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Gold

Gold

Titel: Gold Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Chris Cleave
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nun weitergraben und irgendetwas herausfinden?«
    Dad sagte: »Pst, sie bewegt sich.«
    Sie spürte Dads Hand auf ihrer Stirn und wollte die Augen aufmachen und sich hinsetzen. Es fühlte sich an, als würde ihr Körper wieder zusammengefügt wie C-3PO, nachdem man ihn auseinandergebaut hatte. Alles war falsch verdrahtet. Sie wollte ihre Beine bewegen, es ging nicht. Seit ein paar Tagen war es morgens so. Das Aufwachen fiel ihr jeden Tag schwerer.
    Das Licht schien stärker durch ihre Augenlider.
    Wenn man aufwachte, war es manchmal schwer, kein Jedi mehr zu sein. Der Waldmond Endor war wunderschön. Die Sternenfelder des Moddell-Sektors strahlten hell. Also sagte sie sich im Geiste wieder und wieder: Ich bin Sophie Argall, ich bin acht Jahre alt, meine Mum und mein Dad sind Champions. Ich bin Sophie Argall, ich bin dieser Mensch, der die rosa Pyjamahose und das Star Wars -T-Shirt trägt, und Mum und Dad brauchen mich.
    Sie spürte, wie eine Hand ihre Wange streichelte.
    Mum fragte leise: »Was sollen wir machen? Meinst du, ich sollte Olympia abschreiben?«
    »Nein. Wieso?«
    »Um mich um Sophie zu kümmern. Mehr Zeit mit ihr zu verbringen.«
    »Das haben wir doch alles besprochen. Konzentriere dich auf das Rennen. Du kannst Zoe schlagen.«
    »Ich weiß.«
    »Mach es, und dann bereitest du dich auf Olympia vor. Um alles andere kümmern wir uns danach.«
    »Und wenn es kein Danach gibt?«
    »Sag so was nicht.«
    »Aber wenn?«
    »Hör bitte auf.«
    »Was ist, wenn ich es schaffe und Sophie … du weißt schon … nicht. Dann sitze ich für den Rest meines Lebens mit einer Goldmedaille hier und denke, ich hätte mehr für sie tun können. Verstehst du? Kannst du dir vorstellen, dir diese Medaille umzuhängen?«
    »Aber so darfst du nicht denken. Sophie wird wieder gesund.«
    Wieder spürte sie Dads Hand auf ihrer Stirn.
    »Hör mal, es hat keinen Sinn, wenn wir beide warten, bis sie aufwacht. Fahr eine Runde, damit du einen klaren Kopf bekommst, und dann gehst du genauso früh wie Zoe auf die Bahn.«
    Mum schwieg einen Moment, dann hörte Sophie, wie sie Dad küsste.
    »Danke.«
    »War mir ein Vergnügen. Und jetzt verzieh dich und gewinne. Ruf mich an, wenn du sie vernichtet hast, okay?«
    »Jack …«
    »Pst. Kein Drama. Du bist die Beste. Raus mit dir.«
    »Ich liebe dich, Jack.«
    »Während ich nur ein Schauspieler bin, den man bezahlt, damit er einen Mann spielt, der dich liebt.«
    »Ich hasse dich.«
    »Was mich völlig kalt lässt.«
    Mum ging aus dem Zimmer. Dann hörte sie wieder Dads leise Stimme ganz nah an ihrem Ohr.
    »Alles klar, Kleines? Gott, du bist wirklich heiß – du brennst ja.«
    Sie öffnete halb die Augen und musste sie wieder zukneifen, weil das Licht wie das hellste Licht im Universum strahlte. Manchmal sagten Mum und Dad, sie solle nicht direkt in die Sonne schauen. Aber dieses Licht war stärker als die Sonne. Wenn man tatsächlich auf der Sonne lebte, wäre dies das Licht, das man nicht ansehen durfte. So stark war es.
    »Sophie, kannst du mich hören?«
    Sie wusste, dass sie jetzt richtig aufwachen musste, bevor er sich Sorgen machte. Dad holte Luft, um wieder etwas zu sagen, und Sophie zwang die ganze MACHT in ihre Muskeln und setzte sich aufrecht hin, obwohl es wirklich sehr wehtat. Ihr Kopf hämmerte, und sie machte die Augen auf, und das Licht war zu viel, und Erbrochenes kam aus ihrem Mund. Sie saß da in diesem Licht, das heller als die Sonne war, und Dad war plötzlich still, und im Zimmer war es still, und alles war still bis auf ihr Herz, das schnell und hart gegen die Rippen hämmerte.

203 Barrington Street, Clayton, East Manchester
7.55 Uhr
    »Es geht mir gut«, sagte Sophie. »Ich fühle mich super.«
    Jack wischte das Erbrochene weg und duschte sie ab. Dann trocknete er sie mit einem Handtuch ab, das er vorher über der Heizung gewärmt hatte.
    »Musst du dich noch mal übergeben?«
    Sie schüttelte den Kopf.
    »Sicher nicht?«
    »Nein.«
    Er half ihr beim Anziehen.
    »Frühstück?«
    »Noch nicht.«
    »DVD?«
    Sie zuckte mit den Schultern.
    »Spielen?«
    »Okay.«
    Er holte ihr iPad und sah zu, wie sie lethargisch darüber wischte. Er löffelte weiter Paracetamol in sie hinein, und sie nahm es, ohne die Augen vom Bildschirm zu wenden. Er zog ihr die Star Wars -Kappe über den kleinen kahlen Kopf, wobei sie ihn vollkommen ignorierte und ihre Zunge konzentriert zwischen die Zähne klemmte.
    Jack war erleichtert, dass etwas ihre Aufmerksamkeit fesselte. Er ging nach unten,

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