Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Goldfasan

Goldfasan

Titel: Goldfasan Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: J Zweyer
Vom Netzwerk:
Nachforschungen zu beauftragen?«
    »Warum interessiert dich der Mann?«
    »Er stellt sehr viele Fragen. Meine Tochter hat sich beschwert.«
    »Ach so. Ja, er war bei ihr. Ich habe seinen Bericht gelesen. Das ist normal. Die üblichen Ermittlungen. Du musst dir darüber keine Gedanken machen.«
    »Wäre es nicht klüger gewesen, jemand ohne Erfahrung einzusetzen? Jemand, der nicht überall herumschnüffelt und sich mit dem zufriedengibt, was man ihm sagt?«
    »Ich verstehe dich nicht. Neulich sagtest du noch, du wolltest keinen Anfänger, der sich aus Karrieregründen in den Fall hineinkniet, sondern jemanden, der am Ende seiner Laufbahn steht und dem alles egal ist. Im Übrigen handelt Golsten so, wie ich es erwartet habe. Er handelt immer so, wie ich es erwarte. Deshalb habe ich ihn ausgewählt. Keine Ambitionen, keine persönlichen Interessen an der Sache, keine politischen Beziehungen, die deiner Familie schaden könnten. Ein deutscher Beamter eben. Manchmal etwas stur, aber immer treu nach Vorschrift. Mach dir keine Sorgen. Golsten wird in der Spur bleiben.«
    12
    Donnerstag, 1. April 1943
    W ie gewöhnlich hatten sie sich im südlichen Teil des Gysenberger Walds getroffen, kurz hinter der Grenze zu Gerthe. Dort befand sich, im dichten Unterholz verborgen, ihr Hauptquartier. Streng genommen handelte es sich dabei um nicht mehr als eine Art Erdloch, welches sie vergrößert, mit dicken Äste stabilisiert und mit Laub und Grassoden bedeckt hatten, sodass der Unterstand auch einem Regenschauer standhalten konnte. Den Eingang der Höhle tarnten einige Büsche. Ein zufälliger Spaziergänger konnte wenige Meter entfernt an dem Versteck vorbeigehen, ohne es zu bemerken. Das Innere der Höhle war mit trockenem Laub und Stroh ausgepolstert, und in einer Holzkiste verbargen sie ihre Schätze: von Hitlerjungen erbeutete Messer, eine sorgfältig in Ölpapier eingewickelte Walther P38 und mehrere kleine Stickereien, die ein Edelweiß darstellten. Die Pistole war vor etwa einem Jahr in ihren Besitz gelangt. Erwin hatte sie am helllichten Tag einem sturzbesoffenen Feldwebel geklaut, der im Stadtgarten auf einer Parkbank seinen Rausch ausschlief. Selbstverständlich hatten sie die Waffe ausprobiert. Sie waren extra in das kleine Waldstück in der Nähe des Schießstands in Horsthausen gegangen. Doch obwohl dort häufiger geschossen wurde, hatte der laute Explosionsknall einige Arbeiter vom nahe gelegenen Friedhof alarmiert und die Jungen waren nur knapp einer Entdeckung entgangen. Seitdem lag die Walther gut verpackt in ihrer Kiste und wurde nicht mehr angerührt.
    Außer Erwin hatten sich an diesem Nachmittag auch Manni und Karl in der Höhle eingefunden.
    »Der Rote hat mich angesprochen.« Erwin legte die Schnitzerei, mit der er sich beschäftigt hatte, beiseite. »Er hat ’n Auftrag.«
    Nur Erwin kannte den Mann, der von ihnen der Rote genannt wurde, persönlich. Der Spitzname passte nicht nur wegen seiner Arbeit für die illegale KPD zu ihm, sondern auch wegen seines blondroten Haarschopfs. Selbst Erwin kannte den richtigen Namen nicht.
    »Wat denn? Sollen wir uns wieder vorm Haus von dem Goldfasan die Beine in den Bauch stehen?« Manni war nicht begeistert.
    »Nee. Nur ’ne Nachricht überbringen.«
    »Un wohin?«
    »Keine Ahnung. Dat sacht der Rote mir morgen.« Erwin drehte das Messer in seiner Rechten.
    »Na denn.«
    Einen Moment schwiegen die drei. Dann meinte Karl: »Wir sollten ma bisken neues Laub ranschaffen. Hat in den letzten Tagen nich geregnet. Is allet trocken. Bald ist allet vermodert und wir müssen Gras nehmen. Is abba mehr Arbeit. Wat meint ihr?«
    Erwin stand auf und kroch Richtung Ausgang. »Karl hat recht. Komm, lasst uns Laub holen.« Er schnappte sich einen der alten Kohlensäcke, die neben der Holzkiste lagen.
    Widerstrebend folgte Manni den beiden anderen zum Ausgang.
    »Wat trockenes Reisig wär auch nich schlecht«, schlug Erwin vor. »Zum Drunterlegen. Dat macht ihr. Ich hol Laub. Abba denkt dran. Nix hier ausser Nähe. Könnte sonst auffallen. Also, bewegt euch wat.«
    Die Jungs verteilten sich im Wald. Erwin wandte sich nach Osten in Richtung des Hofs Heiermann. Er lief ein paar hundert Meter und begann, trockenes Laub in den Sack zu stopfen. Schließlich schulterte er den prallen Sack und machte sich auf den Rückweg zu ihrem Hauptquartier.
    Er hatte die Höhle noch nicht erreicht, als Manni auf ihn zustürmte. »Erwin«, rief er, »beeil dich! Karl hat wat gefunden. Dat musst du dir

Weitere Kostenlose Bücher