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Goldfalke (German Edition)

Goldfalke (German Edition)

Titel: Goldfalke (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Noreen Aidan
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Klaren Welt, so schien es, gab es keine normalen Familiengeschichten. Keine normalen Lebensläufe. Noch nicht mal normales Wasser. Dieses hier aus dem Teich war reiner als alles, was Kiana je aus dem Brunnen vor Onkel Abdullahs Haus gepumpt hatte. Eigentlich hätte sie also über nichts mehr überrascht sein sollen. Und dennoch stutzte sie, als der Schatten von Zabibies Dschinn auf sie fiel. Ein Schatten, der sich rasch vergrößerte, bis er alles überdeckte. Die acht langen Spinnenbeine des Dschinns wurden länger und länger, staksten über Sträucher und Bäume und das Badezelt. Und wuchsen weiter. Die schillernden Schwimmhäute dazwischen spannten sich, dehnten sich aus. Endlos, wie es schien.
    „ Ihr solltet jetzt gehen, bevor Bijan die ganze Oase eingehüllt hat“, meinte Zabibie.
    „Echt cool, diese Käseglocken-Nummer“, erwiderte Nesrin. „Aber wie soll das Damon au fhalten? Der wird deinen Dschinn zusammenfalten, so schnell schaust du nicht.“
    „Dazu müsste er die Oase erst finden. Vertrau mir, Nesrin! Ich weiß, was ich tue. Seht zu, dass ihr schnell wegkommt, denn wenn Bijan zur endgültigen Tarnung ansetzt, wird eine Menge Sand durch die Luft fliegen. Möge eure Heimkehr sicher und ohne weitere Schrecken sein!“
    Nesrin wühlte in ihrer Tasche. „Was sind wir dir schuldig?“
    „Vergesst es! Fliegt nun los!“
    Nesrin und Kiana bedankten sich, wünschten der Herrin der Oase alles Gute und stiegen auf ihre Teppiche. Bijan überragte nun sogar die Launische Palme und dehnte sich soeben über die angrenzende Obstplantage aus.
    D ie Mädchen hatten kaum die ersten Sanddünen erreicht, da hatte sich Bijan bereits wie eine Haube über die gesamte Oase gestülpt. Sein platter Kopf saß wie ein Knubbel obendrauf. Das froschähnliche Maul öffnete sich und blies eine Windböe hervor, die den Wüstensand aufscheuchte und die Teppiche der Mädchen ins Schwanken brachte. Bijan blies immer weiter, bis sich der Sand zu einem Riesenwirbel auftürmte und eine Düne nach der anderen erfasste. Kiana hatte Mühe, ihren Teppich zu stabilisieren und zog ihren Schal vor ihr Gesicht, als der Sand dagegen prasselte.
    Und mit einem Schlag war alles vorbei.
    Der Wind legte sich, der Sand fiel zu Boden, und von der Oase war nichts mehr zu sehen. Der Sand hatte sie vollständig zugedeckt, so dass sie nichts mehr unterschied von all den Dünen ringsum.
    „ Echt krass!“, meinte Nesrin. „Offenbar habe ich Zabibie unterschätzt.“
     
    Mitten in der Nacht kamen die Mädchen im Palast an. Am Ende ihrer Kräfte flogen sie in die Eingangshalle hinein, wo die Haushofmeisterin, der Großwesir und eine Reihe weiterer Leute bereits auf sie warteten.
    Als Kiana vom Teppich abstieg, knickten ihr die Beine ein. Dass Ava sie in diesem Moment umarmte und an ihren üppigen Busen drückte, rettete sie vor dem Fallen. Ava zog auch Nesrin an sich. „Ich bin so froh, dass ihr heil zurückgekehrt seid! Lasst euch ansehen! Geht es euch gut?“
    Bevor die Mädchen Gelegenheit hatte n, die Fragen zu beantworten oder die Grußworte der Umstehenden zu erwidern, trat Sayed vor. „Friede sei mit euch und willkommen daheim, meine Töchter! Wart ihr erfolgreich?“
    Nesrin holte die beiden Schriftrollen aus ihrer T asche und gab eine davon Sayed. „Tausende von alten Texten und Tausende von Horror-Dschinns in einer verschütteten Bibliothek - und natürlich haben wir die richtige Schriftrolle gefunden, was denkst du denn?“ Der Stolz in ihren Worten besiegte jegliche Müdigkeit und straffte ihr Rückgrat. Sie reichte dem Großwesir auch die zweite Schrift. „Und da wir schon mal dabei waren, haben wir noch eins draufgelegt und den Befreiungszauber für die Stehenden Weisen gefunden. Na? Ist das der Hammer, oder was!?“
    „Erstaunlich!“, hauchte Ava.
    Plötzlich sackten Nesrins Schultern herab, genau wie ihr Tonfall. „Damon hat die Karawanserei überfallen. Alle sind tot. Die Eherne Festung hat die Mauer niedergemacht. Sie kann sich bewegen wie ein irre schneller Riesenpanzer oder ein Kampfflugzeug oder so was.“
    Sayed erstickte die aufbrausenden Stimmen mit dem Heben seiner rechten Hand, die beide Schriftrollen hielt. „Holt Kassim her! Und auch Amir. Sie sollen ins Besprechungszimmer der Herrscherin kommen. Sofort! Kommt, meine Töchter!“
    „Die Mädchen sind völlig erschöpft“, wandte die Haushofmeisterin ein. „Sollten sie nicht zuerst wenigstens etwas essen und trinken und ein bisschen zu Atem kommen? Sie sind ja kaum

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