GOLDENES FEUER DER WUESTE
für seine Güte und Großherzigkeit verehrt hatte, war für immer gegangen.
Tränen trübten ihr die Sicht, sodass sie sich im Gewirr der vielen Säulengänge und Korridore verirrte. Sie wollte eben einen Palastdiener nach dem Weg fragen, als Zayed vor ihr auftauchte.
„Ich war in Ihrer Suite, aber Sie waren nicht da“, sagte er.
„Ich komme gerade von der Königin“, antwortete sie, während sie sich mit der Hand die Tränen aus den Augen wischte.
„Aber Sie weinen ja! Was ist passiert?“
„Das fragen Sie noch? Ihr Bruder ist tot. Die Königin und die Kinder sind untröstlich. Das Land ist führungslos, und Sie tun das Richtige, indem Sie die Verantwortung übernehmen.“ Ihre Wangen waren tränenüberströmt. „Was hätte ich tun sollen? Sagen, dass alles nur ein Missverständnis ist und ich nie die Absicht hatte, Sie zu heiraten? Dass keine Hochzeit stattfinden und das Land vorerst keinen neuen König bekommen wird? Königin Jesslyn hat mich als Tante Sophie vorgestellt, um Himmels willen! Ich bin jetzt die Tante. Und Takia wollte, dass wir mit der Trauung wenigstens warten, bis ihr Vater zurück ist.“
Nachdem diese Worte aus ihr herausgebrochen waren, schaute sie ihn hilflos an.
„Wie konnte ich Sie bloß je für kalt und gefühllos halten?“, sagte er.
Sophie biss sich auf die Lippen, um zu verhindern, dass sie zitterten.
„Wenn ich dieses schreckliche Unglück bloß ungeschehen machen könnte“, sagte er leise. „Ich würde alles dafür geben, Sharif durch diese Tür hereinkommen zu sehen. Wirklich alles. Aber ich kann die Realität nicht ändern, deshalb muss ich tun, was Sharif jetzt von mir erwarten würde. Und dafür brauche ich Sie. Ohne Sie kann ich seinen Platz nicht einnehmen.“
„Nicht ohne mich, sondern ohne eine Ehefrau.“
„Aber Sie sind diese Ehefrau. Sie sind die, die ich will. Sie sind die, die ich brauche.“
Sophie sah wieder Jesslyn und die Kinder vor sich, und sofort schossen ihr erneut die Tränen in die Augen. Liebe … Ehe … Kinder.
Familie.
Schmerz.
Hier in diesem Palast begegnete sie ihren größten Ängsten. Gleichwohl konnte sie sich nicht abwenden von einer Familie, der das Leben so hart mitspielte. Sophie versuchte seit Jahren, anderen Menschen zu helfen, indem sie Bücher schrieb und Vorträge hielt. Wie könnte sie jetzt in einer Situation, in der sie dringend gebraucht wurde, einfach davonlaufen?
Sie wandte den Kopf ab. „Ich brauche etwas Zeit“, flüsterte sie.
Er wollte spontan widersprechen, doch dann nickte er. „Ich schlage vor, wir treffen uns zu einem späten Mittagessen. Dann können Sie mir Ihre Entscheidung mitteilen.“
„So schnell geht das nicht.“
„Muss es aber. Uns läuft die Zeit davon. Sarq hat seit fast zwei Wochen keinen König. Niemand kann Entscheidungen treffen, nicht einmal die Trauerfeier für meinen Bruder kann vorbereitet werden.“
„Also gut. Ich sage Ihnen beim Essen Bescheid.“ Sie wusste, dass ihre Stimme scharf klang, aber sie war erschöpft. Nichts war so, wie es sein sollte. Und wenn sie nicht gut aufpasste, würde es auch nie wieder so sein.
„Ich begleite Sie in Ihre Suite.“
„Nein, sagen Sie mir einfach nur, wo es langgeht.“
„Es ist kompliziert.“
„Ich hoffe doch sehr, dass meine geistigen Kapazitäten dafür ausreichen.“
Ihre Blicke trafen, verschlangen sich ineinander, voller Frustration.
Nach einem langen Moment angespannten Schweigens hob Zayed in stummer Ergebung die Hände. „Meinetwegen. Also, passen Sie auf.“
Sophie musste eingeschlafen sein, weil Manar sie geweckt und daran erinnert hatte, dass sie mit Zayed zum Mittagessen verabredet war. „Und bestimmt möchten Sie sich vorher noch umziehen“, ergänzte das Dienstmädchen.
Sophie setzte sich auf und rieb sich die Augen. „Was, ist es wirklich schon eins?“
„Ja. Sie haben noch eine halbe Stunde.“
„Das reicht völlig“, sagte Sophie und vergrub das Gesicht wieder in ihrem Kissen. „Ich bin praktisch fertig.“
Manar schaute ungläubig. „Aber möchten Sie sich denn zum Essen nicht umziehen? Auf der Terrasse ist es heiß.“
„Das wäre keine schlechte Idee, aber ich habe leider keine große Auswahl“, gab Sophie gähnend zurück.
„Oh, da irren Sie sich aber, Dr. Tornell. Kommen Sie einfach mit, ich zeige es Ihnen.“
Sophie fuhr hoch. „Wie? Was wollen Sie mir zeigen?“
„Es ist Ihre Aussteuer, sie ist aus Dubai gekommen … im Wohnzimmer unten. Aber Seine Hoheit sagt, dass Sie ruhig
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