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Gold

Gold

Titel: Gold Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Chris Cleave
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um für sie beide Frühstück zu machen und die tägliche Tablettendosis in den Pokal zu zählen. Er machte ihr eine Schale Rice Krispies und für sich Müsli, wobei er The Exploited hörte. Während er nach oben ging, summte er die Melodie vor sich hin. Als er in Sophies Zimmer kam, lag sie auf dem Boden, die Wange auf den Bildschirm des iPads gepresst, während eine endlose Reihe großer Gs durch das Eingabefenster lief.
    Er packte sie, setzte sie auf und sah ihr ins Gesicht. Anfangs reagierte sie gar nicht, öffnete dann die Augen und schaute ihn an.
    » Was ist ?«
    »Sophie, alles in Ordnung mit dir?«
    » Ja! «
    Sie stieß ihn weg. Ihre Wangen waren gerötet, aus ihrem Mundwinkel rann ein Speichelfaden. Sie schien ihn nicht zu bemerken.
    »Bist du ohnmächtig geworden?«
    Sie schüttelte heftig den Kopf. »Ich habe mich nur ausgeruht. «
    »Du bist auf den Bildschirm gefallen.«
    Sophie schüttelte ihn ab. »Ich–habe–mich–ausgeruht!«
    Jack zögerte. Vielleicht war es eine Überreaktion. In ihrer Empörung sah sie tatsächlich nicht so schlimm aus. Es war schwer zu entscheiden, was man akzeptieren und wogegen man etwas unternehmen musste. Als er gegangen war, hatte Sophie konzentriert und aktiv gewirkt. Als er keine zehn Minuten später zurückkam, war sie bewusstlos gewesen. Musste er mit ihr zum Arzt oder ins Krankenhaus, oder sollte er den Notarzt rufen? Man sollte in jeder einzelnen Sekunde die Verantwortung tragen und entscheiden, was man selbst bewältigen konnte. Obwohl man eigentlich gar nichts selbst bewältigen konnte.
    Er schluckte. »Ich bin mir sicher, dass es nichts zu bedeuten hat, aber wir sollten besser mal im Krankenhaus vorbeifahren und dich durchchecken lassen.«

Silbergrauer Renault Scénic
8.45 Uhr
    Jack schnallte Sophie in ihrem Sitz fest und fuhr schneller als erlaubt zum Krankenhaus.
    »Dad!«
    »Was ist?«
    »Fahr langsamer!«
    »Tut mir leid.«
    Er bremste kurz ab und beschleunigte behutsam. Er hörte, wie Sophie in ihrem Sitz herumwackelte, und seufzte.
    »Was ist los? Musst du pinkeln?«
    Sein Stress übertrug sich auf das arme Kind. Seine Nerven waren zum Zerreißen gespannt. Vermutlich hatte er wegen ihrer hohen Temperatur überreagiert. So etwas kam ständig vor, aber er war in Panik geraten. Er hatte Kate viel zu knapp abgefertigt und zum Rennen gedrängt, was sicher nicht gut für ihre Moral war, und nun fuhr er ins Krankenhaus, wo ihm der Kinderarzt beruhigend zulächeln und sie beide mit der Anweisung, Sophie alle vier Stunden Paracetamol zu geben, bis sich das Fieber legte, nach Hause schicken würde.
    Er fuhr langsamer und fragte sich, ob er kehrtmachen sollte.
    »Sophie«, sagte er geduldig. »Wenn du nicht pinkeln musst, dann hör bitte auf, gegen den Sitz zu treten.«
    Sie machte weiter. Er beschloss, sie vorerst zu ignorieren, wechselte auf die andere Spur, damit er in die nächste Seitenstraße einbiegen, wenden und nach Hause fahren konnte.
    »Willst du Musik hören?«
    Sie antwortete, indem sie verstärkt mit den Füßen gegen seine Rückenlehne trommelte. Allmählich wurde er sauer.
    »Heute spiele ich dieses Spiel nicht, Soph, und nehme das als Ja.«
    Er legte De Rosa mit New Lanark ein und lehnte den Kopf gegen die Nackenstütze, während die Gitarren über ihn hinwegspülten. Er zwang seine Hände, ihren Klammergriff um das Lenkrad zu lockern. Er musste sich beruhigen.
    Er holte tief Luft. »Tut mir leid, dass ich dich von deinem Spiel weggeholt habe. Ist dir noch schlecht?«
    Keine Antwort vom Rücksitz. Das störrische Trommeln ging weiter, ein bisschen schwächer als zuvor, aber immer noch provokant.
    »Du brauchst nicht zu schmollen.«
    Jack seufzte und schaltete die Scheibenwischer ein, weil ein Aprilschauer niederging. Der kalte Regen roch nach Veränderung. Er beunruhigte ihn auf eine Weise, die er sich nicht erklären konnte.
    Der Regen wurde stärker. Jack schaltete die Scheibenwischer auf die höchste Stufe und drehte die Heizung hoch, um die beschlagene Scheibe freizumachen. Auf der linken Seite tauchte eine Nebenstraße auf. Er setzte den Blinker, zögerte und schaltete ihn wieder aus. Das Krankenhaus lag nur wenige Minuten entfernt. Vielleicht wäre es nicht das Ende der Welt, wenn er Sophie kurz durchchecken ließ und danach für sie beide einen heißen Kakao am Automaten zog. Sechzig Pence, Taste A3 – er kannte es auswendig.
    »Sophie? Wenn du aufhörst, gegen meinen Sitz zu treten, besorgen wir uns nach dem Krankenhaus was Leckeres zu

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