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Gold

Gold

Titel: Gold Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Chris Cleave
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griff nach Kates Goldmedaillen und wollte sie um den eigenen Hals hängen haben. Sie lachte, und die Presse liebte sie, und Kate wurde zum Werbegesicht von Mothercare. Sie konnten die Hypothek ablösen und Jacks Mutter einen hübschen Bungalow in ihrer Gemeinde kaufen, in der sie unbedingt wohnen bleiben wollte.
    Als Sophie älter wurde, legte Tom Kates Trainingsblocks um die Kindergartenzeiten herum. Ihr erstes Wort war »byebye«.
    Sprachlich entwickelte sie sich eher langsam, doch sie dachten sich nichts dabei. Sie war glücklich und wunderschön. Ihr zweites Wort war »matrain«, was hieß »Mama ist beim Training«. Sie schlief zwischen ihnen im Bett. Kate liebte es, wenn sie zu dritt unter der warmen Decke lagen und Sophies geschlossene Augen zuckten. Da sie ihre Tochter nicht gestillt hatte, wollte sie sie wenigstens mit Schlaf füttern. Tagsüber half sie ihr, die Stofftiere zu ordnen. Sophie schimpfte mit ihnen und ahmte dabei Tom nach. Sie sagte: »Iger nütrain!«, was so viel bedeutete wie: »Tiger, nicht übertrainieren!«
    2006 räumten Kate und Jack bei der Weltmeisterschaft ab. Als Sophie ein Jahr später drei wurde, war sie immer noch zu klein für ihr Alter. Kate trug ihre Größe und ihr Gewicht regelmäßig in eine Tabelle ein. Sophies Werte fielen stetig nach unten ab. Kate machte sich Sorgen, doch Jack sagte: »Weißt du, wo das Problem liegt? Das Mädchen ist eine halbe Engländerin.« Auch am Ende des Jahres machten sie noch Witze darüber. Es war leicht, sie gewannen ja.
    Es gefiel ihnen in Manchester, und sie hatten beschlossen, in der Stadt zu bleiben. Spielkameraden aus dem Kindergarten kamen zu ihnen nach Hause, während Kate ihre Dehnübungen machte. Sophie spielte gern mit Jungs – sie rang und kämpfte und trat und gewann meist auch. Auf den Husten und die Erkältungen, die die Kinder mitbrachten, hätten Kate und Jack gern verzichtet, aber der stete Strom kleiner Besucher war sehr nett. Sophie führte als Einzige in der Familie ein gesellschaftliches Leben.
    Als sie an ihrem vierten Geburtstag die Kerzen auf dem Kuchen auspustete, wog sie genauso viel wie ein Jahr zuvor. Sie war gewachsen, und man konnte jede einzelne Rippe sehen. Allerdings war das auch bei Kate der Fall, und trotzdem war sie der Inbegriff einer gesunden Mutter. Jack beruhigte sie. Die Durchschnittswerte für Gewicht und Größe umfassten auch die Kinder, die tütenweise Chips aßen. Sie waren gefährlich übergewichtig, aber Sophie war deswegen noch lange nicht gefährlich dünn.
    Sie hatten ohnehin kaum Zeit, um darüber zu sprechen. Zwischen den Trainingsblöcken blieben ihnen ganze fünf Minuten plus einem kurzen Gespräch am Abend, falls sie dann noch die Augen aufhalten konnten. Wenn um sechs der Wecker ging, sprang Sophie schon in Jeans, T-Shirt und Baseballkappe herein. Sie kitzelte ihre Eltern, bis sie sich nicht länger schlafend stellen konnten. Dann brüllte sie: »Mum! Dad! Ihr müsst schneller werden!«
    Tom steigerte Kates Trainingsintensität, der letzte Schub vor Peking. Im direkten Vergleich konnte sie Zoe zwei-von dreimal schlagen. Manchmal gewann sie mit einer Radlänge, dann wieder nur mit Millimetern. Ihre Trainingsweise war gefährlich intensiv. Es hätte sie krank machen können. Tom überwachte daher die Blutwerte, um eine Überanstrengung zu verhindern. Physiotherapeuten kamen ins Haus, wenn sie Schmerzen hatte. Eine Ernährungsexpertin plante ihre Mahlzeiten. Der Verband stellte eine Haushaltshilfe. Kein britischer Sportler war jemals so gut überwacht und unterstützt worden wie Kate und Jack in der Vorbereitung auf Peking. Kate gab alles. Sie konnte Zoe drei-von viermal schlagen. Sie ging bis an die Grenze des Menschenmöglichen, und als die Schwerstarbeit erledigt war, flogen sie nur noch nach China, um die Medaillen abzuholen. Zoe reiste einen Monat früher an. Sie war realistisch und rechnete mit einer Silbermedaille im Sprint und der Einzelverfolgung, hoffte aber, dass eine zusätzliche Trainingswoche in der hohen Luftfeuchtigkeit von Peking ihr den Biss zurückgeben konnte. Kate und Jack flogen so spät wie möglich. Sie beendeten ihr Training mit einer letzten extremen Anstrengung in Manchester und wollten sich in Peking vor den Rennen regenerieren.
    Der Flug dauerte elf Stunden. Das Kabinenpersonal behandelte sie wie Rockstars. Sophie war erkältet, und Kate und Jack saßen mit abgewandten Gesichtern da und atmeten flach, als könnten sie die Bakterien so von ihren Lungen

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