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Gold

Gold

Titel: Gold Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Chris Cleave
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Schmerz und Schock gelegt hatten, zugunsten einer karitativen Organisation ihrer Wahl versteigert werden.
    Er malte sich aus, wie er das Rad der Gewinnerin zurück in den Raum schob, dem schon so viele Träume anvertraut worden waren, und merkte, dass es besser wäre, wenn Zoe gewann. Nicht dass er sie bevorzugt hätte – auch wenn er ihr nahestand. Den Wunsch, sie möge über seine andere Sportlerin triumphieren, ließ er nie zu. Wenn er jedoch die sportlichen Ergebnisse außer Acht ließ und nur an ihr persönliches Wohlergehen dachte, erschien es ihm besser, wenn Zoe Kate morgen schlug. Denn Kate hatte noch etwas anderes, für das sie leben konnte, wenn sie verlor.
    Trotzdem war die Situation beschissen. Wenn jemand es verdiente, bei Olympia dabei zu sein, dann Kate. In Peking hatten sie sechs Tage vor den Wettkämpfen Sophies Diagnose erhalten. Er hatte eine Stunde danach mit ihnen gesprochen, und es war noch nicht klar gewesen, ob Sophie die Krankheit überleben würde. Da es sich nicht um sein eigenes Kind handelte, war er abgeklärt genug gewesen, um den Ärzten weitergehende Fragen zu stellen. Daher wusste er mehr als Jack und Kate.
    Er musste sich den Weg zum Hotelzimmer durch eine Meute von Reportern bahnen. Irgendwie hatten die Medien Wind von einer Story bekommen. Im Augenblick lief die Eröffnungszeremonie, doch Kate und Jack waren nicht dabei. Die Reporter hatten sich gründlich umgehört. Die größten britischen Medaillenhoffnungen und irgendein medizinischer Notfall. Das wussten alle, und mehr würden sie von Tom auch nicht erfahren. Er drängte sich durch die Menge in der Hotellobby, ignorierte alle Fragen und überredete den Direktor dazu, ihn im Güteraufzug nach oben zu bringen.
    Im Zimmer knieten Kate und Jack neben Sophies Bett. Die Augen des Kindes waren geschlossen. Beide Handys klingelten. Im Fernsehen lief lautlos die Eröffnungszeremonie. Es gab ein Feuerwerk, silberne Sterne regneten vom Dach des Stadions. Die Mannschaften zogen unter ihren Flaggen lächelnd und winkend über die Tartanbahn.
    Er brachte beide dazu, sich ans Fußende des Bettes zu setzen, und nahm ihnen die Handys ab. Wie Kinder saßen sie da und blickten zu ihm auf.
    »Also, ich habe mit den Ärzten gesprochen und werde euch die Sache jetzt erklären.«
    Er deutete auf Sophie. »Fakt eins: Einundneunzig Prozent der Kinder mit dieser Diagnose werden wieder gesund, also haben wir es mit einer positiven Ausgangslage zu tun. Fakt zwei: Ihr solltet sie nicht hier vor Ort behandeln lassen, denn keiner von uns wird verstehen, was zum Teufel vorgeht, und ihr könnt nicht die richtigen Entscheidungen für sie treffen. Daher, Fakt drei, muss einer von euch morgen mit ihr nach Hause fliegen. Soweit habe ich die Ärzte verstanden, und ich habe schon mit einem Facharzt in Manchester gesprochen, der sich um Sophies Aufnahme ins Krankenhaus kümmern wird.«
    Kate senkte den Blick. Sie beugte sich vor und vergrub ihr Gesicht an Sophies Hals.
    Dann fuhr Tom fort: »Oder seht ihr eine andere Möglichkeit? Wir könnten sie mit einem anderen Begleiter nach Hause schicken, aber das würdet ihr nicht wollen, oder? Nicht, wenn die Chemotherapie beginnt. Wenn ich eine Möglichkeit sähe, euch beiden eine Chance bei diesen Spielen zu geben, dann würde ich sie nutzen. Aber wir können höchstens erreichen, dass einer von euch dabei ist.«
    Jack legte den Arm um Kate. »Wir fliegen beide zurück.«
    Sie drückte sein Knie. »Ja. Wir fliegen zusammen.«
    Tom kniete sich auf den Boden und schaute sie nacheinander an. »Nein.«
    Schweigen.
    »Ich verstehe, dass ihr emotional an die Sache herangeht, aber wichtig ist zu sehen, dass alle gewinnen. Ihr könnt dafür sorgen, dass Sophie sich erholt. Und ihr könnt Gold gewinnen. Wenn einer von euch hierbleibt, erreicht ihr das als Familie. So müsst ihr es betrachten.«
    »Nein, Tommo. Nein«, widersprach Jack.
    »Dave würde dir genau das Gleiche sagen. Du kannst ihn gerne anrufen.«
    »Hast du mit ihm gesprochen?«
    »Natürlich haben wir miteinander gesprochen. Wir sind beide der Ansicht, dass einer von euch für alle drei gewinnen muss. Ihr könnt nicht so hart trainieren und dann mit leeren Händen nach Hause fahren.«
    Kate schaute zu Jack. Beide streichelten Sophie über Haare und Gesicht, als könnten sie sie mit ihren Händen gesund machen.
    »Hat er recht?«, fragte Kate.
    Jack hielt sich den Kopf, als explodierte er von innen.
    »Und es tut mir leid«, fuhr Tom fort, »aber ihr müsst auch an

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