Goldener Reiter: Roman (German Edition)
mir. Einfach ein normaler Schleierschwanz. Die Farbe ist okay und die Form auch. Das Licht funkelt in seinen Schuppen und er hat helle gelbe Augen. Er ist schon zur Scheibe geschwommen und hat mich angeguckt. Ein intelligenter Fisch. Nicht so einer, der mit Glupschaugen in der Ecke hockt.
Langweilig, sagt Mark. Da ist ja nichts Besonderes dran.
Na und, sage ich. Wir gucken unseren Fischen zu. Deiner ist dafür hässlich, sage ich.
Und deiner langweilig, sagt Mark.
Ich nehme so einen Rotweißen, sagt Frau Bloom. Sie zeigt auf einen kleinen Weißen mit roten Flecken.
Habt ihr euch entschieden?, fragt der Verkäufer Mark und mich.
Ja, sagen wir. Wir zeigen auf unsere Fische. Frau Bloom zeigt auf ihren Fisch. Der Verkäufer jagt die Fische mit einem Käscher durch das Aquarium. Die Fische zappeln im Käscher, einer nach dem anderen. Er tut sie in einen Plastikbeutel. Der Plastikbeutel ist mit Wasser gefüllt. Er ist durchsichtig, damit man die Fische sehen kann. Jetzt haben wir Fische in der Plastiktüte. Der Verkäufer verschließt den Beutel mit einem Klebeband.
Wir brauchen noch Kies und Algen, sagt Mark.
Stimmt, sagt Frau Bloom. Und ein Glas. Das ist überhaupt das Wichtigste, das Glas.
Und Futter, sage ich.
57
Weißt du eigentlich, wo dein Name herkommt?, fragt Mark. Ich kann sein Gesicht nicht erkennen, weil die Jalousie heruntergezogen ist. Das Aquarium plätschert.
Nein, sage ich.
Aus der Bibel, sagt Mark.
Aha, sage ich. Ich schiebe die Hände unter meine Wange.
Da gibt es einen Jonas, der vom Walfisch verschluckt wird. Soll ich dir die Geschichte erzählen?
Nein, sage ich.
Mark ist katholisch. Er hatte schon seine Firmung, das heißt, dass er sich gut mit der Bibel auskennt. Meine Mutter und ich sind evangelisch. Da muss man nicht so gut Bescheid wissen. Also, sagt Mark. Er knautscht sein Bettzeug zurecht, sein Bett quietscht im Dunkeln.
In der Bibel gibt es einen Mann, der Jonas heißt. In der Bibel steht Jona. Aber man sagt Jonas. Er ist ein Prophet. Propheten sind Menschen, die mit Gott reden und etwas von Gott wissen, was andere Menschen nicht wissen und was sie den anderen Menschen erzählen. In der Bibel gibt es viele Propheten.
Ich weiß, sage ich.
Ja, sagt Mark. Also, eines Tages spricht Gott zu Jonas. Er sagt zu ihm, dass er in eine Stadt gehen soll, um die Bewohner zu warnen. Die Stadt heißt Ninive. Jonas muss durch die Wüste gehen, um nach Ninive zu kommen. Aber er will nicht. Gott will Ninive zerstören, wenn die Bewohner nicht auf ihn hören. Die Bewohner von Ninive haben sich von Gott abgewandt. Sie haben sich dem Laster hingegeben und Jonas soll sie bekehren, damit sie Buße tun. Sonst wird Gott die Stadt zerstören. Aber Jonas traut sich nicht. Es ist ihm unangenehm, den Menschen zu erzählen, dass Gott mit ihm gesprochen hat. Er will nicht, dass die Leute denken, dass er verrückt ist. Er beschließt wegzulaufen. Er geht in eine andere Stadt, eine Hafenstadt, und nimmt ein Schiff. Ich weiß nicht mehr, was für ein Schiff es ist. Als sie auf dem Meer sind, macht Gott einen Sturm, um Jonas zu bestrafen. Das Schiff wird von den Wellen hin und her geworfen. Alle an Bord beten zu ihren Göttern. Nur Jonas nicht. Die Seeleute wollen wissen, wer schuld am Sturm ist. Sie finden heraus, dass Jonas schuld ist. Sie wecken ihn auf und er erzählt ihnen von Gott und sagt, dass sie ihn über Bord werfen sollen. Die Seeleute werfen ihn über Bord. Sofort ist das Meer spiegelglatt. Jonas sinkt in die Tiefe hinab. Er kann nicht schwimmen, er weiß, dass er sterben wird. Aber Gott hat noch etwas mit ihm vor. Er befiehlt einem Walfisch, Jonas hinunterzuschlucken. Ein Walfisch ist natürlich kein Fisch, sondern ein Säugetier. Jonas sitzt drei Tage und drei Nächte im Magen des Walfischs, genau wie in Pinocchio , nur dass Jonas keine Kerze dabeihat. Es ist stockdunkel im Magen und feucht und es stinkt nach Essensresten. Jonas betet zu Gott. Er verspricht ihm, dass er nach Ninive geht, wenn Gott ihn rettet. Da gibt Gott dem Walfisch den Befehl, Jonas an Land zu spucken.
Ich liege da und atme. Mark wartet, dass ich frage.
Und dann?, frage ich.
Dann geht Jonas nach Ninive und erzählt den Menschen, was Gott ihm gesagt hat. Und die Bewohner glauben ihm und tun Buße, sogar der oberste Herrscher. Sie ziehen ihre prunkvollen Gewänder aus und kleiden sich in Säcke. Da verschont Gott die Stadt. Aber Jonas ärgert sich, weil nicht eintritt, was er prophezeit hat. Genau das hat er befürchtet.
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