Goldfalke (German Edition)
ist wirklich die Karawanserei, die brennt? Das erscheint so …“
„Unw ahrscheinlich? Unmöglich?“ Nesrin stapfte zum Hauptzelt und plumpste unter dem Vordach auf einen Stapel Kissen. „Das hat Alireza auch gedacht, als ich ihn davor gewarnt habe, dass Skorpionkrieger in der Nähe der Karawanserei herumlungern.“
Die Herrin der Oase eilte hinter ihren Tresen . Ihre Hände bewegten sich wie fremdgesteuert, während sie stammelte: „Warum … ich meine, wie konnte ... wie kann Damons Armee … ja, irgendeine Armee … die Karawanserei besiegen?" Sie brachte zwei Glasschalen mit geschnittenen Früchten und reichte sie den beiden Mädchen.
Dankend nahm Kiana ihre Schale entgegen und sank neben Nesrin auf ein Sitzpolster. Außer ihnen und Zabibie war niemand hier. Man hörte nur das Plätschern des Wassers, das Geklimper der Windspiele in den Bäumen und den lieblichen Gesang eines Vogels. Das und der frisch duftende Obstsalat ließen das Entsetzen des heutigen Tages noch unwirklicher erscheinen.
„Damons Eherne Festung zerdrückte die Mauer der Karawanserei so einfach, wie Kassims Dschinn einen Grashalm zertreten würde.“ Hastig schluckte Nesrin einen Löffel Obstsalat hinunter. Dann warf sie den Löffel zurück in die Glasschale, stellte diese neben sich auf einen niedrigen Beistelltisch und drückte eine Hand gegen ihren Bauch. „Ich glaube, mir wird schlecht.“
„Die Eherne Festung, sagst du?“ Zabibie wirkte nicht die Spur überzeugt. „Wie kann das sein?“
„Die Festung wandert“, sprach Kiana das Ungeheuerl iche aus. „Sie kann von einem Ort zum anderen reisen.“
„Das ist doch nicht möglich !“
„ Ki hat Recht, Zabibie. Das ist auch der Grund, warum jeder, der sie jemals gesehen hat, einen anderen Ort angibt. Als wir heute am frühen Morgen von der Karawanserei aufbrachen, war weit und breit nichts zu sehen. Nur ein paar Skorpione. Vermutlich so was wie ein Spähertrupp. Wie der, den wir gestern getroffen haben. Und als wir von unserem netten kleinen Ausflug zurückkamen, war Damons verdammte Blechhütte einfach da. Sie muss so schnell fliegen können wie ein …“, ihre Hände flatterten hektisch, „… wie eine Art Mega-Kampfflugzeug oder so was.“
Der Versuch eines Lächelns zeigte sich auf Zabibies Gesicht. „Ihr seht sehr erschöpft und erhitzt aus. Vielleicht hat das eure Sinne verwirrt und euch etwas vorgegaukelt, was gar nicht da war. Die Wüste kann das. Bestimmt ist das, was wie eine Rauchsäule aussieht, nur eine Windhose. Soll ich euch ein Rosenöl-Bad einlassen? Das würde euch eure Kräfte zurückbringen.“
Unwillig schüttelte Nesrin den Kopf. „Keine Zeit. Wir müssen Sayed und Kassim Bescheid geben. Und du musst mitkommen in den Palast. Im Moment ist Damon noch mit der Plünderung der Karawanserei beschäftigt. Aber deine Oase könnte sein nächstes Ziel sein. Und glaub mir: Die Zerstörung der Karawanserei ist keine Fata Morgana. Das ist wirklich passiert!“
Zabibie brachte ihnen Tee und Gebäck, goss sich auch eine Tasse ein und setzte sich zu ihnen. „Und ihr seid sicher, dass keiner aus der Karawanserei überlebt hat? Ich meine, da sind immer so viele Leute, die Händler und Reisende und …“
„ Keiner hat überlebt, oder, Ki? Überall waren Leichen, und dazwischen die Skorpione und Ghule, die sich daran satt fraßen.“ Nesrin drückte Baski an sich und vergrub ihr Gesicht im weichen Katzenfell, dann sah sie wieder auf. „Eigentlich müssten wir sofort aufbrechen, aber ich bin so fix und fertig, dass ich gleich vom Teppich fallen würde.“
„Esst und trinkt zuerst und ruht euch noch etwas aus! Wer so ausgelaugt, wie ihr es seid, in die Wüste geht, ist lebensmüde. Und ich werde unterdessen überlegen … überdenken … Vorkehrungen treffen.“ Anscheinend begann sie nun doch, zumindest etwas von dem zu glauben, was Nesrin ihr geschildert hatte.
„Ist außer Ki, dir und mir noch jemand in der Oase , Zabibie?“
„Ihr seid heute meine einzigen Gäste. Eigentlich erwa rte ich Maryam. Sie wollte ein paar Pferde von der Karawanserei zum Bunten Basar bringen und bei mir wie immer einen Zwischenhalt einlegen. Aber jetzt kann ich wohl ...“ Sie sprach nicht weiter, sondern stellte ihre Tasse, von der sie noch nicht getrunken hatte, auf den Beistelltisch und erhob sich. „Entschuldigt mich!“
„Sollen wir packen helfen?“, bot Kiana an.
„Nein danke.“ Zabibie ging nach draußen.
„Aber pack nicht zu viel ein und beeil dich!“, rief
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