Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Gold

Gold

Titel: Gold Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Chris Cleave
Vom Netzwerk:
Abwärmen auf dem Standrad schaute sie über die von Tom festgelegte neutrale Zone zu Kate hinüber, die ihren Blick erwiderte, bevor sie zu Boden sah. Auch Zoe wandte sich ab, während die Erkenntnis wie ein Funke das Vakuum zwischen ihnen übersprang. Zoe hatte mit ihrer Taktik beide Rennen kontrolliert, und Kate würde, obwohl sie das erste gewonnen hatte, erschöpft in die Entscheidung gehen.
    Zoe wusste, dass sie eigentlich hätte triumphieren müssen. Stattdessen wurden ihre Beine plötzlich schwer, als hätte eine unsichtbare Hand den Widerstand am Rad erhöht.

Pädiatrische Intensivstation, North Manchester General Hospital
12.35 Uhr
    Das Antibiotikum, das in ihren Arm tropfte, sollte Sophie retten. Das hatte Dr. Hewitt gesagt. Jack wollte es glauben. Sie war noch blass und dämmerte immer wieder ein. Jack drückte ab und zu ihre Hand wie ein U-Boot, das einen Sonarimpuls sendet, und wartete auf den Gegendruck.
    »Alles klar?«, flüsterte er.
    »Alles klar«, sagte Sophie. Ihre Stimme klang winzig unter der Sauerstoffmaske.
    »Wirklich?«
    »Klar. Mit der Maske höre ich mich wie Vader an.«
    Dr. Hewitt zog einen Stuhl heran und setzte sich neben das Bett, wobei er Sophie und Jack anschaute.
    »Sophie, ich habe Neuigkeiten, auch gute. Kannst du mir eine Minute aufmerksam zuhören?«
    Sie nickte, eine kleine Bewegung auf dem grünen Kissen, auf dessen Saum mit violetter Tinte der Name des Krankenhauses gedruckt war.
    »Die gute Nachricht ist, dass wir deine Blutwerte überprüft haben, und sie sind richtig, richtig super. Das freut mich, du solltest dich auch freuen. Es mag dir komisch vorkommen, weil du dich so schlecht fühlst, aber du hast nur ganz wenige böse Zellen, und ich möchte wetten, dass die Chemo angeschlagen hat.«
    »Warum geht es mir dann so?«, flüsterte Sophie.
    »Durch die Chemo ist dein Körper sehr schwach geworden. Du hast eine Infektion in deinem Katheter, darum geht es dir so schlecht. Leider haben wir das ziemlich spät erkannt.«
    Jack stöhnte. »Es tut mir so leid, Sophie.«
    »Machen Sie sich keine Vorwürfe. Die Symptome sind oft nicht von einer allgemeinen Müdigkeit zu unterscheiden. Das ist das Problem. Die Infektion kann ewig lange im Katheter bleiben und sich dann aus unerfindlichen Gründen verschlimmern. Wir werden den Katheter entfernen und reinigen. Er ist schon eine Weile drin, daher hat sich an der Eintrittsstelle Gewebe gebildet. Wir müssen dich für ein paar Minuten schlafen lassen, während wir ihn herausziehen. Einverstanden, Sophie?«
    Sie zögerte und schaute mit großen besorgten Augen über die Maske.
    »Es ist keine große Sache«, sagte Dr. Hewitt. »Zuerst reinigen wir deine Haut mit einem speziellen Tuch, um alle bösen Bakterien zu töten, die dort lauern. Dann machen wir ein paar kleine Einschnitte mit einem ganz kleinen Messer. Du bist betäubt und träumst nur.«
    »Wovon werde ich denn träumen?«
    Der Arzt schaute Jack an.
    »Von Star Wars «, sagte Jack rasch. »Versprochen.«
    Sie schluckte. »Okay.«
    »Wir ziehen den Katheter ganz langsam heraus und spülen die Vene dabei mit einem Antibiotikum durch, wodurch die entzündete Stelle behandelt wird. Dann bekommst du nur noch ein paar kleine Stiche und einen Verband.«
    Sophies Hand zitterte. Jack wünschte, Dr. Hewitt würde damit aufhören. Er drückte wieder ihre Hand, und sie schaute zu ihm auf, starrte ihn ein paar Sekunden lang ausdruckslos an und zeigte dann plötzlich ihr breites, liebes Lächeln. Jack strahlte zurück. Er konnte gar nicht anders: Sein Körper reagierte einfach nur. Es war ein sonderbares Gefühl, wenn einem das eigene Kind den Mut zurückgab.
    »Sobald der Katheter draußen ist, bringen wir dich in die Radiologie, damit die Schwester ein Röntgenbild von deiner Brust machen kann. Wir wollen sichergehen, dass wir nichts dort drinnen vergessen haben. Dann kommst du wieder nach oben, und wir werfen einen letzten Blick auf dich.«
    Sophie grinste Jack erneut an, und er schnitt eine Grimasse. Sie kicherte. Der Augenblick dauerte an. Das Aprillicht, das durchs Fenster fiel, war das klarste Licht, das Jack je gesehen hatte. Der Rhythmus der Überwachungsgeräte klang schöner als alle Stücke auf seinem iPod. Der winzige Pulsschlag, der in seinen Ohren dröhnte. Piep, piep, piep. Puls, Puls, Puls. And I would walk five hundred miles. Sophie lachte. Er lachte zurück.
    Dr. Hewitt hatte gesagt, dass die Chemotherapie anschlug. Erst jetzt dämmerte Jack, dass er das tatsächlich

Weitere Kostenlose Bücher