieh an den Erstbesten. Dabei habe ich immer gedacht, sie würde mich wirklich lieben.«
    »Natürlich tut sie das, Liebelein.« Tröstend strich Laurenz ihr über die Wange, legte ihr den Arm um die Schultern und drückte ihren frierenden nackten Leib gegen seine warme, starke Brust. »Allein aus Liebe zu dir tut sie das alles. Sie will dich vor den bösen Gespenstern der Vergangenheit beschützen. Durch mein Auftauchen sind die wieder lebendig geworden. Wenn es wirklich stimmt, dass sie diese Gunda ist, die ihren Mann und wohl auch ihr zweites Kind damals im Löbenicht verloren hat, liegt Entsetzliches hinter hier. Du bist die Einzige, die ihr von ihrer einstigen Liebe geblieben ist. Umso mehr ist sie darauf bedacht, dich vor Unheil zu bewahren und alles zu deinem Besten zu tun.«
    »Aber genau deshalb darf sie mich nicht mit einem Mann verheiraten, den ich nicht liebe! Das ist doch das größte Unheil für mich.«
    »Um das zu verhindern, gibt es eigentlich nur eins.«
    Trotz aller Verzweiflung machte ihr Herz einen Sprung. Als sie Laurenz ansah, zuckte sie jedoch zurück. Anders als erhofft, spiegelte sein Gesicht nicht wilde Entschlossenheit, sondern eher tiefe Beklommenheit.
    »Lass uns gemeinsam von hier weggehen«, kam sie ihm hastig zuvor.
    »Willst du das wirklich?« Seine Stimme klang rauh. »Du weißt, was das letztlich bedeutet, Liebelein? Damit lässt du deine Mutter und deine Großmutter, also die beiden Menschen, die du am meisten liebst, allein zurück. Du kannst nicht absehen, ob du sie je wiedersiehst. Oder ob sie dich je wiedersehen wollen. Damit fügst du ihnen gewaltigen Kummer zu.«
    »Wenn ich das nicht längst gewollt hätte, wäre ich nie zu dir gekommen«, erklärte sie, auf einmal von einem ungeheuren Trotz erfasst. »Oder denkst du, du hättest mich so einfach haben können, ohne dass ich bereit gewesen wäre, für dich mein Leben hinzugeben?«

23
    I m Haus war es totenstill. Kaum wagte Agnes zu atmen, horchte immerzu in die Dunkelheit hinein. Es mussten Stunden vergangen sein, seit sie sich aus der Schankstube zurückgezogen hatte. Wie üblich war sie nach dem abendlichen Aufräumen in ihre Kammer ins Obergeschoss gegangen. Seit ihrem Fieber vor einigen Wochen schlief sie allein. Großmutter Lore teilte sich seither mit Gunda das große Bett in der Stube nebenan. Bis zu Fröbels Tod war es noch das Ehebett gewesen. Obwohl die Schlafkammern Wand an Wand lagen, drang kein Geräusch von nebenan herüber. Agnes erfasste Unruhe. Sie hatte bislang kein Auge zugetan, dabei wusste sie, wie gut es ihr tun würde. Sie brauchte alle Kraft. Die nächsten Tage würden sehr anstrengend werden. Angespannt lauschte sie in die Stille hinein.
    Ein Käuzchen rief mehrmals sein

Weitere Kostenlose Bücher