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Gold

Gold

Titel: Gold Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Chris Cleave
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halten euch beide bis zum Start auseinander, wie bei einem großen Wettbewerb. Kein Kontakt. Keine Psychospielchen. Ihr geht nacheinander in die Umkleide und wärmt euch in angemessener Entfernung voneinander auf.«
    »In Ordnung.«
    Tom umfasste ihren Ellbogen. »Dieses eine Mal geht es nur um das, was auf der Bahn passiert, einverstanden?«
    Er schickte sie in die Umkleide und setzte sich wieder hin. Um elf kam Kate zurück und ging mit dem Physiotherapeuten zu ihrem Standrad. Um zehn nach elf rief er Zoe an, erreichte aber nur die Mailbox.
    »Na komm schon, du gehörst hierher.«
    Um zwanzig nach elf trafen drei in Blazer gekleidete Verbandsfunktionäre ein, um das Rennen zu beaufsichtigen. Der Regen draußen wurde stärker. Sie schüttelten beim Hereinkommen ihre Regenschirme aus und jammerten, dass sie hatten herkommen müssen. Tom informierte sie kurz über die Regeln des Rennens: Es würden drei Sprints gefahren, die Gewinnerin würde sich den neuen Auswahlregeln unterziehen, während die Verliererin offiziell verkünden würde, dass sie nicht für die Auswahl zur Verfügung stünde. Keine Journalisten, Freunde oder Angehörigen wären beim Rennen dabei, es gäbe keine Pressekonferenz und keine Fotos außer den Aufnahmen der Zielkamera. Er händigte allen Funktionären eine Kopie der Regeln aus, die diese unterzeichneten. Tom erklärte, wie die Sprints ablaufen würden. Ein Funktionär würde die Rennen starten, während die beiden anderen die Räder der Mädchen hielten. Alle drei würden beim Rennen als Schiedsrichter fungieren, weil Tom wegen Befangenheit verzichtete.
    Tom führte die beiden Männer und die Frau zu ihren Plätzen und organisierte Kaffee und Kekse. Um halb zwölf war Zoe immer noch nicht aufgetaucht. Um sich zu beruhigen, prüfte Tom noch einmal die Räder. Wischte unsichtbare Steinchen von der Bahn. Testete die Fotofinish-Ausrüstung, indem er die Ziellinie abschritt und sich im Kontrollraum erkundigte, ob das Bild aufgenommen und auf ihren Monitoren angezeigt wurde.
    Er rief noch einmal bei Zoe an und erreichte wieder nur die Mailbox. Er hinterließ eine möglichst neutral klingende Nachricht. Dann begab er sich in den Empfangsbereich und schaute nach draußen. Der Himmel war schiefergrau, der Regen ließ nicht nach, und es war immer noch nichts von Zoe zu sehen.
    Kate hatte sich vollständig aufgewärmt, und Tom ging zu der Matte hinüber, auf der sie unter Anleitung des Physiotherapeuten leichte Dehnübungen absolvierte.
    »Alles klar?«, fragte er munter. »Beine noch dran?«
    Sie schaute zu ihm hoch. »Irgendwelche Neuigkeiten?«
    Er schüttelte den Kopf.
    »Und wenn sie nicht auftaucht?«
    Er sah auf die Uhr. »Zwanzig Minuten hat sie noch. Du kennst sie doch. Sie spielt nur mit dir. Sie versteckt sich irgendwo um die Ecke und wärmt sich allein auf.«
    Noch während er es sagte, wurde er sich des starken Regens bewusst, der auf das Dach hoch über ihren Köpfen trommelte. Kate blickte in den grellen Schein des Flutlichts und legte die Hand über die Augen.
    »Ja, aber wenn sie nun wirklich nicht kommt?«
    Tom seufzte. »Die Funktionäre sind hier. Die Papiere sind unterzeichnet. Wenn sie nicht bis zwölf Uhr durch diese Tür kommt, wirst du zu den Olympischen Spielen fahren und sie nicht. Sie kennt die Regeln. Ihr habt euch beide dazu verpflichtet.«
    Kate schüttelte den Kopf. »Wenn etwas dazwischengekommen ist, würde ich nicht darauf bestehen.«
    Tom nickte zu den Funktionären hinüber. »Die aber schon. Leider besteht der Rennerfolg zu neunzig Prozent darin, es an die verdammte Startlinie zu schaffen. Das müsstest du besser wissen als alle anderen.«
    Er sah zu, wie sie die Information verdaute.
    »Lass mich anrufen.«
    »Nein. Versteh doch, so will sie dich beeinflussen. Sie wird kommen. Du musst dich nur auf dein eigenes Rennen konzentrieren.«
    Kate schloss die Augen und holte Luft. »In Ordnung.«
    Um zehn vor zwölf schleppte Tom sich noch einmal die Treppe zum Empfangsbereich hoch und sah durch die Türen auf die Straße. Seine Brust war eng, ihm war schlecht vor Zorn. Warum musste Zoe so sein? Warum konnte sie ihr Talent nicht einfach auf der Bahn einsetzen, statt vorher alle anderen fertigzumachen?
    Der Regen legte sich, die Aprilsonne glitzerte auf dem nassen Asphalt. Autos sprühten Wasser im hohen Bogen auf den Gehweg.
    Zoe kam auf ihrem Trainingsrad durch die Pfützen gefahren, warf es neben den Bordstein und stürmte um 11.52 Uhr durch die Tür des Velodroms. Sie

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