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Goldbrokat

Titel: Goldbrokat Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Andrea Schacht
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sie einfordern.«
    Verdammt, er wusste es doch. Seine Hände kannten mich viel zu gut.
    Aber – war es denn Unterwerfung?

    Ich lag über ihm, als ich aus der Verzückung erwachte. Er hielt mich fest, und erst als ich den Kopf hob, löste er seinen Griff und gab mich frei. Ich kuschelte mich neben ihn in seinen Arm, und er nahm meine Hand, um sie auf sein Herz zu legen. Es schlug noch immer schnell, aber sein Atem war ruhig geworden.
    Die Lichter waren erloschen, der Mond weitergewandert. Es war dunkel geworden im Raum, und in die Dunkelheit hinein flüsterte ich, was sich von meinem Herzen auf meine Lippen drängte.
    »Ich habe dich so vermisst.«
    Sein Herz stolperte, aber er blieb ruhig.
    Geborgen in seiner Umarmung übermannte mich schließlich doch die Erschöpfung, und ich schlief ein.

Webfehler
    Hier steht er nun, und grauenvoll umfängt
Den Einsamen die leblose Stille,
Die nur der Tritte hohler Widerhall
In den geheimen Grüften unterbricht.
     
    Friedrich Schiller, Das verschleierte Bildnis zu Sais
    Mit sich zufrieden tupfte Charnay sich den Rasierschaum vom Gesicht. Er beglückwünschte sich dazu, in der vergangenen Nacht so viel Disziplin bewiesen zu haben, sich eine zweite Belohnung zu versagen.
    Umso süßer würde sie heute Vormittag ausfallen.
    Den Abend zuvor hatte er bei einem üppigen Essen mit den Damen Schnorr und Elenz verbracht. Nicht, dass er deren Gesellschaft als anregend empfand. Die Edle mit ihrem dünkelhaften Dichtergebaren langweilte ihn genauso wie die dümmlich-naive Witwe Elenz. Beide gaben vor, Helene müsse aus gesundheitlichen Gründen zur Kur reisen. Doch das Gemunkel, ihr Gatte habe sie schmählich sitzen lassen, tönte so laut in den Salons, dass es wirklich nicht zu überhören war. In Marienbad würde sie demnächst vermutlich gefühlstriefende Elegien verfassen. Es hatte ihm eine kleine Genugtuung bereitet, die Damen mit kleinen Zweideutigkeiten in Verlegenheit zu bringen. Noch viel größer aber war seine Befriedigung bei dem Gedanken, dass er die Nichte der spatzenhirnigen Witwe Elenz in seiner Gewalt hatte, und bei Kalbsbries und Prinzesskartöffelchen malte er sich aus, was er mit Ariane Kusan noch anstellen würde, wenn er sie gefesselt und geknebelt vor sich hatte. Ein erregendes Mahl, fürwahr.

    Er kleidete sich nach der Morgentoilette sorgfältig an, um seinen Spaziergang anzutreten. Es war genau die richtige Zeit, zunächst in Müllers Kaffeehaus ein Frühstück einzunehmen und die Zeitung zu lesen. Dann plante er einen Besuch in der Bechergasse, um die Belohnung zu vervollkommnen.Anschließend nähme er ein leichtes Mittagsmahl, und am frühen Nachmittag stand der Besuch bei Andreae in Mülheim an, wo er die Lieferverträge über seine Seidenproduktion abzuschließen gedachte. Das müsste reibungslos anlaufen, da er nun einen finanziellen Handlungsspielraum hatte. Und hinterher blieb noch genug Zeit, sich von dort zu der von ihm vorgeschlagenen Übergabestelle zu begeben, wo Wever die Tasche mit dem Geld deponieren sollte. Natürlich würde er nicht selbst in Erscheinung treten. Ein williger Gehilfe würde ihm das Geld bringen. Dennoch wollte er sichergehen, dass der Fabrikant auch wirklich das Lösegeld ablieferte.
    Damit waren seine geschäftlichen Belange abgewickelt, und es blieb ihm noch ein letztes Vergnügen mit der Witwe Kusan.
    Anschließend würde er den nächsten Zug Richtung Süden nehmen.
     
    Den ersten Teil seines sorgfältig geplanten Tagesablaufs absolvierte er mit Genuss. Selten, äußerst selten gönnte er sich ein reichhaltiges Frühstück. Aber dieser Tag würde ein herausragender werden, einer, der ihn nicht nur sanieren, sondern auch eine letzte schwärende Wunde heilen würde.
    Beschwingt machte er sich auf den Weg in die Bechergasse, durchquerte die Toreinfahrt und warf einen prüfenden Blick auf die Hinterfront des Hauses. Alles wirkte so, wie er es verlassen hatte. Die schwere Kiste stand vor der Kellerluke, die Kette an der Tür war unversehrt, die Fensterläden geschlossen, dasVorhängeschloss eingeschnappt. Er zog den Schlüssel aus der Westentasche und sperrte auf. Die Tür quietschte etwas in den Angeln, und er malte sich aus, mit welchem Entsetzen seine Gefangene
auf dieses Geräusch lauschte. Er ergriff die Petroleumlampe, die er auf der Treppe in den Keller bereitgestellt hatte, und zündete sie an. Heiße Lust überkam ihn. Gleich, gleich würde er seine große Belohnung erhalten. Wiedergutmachung aller Demütigungen, allen

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