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GOLDAUGEN (German Edition)

GOLDAUGEN (German Edition)

Titel: GOLDAUGEN (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Thomas Graser
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meinen Beinen anfangen und nachts wach e ich schweißgebadet auf. Weil ich immer wieder das an den Nerven zerrende Geräusch meiner brechenden Knochen in meinen Träumen höre! Mein Vater wurde immer sonderbarer. Er war immer seltener zu Hause und bereiste die Welt. Meine Mutter war stark, so habe ich es zumindest zuerst empfunden. Dem war aber nicht so. Sie weinte manchmal nachts stundenlang, ich habe es dann doch mitbekommen, es hat mir das Herz rausgerissen. Dennoch konnte ich sie nicht trösten und in den Arm nehmen.
    Ich fühlte mich ausgegrenzt, obwohl ich ganz genau wusste, dass sie beide mich immer noch über alles lieben würden. Sie erfüllten mir jeglichen Wunsch. Ich habe mir tonnenweise Spielzeug gewünscht und mi t keinem einzigen Teil gespielt. Ich war in düsteren Gedanken gefangen, sie kamen nicht an mich heran. Drei Tage vor dem Tod meines Vaters, kurz vor meinem fünfzehnten Geburtstag kam er zu mir und spazierte mit mir in den Park. Das war das einzige Mal, dass ich mich von ihm habe schieben lassen. Das erste richtige Gespräch nach dem Unglück und auch das Letzte.«
    Celine liefen Tränenbäche über ihre Wangen, sie schluchzte und streichelte immer wieder über sein Gesicht.
    Franck konnte nicht weinen, er erzählte weiter:
    » Sein Gesicht könnte ich dir jetzt noch aufmalen, es brannte sich wie ein Foto in mein Gedächtnis ein. Ein Leidender, mit erlösenden Zügen. In diesen Minuten wäre ich sofort mit meinem Vater gestorben, ich war ihm und dann auch wieder meiner Mutter sehr nahe.
    Als Erstes offenbarte er mir eine Sünde und verriet mir eine Sichtweite, die dich vielleicht irritieren könnte. Aber in der Tiefe meiner Seele weiß ich mit absoluter Sicherheit, dass du es so aufnehmen wirst, wie ich. Vier Tage nach dem Unfall fuhr mein Vater zu unserer Weinkellerei. Alain Enardy wollte ihn unbedingt sprechen. E igentlich wollte Dad ihm erst mal nicht in die Augen schauen. Er gab dennoch nach …
    Dieser Mann litt wie ein Hund und hatte natürlich Angst, seinen Job zu verlieren. Er war stark alkoholisiert, eigentlich wie immer, denn er war unserem Wein schon immer sehr zugetan. Mein Vater wusste es, dass er Alkoholiker war. Nur bei ihm hat er es zugelassen und über die Regel, dass während der Arbeit nicht getrunken wird, großzügig hinweggesehen. Solch ein besonders guter Kellermeister hatte halt immer gewisse Privilegien. Alain lallte, weinte, er konnte sich kaum auf dem Fass halten, worauf sie Platz genommen hatten. Er schwor bei Gott, dass er ab morgen nie wieder trinken würde. Es täte ihm unendlich leid, sodass er, wenn er nur könnte, es ungeschehen machen würde. Es war in diesen Moment für meinen Vater nicht wirklich möglich, Alain zuzuhören.
    Sie saßen in der Nähe des riesigen Gärbottichs, der randvoll mit Beeren war.
    Mein Vater stand auf und sagte ihm, dass er nie wieder über das Unglück reden wolle, sie müssten alle damit leben und das Leid ertragen. Er ließ ihn sitzen und wollte gehen. Alain verstand nicht, dass mein Vater einfach zu verletzt war und noch Zeit brauchte. Er hatte ja mit keinem Wort erwähnt, ihn zu entlassen. Alain torkelte hinterher, zog am Hemdsärmel meines Vaters und sagte etwas, dass er hätte nicht sagen sollen:
    „ Baron Dubloné, ohne mich wird ihr Wein nur halb so gut, warum darf ich nicht bleiben. Ihr Sohn lebt doch noch …“
     
    Meinen Vater brannten sämtliche Sicherungen durch. Er war ja ein großer Mann wie mein Großvater, mindestens einen Kopf größer als Alain Enardy. Aber nicht so kräftig, dennoch schlug er ihm seine Faust aufs Kinn.
     
    Alain schüttelte sich nur, als wenn ihn eine Biene gestochen hätte. Sie rangelten, wenn Alain nicht so betrunken gewesen wäre, hätte mein Vater wohl keine Chance gegen das kräftige Raubein gehabt. Er drängte ihn an den Rand des Gärbottichs und schubste ihn in die dickflüssige Beerenmasse. Alain wollte sich festhalten und herausziehen, mein Vater ließ es nicht zu und drückte mit aller Kraft den Kopf von Alain herunter. Minuten vergingen, bis sich mein Vater wieder beruhigte.
    Alain Enardy schwamm leblos zwischen den Weintrauben und war tot! Der zuständige Gendarm, ein alter Freund der Familie Dubloné, schrieb am nächsten Tag in seinem Untersuchungsbericht, dass es ein tragischer Arbeitsunfall gewesen sei.
    Enardy`s Frau und seine beiden Töchter zogen zu Verwandten nach Lyon. Sie bekamen eine hohe Entschädigung vom Weingut Dubloné. Als mein Vater mir das alles erzählte, war

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