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Goldfasan

Goldfasan

Titel: Goldfasan Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: J Zweyer
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einen alten Freund …«
    Golsten unterbrach den Mann nun doch. »War die Polin in Begleitung?«
    »Nein, allein.«
    »Wie war sie bekleidet?«
    »Also, beim besten Willen …«
    »Versuchen Sie, sich zu erinnern.«
    Der Schuster dachte nach. »Ich glaube, sie trug einen dunklen Mantel. Und darunter … Nein, das weiß ich nicht mehr. Aber an ihre Schuhe kann ich mich sehr genau erinnern. Braune, absatzlose Schuhe. Einfache Ausführung. Auf dem Vorderblatt war eine Art stilisierte Blume aufgenäht. Dann ist sie wieder gegangen. Moment. Jetzt fällt mir etwas ein.« Der Schuster drehte das Buch nervös in den Händen. »Draußen hat jemand auf sie gewartet.«
    »Wer?«
    »Ein Mann.«
    »Wie sah er aus?«
    »Ich habe ihn nur von hinten gesehen. Und das auch nur für einen Moment. Groß. Dunkle Haare, glaube ich.«
    »Und dieser Mann hat Marta Slowacki abgeholt?«
    »Abgeholt? Ich glaube nicht. Es sah eher wie ein zufälliges Treffen aus.«
    Das konnte eine Spur sein. Dieser Unbekannte war vielleicht der Letzte, der die Polin gesprochen hatte. »Wie ging es weiter?«
    Weydrich sah erneut in sein Auftragsbuch. »Vor drei Tagen ist Frau Munder gekommen und hat die Rechnung beglichen.«
    Golsten stutzte. »Sie hat die Rechnung beglichen?«
    »Ja, natürlich. Familie Munder bleibt nie lange etwas schuldig. Wenn alle meine Kunden …«
    »Wie ist das genau abgelaufen? Frau Munder kam zu Ihnen in den Laden und Sie haben ihr gesagt, was sie Ihnen schuldig ist?«
    »Nein, nein. So war das nicht. Ich erinnere mich genau. Es war voll an diesem Tag. Sie musste einen Moment warten. Ich sah sie in ihrer Handtasche kramen. Als sie an der Reihe war, entschuldigte sie sich. Sie habe nur einen Fünf- und einen Hundertmarkschein und dummerweise das Kleingeld vergessen. Die Reparatur kostete fünf fünfzig. Frau Munder reichte mir den Hunderter. Ich konnte aber nicht wechseln. Wir haben vereinbart, dass ich den Fünfer nehme und den Fehlbetrag auf die nächste Rechnung aufschlage.«
    »Dann wusste Frau Munder, bevor sie den Laden betrat, wie viel sie zu bezahlen hatte?«
    »Genau.«
    »Haben Sie Frau Munder die Rechnungssumme vielleicht schon bei der Auftragserteilung mitgeteilt?«
    »Nein.«
    »Da sind Sie sich sicher?«
    »Natürlich. Ich wusste ja gar nicht, ob ich das Material für den Absatz überhaupt bekommen würde. Außerdem hielt sie doch die Rechnung in der Hand, als sie bezahlen wollte. Ich habe die Zahlung darauf quittiert. Das halte ich immer so.«
    Golsten bedankte sich. »Kein Wort über dieses Gespräch. Zu niemanden.«
    »Selbstverständlich, Herr Kriminalkommissar«, antwortete der Schuster demütig. »Sie können sich völlig auf mich verlassen.«
    10
    Mittwoch, 31. März 1943
    S eit zehn Jahren lese ich in dem Blatt keine wahre Zeile«, stellte Hermann Treppmann verärgert fest, als sein Schwiegersohn zur Herner Zeitung griff. »Abgesehen von den Todesanzeigen. Gefallen für Führer und Vaterland. In dieser Reihenfolge. Eine halbe Seite wird allein damit gefüllt. Und täglich sterben mehr. Es dauert nicht mehr lange, dann beginnt die Liste mit den Todesanzeigen unserer Helden gleich auf der zweiten Seite. Direkt hinter den Meldungen von der Wunderwaffe und dem Endsieg. Wenn wir überhaupt noch genug Papier haben.«
    Treppmann saß auf dem mit dunkelrotem Samt bezogenen Sofa, sein Schwiegersohn in einem Sessel neben dem Fenster. Im Ofen knisterten die Kohlen. Über dem Sideboard aus schwarzem Schleiflack hingen Fotografien von Treppmanns Eltern, seiner toten Tochter und seiner vor zehn Jahren verstorbenen Frau. Auf dem Schrank thronte eine schwere Gipsbüste Goethes, der Dichter schaute streng auf die Anwesenden nieder. Der ebenfalls schwarze, mit kunstvoll gedrechselten Beinen ausgestattete Tisch befand sich in der Mitte des Raumes, umgeben von vier dazu passenden Stühlen. Ihn schmückte eine selbst gehäkelte Tischdecke. In einer Eichenkommode bewahrte Lisbeth Golsten dasjenige Geschirr auf, welches nur an Sonn- und Feiertagen benutzt wurde. Ein Orientteppich und zwei Ölbilder, die die Ostseeküste der Insel Rügen zeigten, vervollständigten die Einrichtung des Wohnzimmers.
    »Vater!« Lisbeth hatte das Wohnzimmer betreten. »Nicht so laut. Wenn dich jemand hört!«
    »Wer soll mich hier schon hören? Niemand außer dir und deinem Mann, dem SS-Offizier. Der Hauptsturmführer in unserer Familie!«
    Peter Golsten vergrub sich hinter seiner Zeitung und tat, als ginge ihn das Gezänk nichts an.
    »Du weißt genau,

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