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Goldfalke (German Edition)

Goldfalke (German Edition)

Titel: Goldfalke (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Noreen Aidan
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weitere Erfolg versprechende Möglichkeiten“, meinte der hagere Mann mit der dunkelroten Fes-Kappe. Kiana glaubte sich zu erinnern, dass er Haschem hieß.
    „Dann werden wir also da mal zwanglos vorbeischauen, oder, Ki?“ In Nesrins Stimme schwang ein gewisses Maß an Galgenhumor mit.
    „Achtet aber auf die Ifrit und Afrit!“, warnte Befehlshaber Kassim. „Die sind unberechenbar.“
    „Ach tatsächlich?“ Nesrin grinste frech. „Die können uns ja bei der Suche nach der Schriftrolle helfen.“
    „Wenn einer die dazu bringen k ann, bist du das“, brummte Fatima. „Und jetzt sollten wir langsam zur Sache kommen, denn ich bin müde und brauche Ruhe.“
    „Gewiss, Schwester.“ Ava winkte Kiana heran. „Komm, meine Tochter, setz dich hierher zu unserer ehrenwerten Seherin! Du als die Geweissagte musst nun wählen, wer euer dritter Gefährte sein soll!“
    Da Kiana diese Wahl bereits getroffen hatte, erhob sie sich voller Zuversicht und setzte sich, wie ihr die Haushofmeisterin mit einer einladenden Geste anwies, neben Fatimas Sitzpolster auf den mit kostbaren Teppichen belegten Boden. Vor der alten Frau stand auf einem Holzuntersetzer ein beigefarbenes, kugeliges Tongefäß. Dieses wirkte angesichts der kunstvollen Ausstattung des Raumes vergleichsweise derb. In seinem Bandmuster aus Kerben und Höckern fanden sich kreisrunde Löcher, wie auch in seinem kleinen tönernen Aufsatz, der fast wie ein plumpes Krönchen aussah.
    „Jetzt hör zu, Kindchen!“ Fatima starrte Kiana streng an. „Richte deinen Geist auf das aus, was Sayed dir über euren möglichen Begleiter gesagt hat. Was aber am wichtigsten ist: Es muss jemand sein, dem du bedingungslos dein Leben anvertrauen würdest. Sieh in den magischen Rauch! Dort wirst du den Dritten in eurem Bunde sehen.“
    Aus den Falten ihres weiten Gewands brachte die alte Frau ein kleines Holzkästchen hervor. Ihre knorrigen Finger öffneten es umständlich und entnahmen ihm eine Prise des enthaltenen grauen Pulvers. „Jetzt sieh hin!“ Mit geübtem Schwung warf Fatima das Pulver in den kronenartigen Aufsatz des Tongefäßes. Sofort stieg hellgrauer Rauch auf, der nach Harz und Magie roch.
    Kiana konnte gar nicht anders als mitten hinein zu sta rren. Angestrengt versuchte sie, das Bild der kämpfenden Zwillinge heraufzubeschwören. Bedingungslos dein Leben anvertrauen - diese Worte der alten Frau fraßen sich in Kianas Gedanken fest.
    Dein Leben anvertrauen.
    Der G eruch von Fatimas Räucherung reizte Kianas Nase und weckte Erinnerungen an einen anderen Rauch. Beißend. Gefährlich. Fast spürte sie wieder die Hand um ihren Arm, fühlte den Ruck in ihrer Schulter, als diese Hand sie in Sicherheit zog. Weg von Feuer, Qualm und Tod. Und sie sah … „Nein, das kann nicht sein!“, rief sie aus.
    Mit zusammenge kniffenen Augen schaute Ava in die hellgrauen Rauchschwaden, in denen sich das Profil eines Gesichts abzeichnete. Durchscheinend zwar, aber dennoch klar erkennbar. „Wer ist dieser junge Mann? Es ist keiner aus dem Palast, so viel steht fest.“
    „ Das ist nicht der Richtige!“ Kiana wedelte Luft, um das Bild zu vertreiben. Es verschwand, doch der nachströmende Rauch brachte es erneut zum Vorschein. „Ich wähle die Kampf-Zwillinge. Murat und Mai-irgendwas. Einen von beiden, egal welchen. Bitte, machen wir es noch einmal! Ich war nicht ganz bei der Sache.“ Sie setzte sich kerzengerade hin. „So, jetzt bin ich bereit!“
    „Wenn du meinst.“ Fatima warf eine zweite Prise Pulver in das Gefäß. „Aber das Unterbewusstsein lässt nicht mit sich handeln.“
    Zwillinge, Zwillinge, Zwillinge, dachte Kiana , doch das Bild im Rauch blieb.
    „ Der Typ ist ja echt schnuckelig“, sagte Nesrin. „Wer ist das?“
    Fassungslos hob Kiana die Hände und ließ sie wieder fallen. „Das ist nur Amir, der Nachbarsjunge.“
    Nesrin beugte sich nach links, um an de n duftenden Schwaden vorbei zu Kiana blicken zu können. „Ist das nicht der, der dich ins Freie geschleppt hat, als das Haus deiner Tante brannte?“
    „Ja“, gab Kiana widerwillig zu.
    „Dann muss er ein beherzter junger Mann sein“, fand die Herrscherin. „Warum also zauderst du, Geweissagte?“
    Kiana rieb sich die Schläfen. „Er ist … einfach ein Ekel. Und außerdem weiß er überhaupt nichts von …“, in einer hilflosen Geste zeigte Kiana um sich, „… dieser Welt hier.“
    „Und doch würdest du ihm dein Leben anvertrauen“, bemerkte Fatima.
    Betroffen musste Kiana zustimmen. Sie

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