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Goldbrokat

Titel: Goldbrokat Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Andrea Schacht
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weitere Auskünfte einzuholen. Wollte er doch vermeiden, dass die Kusan allzu bald von seiner Anwesenheit erfuhr. Darum würde er nun sorgfältige Pläne machen.
    Ein paar Nachtschwalben winkten ihm aus einer Hofdurchfahrt zu, aber er ignorierte sie. Die Zeit für Belohnungen würde erst noch kommen.

    Der nächste Schritt war ein geschäftlicher. Mit der Firma Andreae wollte er am Montag in Verbindung treten und die Nachfragesituation für Rohseide ausloten.
    Aber das war eine einfache Übung.Weit befriedigender als alles andere war das diffizile Fädenknüpfen, aus dem das feinmaschige Netz entstehen sollte, in dem sich die Kusan verfangen würde. Und noch ein zweites Netz galt es auszuwerfen, und da konnte ihm sein neuer Adlatus vermutlich mit Rat und Tat zur Seite stehen. Fritz Kormann hatte Beziehungen, allerdings nicht zur besten Gesellschaft. Seinen ersten Auftrag, Auskünfte einzuholen, hatte er mit Bravour erledigt. Und vermutlich war er, mit gewissen Schmiermitteln ausgestattet, in der Lage, zu noch viel präziseren und delikateren Fragen Antworten zu finden.
    Mit diesen erfreulichen Gedanken überquerte Charnay die Straße und zog den Haustürschlüssel hervor. Es war spät geworden, und er fühlte sich entspannt und müde.
    Morgen würde er Frau Belderbusch und ihrer Schwester seine Aufwartung machen und sich erkundigen, ob auch die Witwe Elenz Besuche empfing.

Ein wahrer Spuk
    Er schweifte Nacht wie Tag umher,
Manchem Gespenst begegnet’ er,
Doch hat ihm nie was Graun gemacht
Bei Tage noch um Mitternacht.
     
    Ludwig Uhland, Graf Richard Ohnefurcht
    Die Sommerferien waren zu Ende, die schöne Zeit der weiten Ausflüge, der langen Nachmittage mit Spielen im Freien waren vorüber. Wenn Laura und Philipp ihre Schulaufgaben erledigt hatten und nicht den Nachmittag bei Mama verbrachten, gingen sie aber immer noch gerne in den Hinterhof, um dort Federball oder Kästchenhüpfen zu spielen, mit dem Hausmeistersohn zu knobeln oder sich mit dem Springseil zu vergnügen. Gelegentlich kamen andere Jungen und Mädchen auf einen Schwatz dazu, der Lehrjunge vom Bäcker, der die Brote austrug, die kleine Freche, die Milchflaschen einsammelte, der Sohn vom Fischhändler und seit Neuestem ein Junge, der bei einem Kaminfeger in die Lehre ging. Ferdi hieß er, und er hatte ein paar wüste Geschichten drauf. Von einer uralten Leitung, die die Bauarbeiter im Dom gefunden hatten und durch die der Teufel persönlich in die Kirche gekommen sei. Und von der Frau, die lebendig begraben worden sei und dann aus dem Grab gekrochen kam. Und von dem Spukhaus am Eigelstein, wo es schon seit Jahren umging.
    Bei Letzterem spitzte Philipp ganz besonders die Ohren, aber er ließ sich zunächst nichts anmerken.Abends aber, als sie alleine waren, fragte er jedoch Laura, was sie davon halte.
    »Ist wahrscheinlich auch nur wieder so eine Wichtigtuerei.«

    »Ja, kann sein. Er spielt sich ziemlich auf, der Ferdi.«
    »Mhm.«
    »Gesehen hat er auch noch nichts da, da bin ich mir ganz sicher.«
    »Mhm.«
    »Obwohl er es behauptet hat.«
    »Mhm. Aber er war ja auch nachts da, hat er gesagt.«
    »Wir haben diese ganzen Ruinen immer nur am Tag besucht.«
    »Und nie um Mitternacht.«
    »Oder bei Vollmond.«
    »Mhm.«
    Sie schwiegen beide und hingen ihren Gedanken nach. Dann erlaubte sich Philipp anzudeuten: »Es würde hier keiner merken.«
    »Nee, nicht mit dem Schlüssel zur Hintertür.«
    Laura war doch ein verständiges Mädchen. Sie hatte sogleich die Möglichkeiten erkannt.
    »Wir sollten Ferdi mal fragen, welches Haus das ist.«
    »Mhm.«
     
    Ferdi war nicht nur Kaminfegerlehrling, sondern auch Geschäftsmann. Er verlangte zwölf Pfenninge 4 für die Auskunft. Das war ein stolzer Preis, und es galt zu überlegen, ob man diese Investition wagen sollte. Nicht dass es an Kapital gemangelt hätte, Philipp wie Laura waren sparsam. Das hatten sie ja von Mama gelernt. Ihr Taschengeld wussten sie gut einzuteilen, und Philipp hatte ein kleines Vermögen von fast einem Taler angehäuft. Seine Schwester etwas weniger, weil sie öfter mal etwas für bunten Tand ausgab.
    Aber dann war sie es, die den Silbergroschen fand. Auf dem Nachhauseweg von der Schule hatte er einfach so auf der Straße
     
     
    4 Die zu jener Zeit geltende Stückelung des Talers in 360 »Pfenninge« hatte die alten »Pfennige« abgelöst.
gelegen, sagte sie, und sie angeblinkert. Das musste man doch als Zeichen nehmen, oder? Vor allem, weil diese Nacht auch der Mond voll und

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