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Gold

Gold

Titel: Gold Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Chris Cleave
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…«
    »Nein, bitte, es ist nur …«
    Jack zog seine Hand weg, doch Kate hatte sich schon umgedreht. Sie sahen ihr nach.
    »Scheiße«, sagte Jack, hob den Kopf und ließ ihn auf das Kissen plumpsen.
    Kates Turnschuhe quietschten, als sie den endlosen Gang zurücklegte. Die schweren Türen schwangen hinter ihr zu.
    »Soll ich sie zurückholen?«, fragte Zoe. »Du musst es nur sagen.«
    Sie schauten zu, wie sich die Bewegung der Türen verlangsamte, bis sie wieder zum Stillstand gekommen waren. Jack hielt es für durchaus möglich, dass sich diese Szene eben gar nicht in Wirklichkeit abgespielt hatte.
    »Nee.«
    Er wollte wieder nach Zoes Hand greifen, doch sie legte sie auf ihren Schoß. Verständlich, wenn auch ein bisschen zu dramatisch, dachte er.
    »Na schön, ich bin ein schlechter Mensch«, sagte er nur.
    »Nein, schon gut. Sie ist süß.«
    »Ach ja? Ich meine …«
    »Verarsch mich nicht, okay? Du hast drei Tage lang mit ihr geflirtet.«
    »Na ja, so bin ich eben. Ich bin nicht halb so viel wert wie das Rad, auf dem ich fahre.«
    »Soll mich das trösten?«
    Plötzlich war er es leid, sich zu entschuldigen. Er spürte einen pochenden Schmerz in Bein und Rippen, das Morphium ließ wieder nach.
    »Es ist mir egal, ob dich das tröstet«, sagte er.
    Sie schloss flüchtig die Augen. »Danke für die Information.«
    »War mir ein Vergnügen.«
    Sie schwiegen eine Minute, dann zog Zoe die Nase hoch und lehnte sich auf ihrem Stuhl zurück. »Ich weiß, sie ist eher dein Typ.«
    Er lächelte. »Glaubst du? Wie sieht mein Typ denn aus?«
    Sie zuckte mit den Schultern. »Ziemlich fröhlich. Ziemlich normal. Ziemlich hübsch.«
    »Im Gegensatz zu …?«
    Zoe brachte ein halbes Lächeln zustande. »Ich bin innen hässlich. Ich bringe dir nur Probleme.«
    »Ach, den Spruch kenne ich. Ich bin ein böser Junge, ich breche dir das Herz. Der ist gut, richtig sexy.«
    »Du denkst, ich mache Witze.«
    »Bei mir schaffst du das nicht. Sieh mich an. Ich bin unzerstörbar.«
    Zoe schüttelte lächelnd den Kopf. »Niemand ist unzerstörbar.«
    »Probier es aus.«
    Er streckte sich, ergriff ihre Hand und zog sie zu sich heran. Zuerst widersetzte sie sich, dann gab sie nach. Sie lächelte nicht mehr. Als sich ihre Lippen beinahe berührten, sagte sie: »Niemand ist unzerstörbar, Jack.«
    Ihre Lippen strichen über seine. Es war ihr erster Kuss, und er hatte mit einer Warnung begonnen. Als sich ihre Lippen berührten, dachte er an Kate. Das gefiel ihm nicht. Er verstand nicht, weshalb ihr Gesicht vor ihm aufblitzte und weshalb ihn das störte. In den drei Tagen der Sichtung war nichts zwischen ihnen passiert, eigentlich untypisch für ihn. Sie hatten geflirtet, doch Kate hatte sich zurückgehalten. Er hatte nicht weiter über sie nachgedacht und war davon ausgegangen, dass er sie ohne weiteres vergessen könnte. Es ärgerte ihn, dass er jetzt an sie denken musste, in genau diesem Moment, in dem sein Körper etwas ganz anderes wollte. Zoe zu küssen war schön, und doch musste er dabei unerklärlicherweise an Kate denken, so als würde er sich zum Weggehen bereit machen, Jacke und Schuhe anziehen, die Haustür öffnen und statt der Straße doch nur wieder die eigene Wohnung sehen.
    Zoe blieb den ganzen Tag und auch den Rest der Woche bei ihm. Sie tauschten Küsse und flüsterten miteinander, und das war alles schön. Mit der Zeit legte sich sein Unbehagen, und er musste nicht mehr an Kate denken, wenn Zoe ihn berührte. Er gewöhnte sich an ihre Lippen und hörte ihr gerne zu und ließ sich vom Morphium hin zu einem wohltuenden Zustand führen, der knapp über dem Schmerz und knapp unterhalb des Glücklichseins lag.
    Allmählich füllte sich die Station. Es wurde hektischer, und die Krankenschwestern beharrten auf den offiziellen Besuchszeiten. Zwischen sechs Uhr abends und neun Uhr morgens musste Zoe das Krankenhaus verlassen, doch danach stand sie sofort wieder vor der Schwingtür. Sie saß stundenlang an seinem Bett. Schob die Hand unter die Decke und legte sie auf sein Herz. Er ließ seine eigene Hand von ihrem Arm über das Knie zum Oberschenkel wandern. Am zweiten Tag ergriff sie sie unvermittelt und schob sie rasch in ihre Hose. Sie hielt sie einige Sekunden lang umschlossen, während die anderen Patienten auf den Fernseher starrten, aus dem lautstark Countdown dröhnte. Und währenddessen spürte Jack die Wärme ihres Geschlechts. Der Kontrast war so groß, dass er tatsächlich fast das Gefühl hatte, sich plötzlich und auf

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