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Goldbrokat

Titel: Goldbrokat Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Andrea Schacht
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verstört, denn sie war noch in der Lage, mit klarem Verstand sein Diktat aufzunehmen.
    Um sie zu überwältigen, musste Charnay ihre Gepflogenheiten kennen. Demzufolge hielt er sich schon seit geraumer Zeit in Köln auf und hatte gründliche Erkundigungen eingezogen. Nicht nur über Ariane, sondern auch über LouLou, das Theater und möglicherweise die Kinder.

    Er hatte große finanzielle Probleme.
    Das passte zu der Tatsache, dass er Wever seine Rohseide zu einem weit überhöhten Preis angeboten hatte. Der aber hatte abgelehnt, darüber zu verhandeln. So viel hatte er aus dem Fabrikanten noch herausbekommen.
    Es lag nahe, dass Charnay sich Geldquellen dubioser Art zu erschließen versuchte, und das konnte im Zusammenhang mit den Schutzgeldzahlungen an LouLou gestanden haben. Ein solches Vorgehen entsprach dem hinterhältigen Stil dieses Feiglings. Und es warf ein neues Bild auf den Streich, der den Kindern gespielt worden war. Ihre Entführung hätte Ariane mit Sicherheit dazu gebracht, ihm jede denkbare Summe zu zahlen.
    Wenn das aber so richtig war, dann musste Charnay sehr gründlich vorgegangen sein. Dass die Kinder von Spukhäusern begeistert waren, musste er aus erster Quelle erfahren haben.
    Von den Kindern selbst?
    Sie waren vertrauensselig und Hannah eine nachlässige Aufpasserin; er hatte es selbst ausgenutzt.
    Sie, Philipp und Laura galt es zu befragen.
    Dazu musste er sie in ihrem Heim aufsuchen, und das bedeutete Konfrontation mit der ihm unbekannten Witwe Elenz. Nun gut, dann würde er eben das Huhn verschrecken.
    Er informierte George darüber, dass er noch einmal auszugehen gedachte, und machte sich zu einem sehr unbequemen Besuch auf.
     
    Die Wirtschafterin begrüßte ihn sehr zugeknöpft, buchstabierte langsam den Namen auf seiner Karte und teilte ihm dann mit, die gnädige Frau sei nicht zu Hause.
    »Dann wünsche ich Fräulein Hannah zu sprechen.«
    »Das gnädige Fräulein empfängt keine Herrenbesuche«, wurde ihm beschieden.
    »Gut, dann ändern wir das jetzt«, sagte er darauf und drückte mit seinem Körper die Tür auf, sodass die Frau nach hinten gestoßen wurde.

    Sie schrie auf und protestierte wild.
    »Gehen Sie weg! Das dürfen Sie nicht! Hilfe! Hilfe! Ein Eindringling!«
    »Halten Sie den Mund, Weib«, knurrte er sie an und sah sich in der Diele um. Mit großen Schritten eilte er auf die Treppe zu und nahm zwei Stufen auf einmal nach oben. Die Kinder würden vermutlich in ihren Zimmern sein, auf der bel etage hatten sie um diese Zeit nichts zu suchen.
    Und richtig, kaum war er oben angelangt, streckte auch seine Tochter ihre Nase aus der Tür.
    »Papa!«, quiekte sie und kam auf ihn zugehüpft.
    »Laura, psst!«
    »Ach was, Hannah schläft noch nicht, und Tante Caro ist aus. Warum bist du hier? Und Hilde, was ist?«
    Hinter ihm schnaufte die Haushälterin die Treppe empor.
    »Laura, in dein Zimmer. Ich rufe die Gendarmen, wenn Sie nicht sofort das Haus verlassen, Sie!«
    »Aber Hilde, das ist unser Papa. Er besucht uns doch nur.«
    »Euer Papa ist tot.«
    »Quatsch!«, kam es jetzt von Philipp, der ebenfalls wissen wollte, was der Lärm auf der Treppe sollte. Und Hannah öffnete ebenfalls ihre Tür.
    »Hannah, das ist unser Papa, Herr Kusan«, piepste Laura aufgeregt.
    »Sind Sie das wirklich?«
    »Ja, Fräulein Hannah. Meinen Neffen George Liu haben Sie ja schon kennengelernt.«
    »Oh!«
    Die pummelige junge Frau mit dem flauschigen Haarschopf führte die Hand an die Lippen, machte runde Augen und lief dunkelrot an.
    »Können wir drei uns bitte in einem geschlossenen Raum unterhalten, Fräulein Hannah? Ich habe Ihnen und den Kindern eine wichtige Nachricht zu überbringen.«
    »Ja, ja, natürlich, Herr Kusan. Philipp, am besten in deinem
Zimmer.« Dann wandte sich Hannah an die Haushälterin und sagte mit entschuldigender Geste: »Es hat schon seine Richtigkeit, Frau Hilde. Regen Sie sich bitte nicht weiter auf.«
    »Ich glaub das nicht, nein, ich glaub das nicht. Und Sie werden die Folgen tragen, sage ich Ihnen.«
    »Meine Frau wird es Ihnen erklären, Hilde. Es hat Missverständnisse gegeben. Und nun lassen Sie uns bitte alleine.«
    Murrend trottete die Wirtschafterin zur Treppe, Philipp hielt die Tür zu seinem Zimmer auf, und Drago trat ein. In dem Mansardenraum standen zwei Schreibpulte mit Stühlen und ein Bett, in den Regalen an der Wand reihten sich Bücher und Spielzeug aneinander, ein großer persischer Teppich bedeckte den Boden, und aus dem Korb entstieg würdevoll

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