Goldfalke (German Edition)
Schritte!“ Kiana rannte voraus und rief nach hinten: „Siehst du nicht diesen Lichtschein? Er kommt vom Dschinn meiner Mutter.“
Man konnte hören, wie sich der Prinz ein paar gesalzene Flüche durch die Zähne presste, aber er kam näher.
Unter der Tür zum Schlafgemach der Herrscherin drang eine silbrige Spur Licht heraus, ein sanfter Widerhall dessen, was Elinas Drachenamulett im Inneren des Raumes hervorzauberte. Die beiden Palastwachen zogen wortlos die Torflügel auf, und der Prinz stürmte ins Schlafzimmer seiner Mutter.
Und stoppte, als wäre er gegen eine unsichtbare Wand geprallt. „El ina!“
Im Gemach der Herrscherin war alles noch so, wie Kiana es verlassen hatte. Elina drückte den gleißend hellen Drachenanhänger auf Sorayas Kehle und hob nun den Kopf. Ava, die mit angespanntem Gesichtsausdruck neben dem Bett stand, winkte Farid und Kiana herbei, die daraufhin ehrfürchtig näher traten.
Feine Schweißtröpfchen zeigten sich auf der Stirn von Kianas Mutter, und ihre Atmung lief so schwer wie vor ein paar Stunden, als sie den Hauptturm der Ehernen Festung hochgerannt war. Die Herrscherin zu heilen war offenbar Schwerstarbeit. Elina schenkte ihrer Tochter ein strahlendes Lächeln, das dieser bis ins Herz fuhr, dann wanderten ihre Augen zu Farid, wobei ein irritiertes Erkennen über ihr Gesicht huschte, bevor sie sagte: „Bringt das Mädchen her!“
Kiana und der Prinz kamen noch näher und mussten den Blick abwenden, um von dem hellen Licht des Drachenanhängers nicht geblendet zu werden.
V on einem Bein auf das andere tretend hielt Farid der Heilerin die bewusstlose Nesrin hin. Kurz beugte sich Elina hin zu Kiana und strich liebevoll über deren Unterarm, bevor sie ihren außergewöhnlichen Dschinn auf Nesrins Brustbein setzte. Das Licht des Drachen schien in den leblosen Körper einzudringen, bis ein Teil davon aus Nesrins halb geöffnetem Mund, aus ihren Nasenlöchern, sogar aus ihren Ohren ausstrahlte. Farid zuckte zurück vor dem Licht, und Kiana sah es ihm an, dass er Nesrin am liebsten fallen gelassen hätte. Doch er drehte nur dem Kopf weg und hielt die Bewusstlose weiter im Arm.
Nach wenigen Augenblicken nahm Elina ihren Zauberdrachen weg. „So, das wär’s. Das Mädchen ist noch ein paar Stunden lang benommen. Aber wenn sie die Nacht durchschläft, ist sie spätestens zum Frühstück wieder gesund.“
Avas rechte Hand wedelte in Ric htung Tür. „Geht jetzt, Kinder, und ruht euch aus! Elina braucht jedes Quäntchen ihrer verbliebenen Energie für Soraya.“
„Wie geht es meiner Mutter?“, fragte F arid.
Avas Hand wedelte noch immer. „Besser. Gute Nacht, Kinder!“
Farid und Kiana blieb nichts anderes übrig, als diesem Rauswurf Folge zu leisten. Die Palastwachen zogen die Torflügel hinter ihnen zu, kaum dass sie mit Nesrin den Raum verlassen hatten.
„Du hast es also geschafft!“ Noch immer geblendet blinzelte der Prinz. „Wie hast du das Sicherheitssystem der Ehernen Festung umgehen können? Wie hast du es fertig gebracht, nicht entdeckt zu werden? Wie?“
„Das ist eine lange Geschichte, für die der Rest dieser Nacht zu kurz ist.“ Eigentlich konnte ihm Kiana seine Verblüffung nicht übel nehmen. Sie selbst erwartete, jeden Augenblick aufzuwachen aus diesem Traum und auf ihrer dünnen Schlafdecke im Haus von Onkel Abdullah zu liegen. In der Trüben Welt, wo die Träume eines Mädchens kaum das Morgenrot überdauerten.
Nesrin begann so heftig zu zappeln, das s Farid sie herunterließ und auf die Füße stellte. Als ihre Beine einknickten, sprang Kiana heran und stützte sie.
„ Was … ist …“ Nesrins Worte klangen, als wäre ihre Zunge geschwollen. „Was ist da eben … abgegangen? War es … das, wofür ich es halte? War das … deine Mom, Ki?“
„Ja, das ist sie.“ Die Erleichterung darüber, zu sehen wie ihre Freundin sich erholte, durchflutete Kiana so wohltuend wie warme Milch.
Nesrins Schritte wurden sicherer. „Oh Mann, bin ich groggy! Seit mich dieser blöde … Skorpionarsch gestochen hat, hab ich mich gefühlt wie eine aufgeweichte Fritte in einer … weggeworfenen McDonald’s-Tüte, verstehst du?“
Als Kiana hilflos den Kopf schü ttelte, wischte sich Nesrin über die Stirn. „Auf jeden Fall … spüre ich jetzt langsam wieder, dass ich ein Gehirn habe … und beginne mich vage zu erinnern, wie man es benutzt. Deine Mutter hat’s echt drauf! Wie hast du das hingekriegt, sie … ich meine, wie hast du sie aus Damons Eisenbude
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