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Goldbrokat

Titel: Goldbrokat Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Andrea Schacht
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hätte nicht schon alles versucht, um in Kontakt mit ihnen zu kommen?«
    »Wann und wo?«
    Er erzählte es mir und fragte dann: »Was gedenkst du an diesem heiligen Sonntagnachmittag zu tun, Ariane?«

    »Philipp und Laura kommen um halb drei zu mir. Wir verbringen das Wochenende, wann immer es geht, gemeinsam.«
    »Würdest du es in Erwägung ziehen, mich ihnen als ihr Vater vorzustellen, Ariane?«
    Seine höfliche Zurückhaltung verwunderte mich, und er las es wohl in meiner Miene.
    »Ich habe mich ihnen als Herr Long vorgestellt. Sie werden eine Erklärung verlangen.«
    »Ich wollte es ihnen gegenüber eigentlich alleine zur Sprache bringen. Sie könnten dich ablehnen, Drago.«
    »Damit muss ich dann leben und versuchen, dennoch ihre Achtung zu gewinnen. Ich weiß, Ariane, dass ich ihnen gegenüber verantwortungslos gehandelt habe.«
    Darauf wusste ich nichts zu erwidern.Was hätte ich auch sagen sollen? Ihn mit Vorwürfen überhäufen? Ihm mit einem raschen Lächeln Verzeihung gewähren? Darüber hinwegsehen, dass er sich nie nach ihnen erkundigt hatte?
    Er war zurückgekommen, um sich um sie zu kümmern. Er hatte sich die Mühe gemacht, uns zu finden, und er beharrte nicht auf seinem Recht. Noch nicht.
    »Du darfst es ihnen selbst erklären«, war schließlich mein Zugeständnis.
    Er küsste mir die Hand.
    »Danke,TaiTai.«

Familienbande
    Steht dann eines Morgens da
Als ein Vater und Papa
Und ist froh aus Herzensgrund,
Daß er dies so gut gekunnt.
     
    Wilhelm Busch
    Lauras Drachen war geheilt und wieder einsatzbereit, aber leider war das Wetter richtig scheußlich geworden. Und der Samstag war auch fürchterlich gewesen. Mama musste zu einem Bazar und hatte keine Zeit für sie gehabt. Hannah war zwar mit ihnen im Park gewesen, aber der interessante Herr Long war nicht erschienen, und ihre Cousine hatte sich beständig an ihre Fersen geheftet.Wahrscheinlich war ihr klar geworden, dass sie beide in den vergangenen Tagen ziemlich ungehorsam gewesen waren. Das Buch, das Mama ausgewählt hatte und das sie mit Hannah zusammen lesen mussten, war gähnend langweilig und handelte von frommen Schlappschwänzen, die bei jeder kleinen Untat irgendwelchen bösartigen Krankheiten und Auszehrungen erlagen. In der Kirche hatte der Pastor dann auch noch über das achte Gebot gepredigt und die schrecklichen Folgen des Lügens dargestellt. Außerdem hatte er, Philipp, sich mit seinem besten Freund verkracht, weil der ihn Muttersöhnchen genannt hatte. Nur weil er dummerweise zugegeben hatte, dass er auch nähen konnte. Das konnten die Schneider doch alle, oder nicht? Aber Christian hatte gesagt, das seien Proletarier, und ein Herr täte so was nicht.Was dazu geführt hatte, dass Philipp kritisch nachfragen musste, ob sein Freund seine Mama auch für eine Proletarierin hielt, weil sie als Couturière ihr Geld verdiente. Worauf
sich die Diskussion auf den ganzen Kreis ausweitete und die Berufstätigkeit von vornehmen Damen in Frage gestellt wurde. Ihm wurde unmissverständlich klargemacht, dass die hochnoblen Mitschüler grundsätzlich der Auffassung waren, Damen hätten nur dekorativen Nutzen, ansonsten seien sie eben keine Damen. Und schon gar nicht, wenn sie keinen Mann hatten, der für ihren standesgemäßen Unterhalt sorgte.
    Bisher war dieser Umstand unter den Kameraden noch nie erörtert worden, und Philipp hatte sich in der Schulklasse ganz wohl gefühlt, auch wenn er nur selten zu einem der jungen Herren nach Hause eingeladen worden war. Die Tatsache, dass Alexander Masters, eigentlich Graf von Massow, sich dafür eingesetzt hatte, dass er an dem Gymnasium aufgenommen worden war, hatte das Gemunkel über seine Familienverhältnisse stark in Grenzen gehalten.
    Die dünne Kruste gesellschaftlicher Ebenbürtigkeit war seit diesem Zwischenfall allerdings geborsten, und daher fand Philipp auch nichts dabei, den schlimmsten Spöttern die Faust auf die Nase zu setzen.
    Der Klassenlehrer gebot den Streithähnen zwar Einhalt, bevor die Rauferei schlimmere Folgen zeitigen konnte, aber er hatte nun einen Tadel am Hals, den er noch nicht einmal Laura gestanden hatte.
    Aber er würde wohl nicht darum herumkommen, Mama zu beichten, was geschehen war.
    Ärgerlich das alles!
    Und Tante Caro hatte auch wieder genörgelt, weil sie in den Salon gekommen waren, als sie Besuch hatte. Aber von dem wussten sie doch nichts und hatten auch ganz höflich gegrüßt. Der Herr hatte sie nur missbilligend angesehen, und so waren sie ohne den

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