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Goldbrokat

Titel: Goldbrokat Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Andrea Schacht
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stellte sie ihre Ohren auf Durchzug und musterte das Kohlmeisenkleid, das einigen Aufputz durch ein Spitzenfichu erhalten hatte. Hübscher war es dadurch nicht geworden. Sogar Hannah in ihrem graurosa Kleid sah adretter aus. Auch wenn es nicht neueste Mode war.
    Wie die auszusehen hatte, wusste Laura nämlich.
    Wozu hatte man eine Mama, die immer die neusten Modegazetten bezog.
    Die Mietdroschke kam vorgefahren und brachte sie in die Südstadt, wo Herrn Kronenbergs Villa lag. Ein prachtvolles Haus mit einer weiß gekiesten Auffahrt empfing sie, und als sie in den Vorraum geführt wurden, wartete Mama schon auf sie.
    »Ist Onkel Leander schon da?«, wollte Philipp sofort wissen.
    »Natürlich. Er muss doch die Gäste empfangen. Aber wir sind nicht die wichtigsten Leute hier, also haltet euch ein bisschen zurück und überfallt ihn nicht gleich.«
    »Aber wir dürfen uns die Bilder ansehen.«
    »Natürlich. Kommt mit.«
    Mama erklärte ihnen, dass Herr Kronenberg seinen Ballsaal für die Ausstellung zur Verfügung gestellt hatte, und in diesem schönen Saal befanden sich nun Onkel Leanders Bilder. Einige hingen an den Wänden, andere an Stellagen, die im Raum verteilt waren, ein paar standen aber auch auf Staffeleien. Es schlenderten schon Besucher umher, aber der eigentliche Empfang würde erst in einer Viertelstunde beginnen. Darum nutzte die Frau mit dem Fotoapparat wohl auch die Gelegenheit,
die Gemälde abzulichten. Philipp gesellte sich sofort zu ihr. Sie kannten Frau Sebastienne Waldegg, sie hatten sie bei Mama im Atelier kennengelernt, und sie begrüßte Philipp freundlich. Wahrscheinlich würde er ihr in wenigen Minuten ein Loch in den Bauch gefragt haben, weil er doch so vieles über die Fotografie wissen wollte.
    Sie selbst vergnügte sich damit, die Bilder anzuschauen. Einige kannte sie sehr gut. Onkel Leander hatte sie nämlich in ihrem Beisein gemalt. Weil der Herr Kronenberg gesagt hatte, es würde mehr Besucher anlocken, wenn er einige Kölner Motive ausstellen würde. In den sechs Wochen, in denen er jetzt hier zu Besuch war, hatte er jeden Tag ein paar Stunden gearbeitet. Er hatte zwar ein Atelier, aber besonders gerne wanderte er durch die Stadt und suchte sich Stellen, die besonders – mhm – nicht hübsch waren. Wie nannte er es noch? Ach ja, die er bemerkenswert fand.
    Zum Beispiel die Enten am Rheinufer. Das war ein seltsames Bild. Erst sah man nur ein paar Enten im Wasser schwimmen – nichts Besonderes eigentlich. Aber dann erkannte man, dass sich die Muusfall im Wasser spiegelte, die neue Eisenbahnbrücke von Deutz, die jetzt fast fertig war. Und wenn man noch genauer hinschaute, dann entdeckte man etwas ganz Gruseliges. Unter dem Wasser lag nämlich eine ertrunkene Frau. Bei einem anderen konnte sie sich gut an das Abenteuer erinnern, das damit in Verbindung gestanden hatte. Onkel Leander hatte nämlich den Dombaumeister Zwirner beschwatzt, ihn oben auf das Dach des Doms zu lassen. Und dann hatte er sie und Philipp mit hochgeschmuggelt. War das ein Erlebnis! Von so hoch oben hatten sie die Stadt noch nie gesehen. Und jetzt konnte man diesen unglaublichen Ausblick über den Rhein hier auf einer Staffelei bewundern. Onkel Leander hatte sie aber auch zum Rosenmontagszug mitgenommen und dabei wie wild in seinen Skizzenblock gezeichnet. Darum hing ein ganz buntes Bild mit dem Karnevalstreiben an der Wand. Aber auch darin hatte er einige komische Sachen versteckt, die man nicht gleich sah. Hinter den
seidenen Larven der Maskierten verbargen sich, wenn man sie näher betrachtete, eigenartig hässliche, vernarbte Gesichter. Andere Bilder waren einfacher, vor allem die, die er mitgebracht hatte. Ein Fischer, der auf einem Bootssteg saß und angelte und dem eine Katze die Beute heimlich aus dem Eimer stahl, eine krumme und schiefe Bauernkate mit einer mageren Ziege davor, ein greinendes Kind, ein mit Efeu bewachsener Baum, der sich im Sturm beugte. Solche Sachen eben.
    »Na, Laura, gefällt es dir, wie man die Bilder deines Onkels präsentiert?«
    Die nette Frau Paula Oppenheim war zu ihr getreten, und flugs musste man einen kleinen Knicks machen.
    »Ja, Frau Oppenheim. Es ist ein schöner Saal. Man kann sie alle gut sehen, nicht?«
    »Das ist wichtig bei einer Ausstellung. Hast du schon ein Lieblingsbild gefunden?«
    »O ja, sicher. Wollen Sie es sehen?«
    »Ja, führ mich dahin. Deine Mama erzählte mir, dass du auch recht hübsch zeichnen kannst.«
    »Onkel Leander hat mich ein bisschen

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