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Goldbrokat

Titel: Goldbrokat Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Andrea Schacht
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sahen, die zweite Rate meiner Mitgift zu zahlen, und das Hausmädchen lag mit einer Grippe auf der Nase.
    Ich sah nur meine eigenen Probleme, das ist sicher richtig. Drago erzählte damals wenig von seinem Tageswerk, und wenn, dann berichtete er meist in launigen Worten von den Albernheiten seiner Klienten. Aber ich hätte merken können, wie sehr es ihn anödete, kleingeistige Erbschaftsstreitereien oder Nachbarschaftsfehden zu behandeln.
    Nach zwei Wochen endlich rückte er mit seinen Plänen heraus.
    Er würde nach China gehen, sein Erbe antreten.
    Ich wurde augenblicklich so wütend, dass er mich in diesem ganzen Elend alleine lassen wollte, dass wir in einen geradezu teuflischen Streit gerieten. Großer Gott, was hatte ich ihm nur alles vorgeworfen? Er blieb mir natürlich nichts schuldig, und sein vernichtendstes Argument war schließlich, ich hätte ihn ja nur geheiratet, um mich einer anderen Verpflichtung zu entziehen.
    Das war leider in gewisser Weise wahr, und gerade deshalb machte es mich nur noch zorniger.
    Das Wort Freiheit fiel.
    Dann Scheidung.
    Er zog aus, und ich sah ihn nur noch einmal. Diese Szene aber hatte ich lange Zeit rigoros aus meinem Gedächtnis verbannt.
    Ich fand ihn zwei Tage vor seiner endgültigen Abreise im Kinderzimmer. Er saß an Philipps Bett, den winzigen Captain Mio auf dem Schoß, und wiegte die schlafende Laura in seinen Armen. Dabei murmelte er den Kindern leise etwas zu.
    Ich hatte mich lautlos nach unten geschlichen, um ihm nicht noch einmal zu begegnen.

    Aber jetzt wusste ich es – es hatte ihm wehgetan, sie zu verlassen.
    Aber er hätte ja nicht gehen müssen!
    Er musste aber gehen.
    Ich legte den Kopf auf meine Knie.
    Ich war es, die die Tür zugeschlagen hatte. Ich hatte ihn aus meinem Leben verbannt. Hätte ich nicht um die Scheidung gebeten, wäre er vermutlich nach zwei Jahren wiedergekommen, und dann wären die Kinder alt genug gewesen, um die lange Reise zu überstehen.
    Ein eigensüchtiges Luder, genau das war ich gewesen. Dass ich seine Gefühle mit meiner Forderung nach Freiheit verletzte, war mir überhaupt nicht in den Sinn gekommen. Die Freiheit, mir einen anderen Vater für meine Kinder zu suchen, wollte ich haben.
    Wie kaltherzig das in seinen Ohren geklungen haben mochte.
    Aber er hatte mich doch nur geheiratet, weil ich ihn mehr oder weniger in diese prekäre Lage gebracht hatte, oder nicht? Weil er mich vor Charnay beschützen wollte. Den er sehr wohl kannte.
    Die Kinder hatte er geliebt.
    Und mich?
    Er war zu mir gekommen, in der mondhellen Nacht. In seinen Armen hatte ich Geborgenheit gefunden,Vertrauen und die Erholung von meinem rastlosen Suchen.
    Ich bemerkte die Tränen erst, als sie meine Hände nässten.
    Aber während ich weinte, wurde mein geschundener Körper von einer Woge aus Wärme und Frieden überschwemmt.
    Wenn ich ihn hatte verletzen können, und wenn es nicht nur sein Stolz war, der darunter gelitten hatte, dann war ich möglicherweise doch nicht nur ein hübsches Spielzeug für ihn gewesen. Vielleicht war ich sogar mehr als nur die Mutter seiner Kinder.
    Vielleicht lag ihm noch etwas an mir.
    So viel wie mir an ihm?

    Eine seltsam tiefe Zuversicht in seine Fähigkeit, mich zu finden, erfüllte mich.
    Und sollte ich mit heiler Haut aus diesem Desaster entkommen, würde ich Drago einige wesentliche Dinge sagen müssen.
    Vielleicht war noch nicht alles zu spät.

Der Drache erwacht
    Bestimme ich die Stärken des Feindes,
während meine Gestalt nicht wahrnehmbar erscheint,
so kann ich meine Stärke konzentrieren,
während der Feind unvollständig ist.
     
    Sun Tzu, Die Kunst des Krieges
    LouLous Tod hatte Drago erschüttert, er hatte, da Gernot Wever unfähig schien, sich aus seiner Fassungslosigkeit zu lösen, die Abwicklung in die Hände genommen und dann George, der ebenfalls zutiefst betroffen schien, zum Domhotel geschickt. Als er schließlich wieder seine Suite betrat, war es später Nachmittag geworden. Er ließ sich etwas zu essen in sein Zimmer kommen und wanderte dann unruhig auf und ab. Zu gerne hätte er etwas unternommen, aber solange er keine konkreten Hinweise auf Charnay hatte, waren ihm die Hände gebunden. Daher zwang er sich, einige grundlegende Überlegungen anzustellen.
    Immerhin wusste er nun, was geschehen war.
    Charnay hatte Ariane aus ihrem Atelier gelockt und irgendwohin verschleppt. Sie war zumindest noch bis zu dem Zeitpunkt am Leben gewesen, als sie den Brief geschrieben hatte, und nicht so verletzt und

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