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Goldfasan

Goldfasan

Titel: Goldfasan Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: J Zweyer
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halbe Stunde später parkten sie den Adler Trumpf Junior kurz vor der Stadtgrenze nach Bochum und gingen am Ledigenheim vorbei in den Wald. Sie folgten zunächst dem Weg, der in südöstlicher Richtung fast parallel zur Hiltroper Landwehr verlief. Sie orientierten sich anhand der Skizze und glaubten schließlich, die angezeigte Stelle gefunden zu haben. Doch so sehr sie suchten, nirgends entdeckten sie eine Kinderleiche.
    »Allmählich glaube ich doch an einen Aprilscherz«, meinte Golsten, nachdem sie fast eine Stunde Laubhaufen durchwühlt hatten. »Und ich werde das dumme Gefühl nicht los, dass sich irgendwo dahinten im Gehölz Kinder verstecken, uns beobachten und sich kaputtlachen über die blöden Polizisten, die ihnen auf den Leim gegangen sind.«
    Schönberger meinte gleichmütig: »Mag sein. Aber jetzt sind wir hier. Lass uns noch über den kleinen Hügel da vorne schauen. Wenn wir dort auch nichts finden, hören wir auf.«
    Sie benutzten denselben Weg, den am Tag zuvor auch Erwin gelaufen war. Der Reisighaufen in der Mitte der Senke bildete eine deutliche Landmarke. Als die Polizisten näher kamen, sahen sie auch das weiße Bündel.
    »Verdammt noch mal!«, schnaubte Schönberger. »Kein Aprilscherz. Hat dich deine Intuition doch nicht getrogen.«
    Golsten, den der Anblick des toten Kinds rührte, seufzte. »Ich weiß nicht, was mir lieber gewesen wäre. Na denn. Du fährst und alarmierst die Truppe. Ich bleibe hier und sehe mich etwas um.«
    Es kostete Golsten nicht viele Worte, seine Vorgesetzten zu überzeugen, dass er diesen Fall übernehmen durfte. Schließlich war davon auszugehen, dass in Golstens Nachbarschaft mögliche Zeugen wohnten.
    Am späten Nachmittag schon lag der Bericht des Rechtsmediziners auf Golstens Schreibtisch. Bei dem toten Kind handelte es sich um ein Mädchen, welches kurz nach der Geburt mit einem dünnen Strick oder Seil erdrosselt worden war. Darauf ließen die Strangulationsmerkmale schließen, die das Muster des Strangwerkzeuges wiedergaben. Ein weiteres Indiz für ein Fremdverschulden war das am Zungenbein und dem Schildknorpel gebrochene Kehlkopfskelett der Kleinen. Da die Nabelschnur nicht fachgerecht durchtrennt worden war, ging der Rechtsmediziner davon aus, dass das Kind ohne medizinische Hilfe zur Welt gebracht worden war. Seine Geburt hatte es höchstens zwölf Stunden überlebt. Nur bei der Ermittlung des Todeszeitpunkts war sich der Mediziner unsicher. Mit Sicherheit war das Kleine seit mindestens einer Woche tot, es konnten aber durchaus auch schon zwei oder drei Wochen sein.
    Die Decke, in der die nackte Leiche eingewickelt war, war von guter Qualität und musste schon einige Jahre alt sein. Zum einen wies sie deutliche Abnutzungsspuren auf, zum anderen war eine solche Ware seit Beginn des Krieges nicht mehr im Handel. In einer Ecke der Decke fand sich ein eingestickter Buchstabe, ein rotes S.
    Am Fundort der Leiche selbst waren wegen des Regens, der erst vor einigen Tagen dem frühlingshaften Wetter hatte weichen müssen, keine brauchbaren Spuren mehr auszumachen gewesen.
    Eine Meldung über ein in Herne oder den umliegenden Städten vermisstes, frisch geborenes Kind lag nicht vor. Aber das hätte Golsten sowieso gewundert. Wahrscheinlich war, dass das Neugeborene von seiner Mutter oder einer anderen Person, die bei der Geburt geholfen hatte, getötet worden war. Und die hatten wohl kaum anschließend eine Vermisstenanzeige aufgegeben.
    Die einzige Spur, die er hatte, war die Decke mit dem eingestickten S. Golsten seufzte. Das bedeutete unendlich viel Kleinarbeit. Vielleicht war es doch keine gute Idee gewesen, Saborski um diesen Fall zu bitten.
    Erst am frühen Abend kam Golsten dazu, sich um seinen anderen Fall, um die verschwundene Polin, zu kümmern. Er suchte das Lager auf, in dem die Ostarbeiter untergebracht waren.
    Er wies sich dem Posten gegenüber aus und betrat das umzäunte Terrain. Aber keiner der dort Anwesenden konnte oder wollte Marta Slowacki anhand des Fotos, welches er herumzeigte, wiedererkennen. Die meisten der Lagerinsassen waren sichtbar eingeschüchtert und hatten Angst.
    Nach einer Stunde erfolglosen Befragens gab der Kommissar auf. Hier würde er nichts erfahren.
    14
    Freitag, 2. April 1943
    E s dämmerte schon, als Erwin und Manni die Schrebergartenanlage nördlich der Zeche Teutoburgia betraten. Obwohl Erwin strikte Order hatte, allein beim Roten zu erscheinen, hatte er dieses Mal dem Drängen seines Freundes nachgegeben und ihn

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