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Goldbrokat

Titel: Goldbrokat Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Andrea Schacht
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wenig aus, lediglich mit den Kindern hatte ich in der Weihnachtszeit ein Puppentheater besucht, war mit ihnen zum Eislaufen gewesen, und wir hatten uns ein Krippenspiel angesehen. Das Neujahrskonzert hatte ich mir mit Madame Mira angehört und dabei festgestellt, dass mir nur noch wenige kritische Blicke folgten. Der Skandal würde vermutlich bald abklingen. Dennoch sah ich weiterhin keine Möglichkeit, einen Bankkredit zu erhalten.
    Aber Geld benötigten wir, wenn ich nicht das festgelegte Kapital meiner Kinder angreifen wollte. Und das war die allerletzte Lösung. Derzeit lebten wir von den Zinsen, und ich brauchte nach und nach meine Mitgift auf. Sogar die obligatorische Reise ins Münsterland zur Familienweihnacht hatten wir
mit Tante Caros vorgeschobener gesundheitlicher Indisposition entschuldigen müssen.
    Meinen Schmuck hatte ich, bis auf das Medaillon, inzwischen schon verkauft, und als einzige Gegenstände von Wert blieben mir noch die beiden Teppiche, die mein Mann mit in die Ehe gebracht hatte – der riesige chinesische Seidenteppich, der Laura und Philipp zu so vielen abenteuerlichen Spielen inspirierte, und ein weiterer großer Perser, der den Boden meines Schlafzimmers bedeckte. Aber es würde schwierig sein, die Dinger loszuwerden. So auf Anhieb fiel mir niemand ein, der das Geschäft diskret hätte abwickeln können.
    Um meine Gedanken in andere Bahnen zu lenken, begann ich, meine Schubladen aufzuräumen. Penible Ordnung zu halten war nicht meine Stärke, eine Zeit lang stopfte ich immer alles, was herumlag, irgendwo an leere Plätze. Aber dann und wann packte mich der Ehrgeiz, gründlich aufzuräumen. Es war jedes Mal eine richtiggehende Entdeckungsreise. Und vielleicht fand ich ja bei dieser Tätigkeit eine Eingebung, wie ich doch noch meinen Wunsch verwirklichen konnte.
    Nachdem ich ein gutes Dutzend Strümpfe zu Paaren gerollt – drei einzelne blieben übrig, warum, das mochten die strumpffressenden Geister wissen -, Handschuhe einsortiert, einen zerbrochenen Fächer weggeworfen, einen anderen zur Reparatur zur Seite gelegt hatte, nahm ich mich der Täschchen an, um sie auszuleeren. Taschentücher für die Wäsche kamen zu Tage, einige Münzen, Eintrittbilletts zu verschiedenen Veranstaltungen, eine getrocknete Rose, ein vierblättriges Kleeblatt, das Laura gefunden hatte, zwei klebrige Kamellen, die vermutlich Philipp meiner Obhut anvertraut hatte, und eine angeknickte Visitenkarte.
    Ich wollte sie schon wegwerfen, aber dann las ich den Namen doch noch mal.
    LouLou Wever.
    Die Dame mit dem zerrissenen Mieder.
    Wie Madame Mira sagte, eine stadtbekannte Kokette.

    Im weitesten Sinne konnte ich mich inzwischen wohl auf Grund meines undamenhaften Wortspiels auch dazuzählen. Die delikaten Einladungen der zwei Galane hatten das deutlich genug gemacht.
    Das Fünkchen einer geradezu revolutionären Idee flackerte in meinem Hinterkopf auf. Sorgsam, damit es noch eine Weile seine Nahrung in meinen Gedanken fand, räumte ich die Taschen, Strümpfe und sonstigen Accessoires in die Laden und stieg dann zu Madame Miras Zimmer hinunter.
    Sie lebte als Tante Caros Untermieterin in einer kleinen Zimmerflucht im dritten Stock und rief mich, als ich anklopfte, sogleich zu sich herein. Sie hatte es sich an dem gusseisernen Ofen in einem Schaukelstuhl gemütlich gemacht, auf dem Schoß einen der unvermeidlichen Abenteuerromane aus der Leihbücherei, auf der Nase einen runden Zwicker.
    »Ariane, kommen Sie herein. Ich habe Holunderbeersaft heiß gemacht. Teilen Sie einen Becher mit mir, bei diesem Wetter schützt er vor Erkältungen!«
    Ich nahm den Topf vom Ofen und füllte uns daraus den schwarzroten Saft ab, zog mir einen runden Lederpuff heran und setzte mich, so wie es meine Kinder bei ihr auch zu tun pflegten, zu ihren Füßen nieder.
    »Na, nun erzählen Sie schon. Hat Caro wieder einen Anfall von Etepetete?«
    Madame Mira hatte den Vorfall bei Belderbuschs mit geringer Aufregung honoriert und betrachtete die Prüderie und Schamhaftigkeit meiner Tante als reichlich überzogen.
    »Nicht mehr als sonst auch. Ich bin noch immer ›persona non grata‹ bei ihr.«
    »Sie sollte sich langsam mal wieder besinnen. Schließlich hat sie das Wortspiel auch verstanden, oder?«
    Dieser Umstand war mir bisher noch gar nicht in den Sinn gekommen, und plötzlich fühlte ich mich deutlich weniger schuldbewusst.
    »Wie peinlich für sie«, bemerkte ich, und Madame Mira
schenkte mir ein verschmitztes Lächeln. Ich schüttete

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