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Goldfasan

Goldfasan

Titel: Goldfasan Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: J Zweyer
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darüber keine Gedanken. Sprich ihn an und frage, wie es seiner Tante geht. Er wird antworten, dass sie auf dem Weg der Besserung ist. Dann gibst du ihm das Päckchen und siehst zu, dass du Land gewinnst. Antwortet er nicht genau so, wie ich es dir eben gesagt habe, musst du so tun, als ob du ihn verwechselt hast, und möglichst schnell Abstand gewinnen. Alles klar?«
    »Natürlich.« Erwin hob das Päckchen mit der Hand. »Wat is ’n drin? Is so leicht.«
    »Es ist besser für dich, wenn du das nicht weißt. Und komm nicht auf den Gedanken nachzusehen.«
    »Hab ich noch nie gemacht«, maulte Erwin beleidigt. »Auf mich kannze dich verlassen.«
    »Weiß ich ja.« Der Rote klopfte Erwin aufmunternd auf die Schulter. »Und jetzt geh nach Hause zu deiner Mutter. Wenn sie dich fragt, woher du das Fleisch hast, lass dir was einfallen. Und kein Wort über mich.«
    »Geht klar.« Erwin wandte sich zum Gehen.
    »Erwin«, bremste der Rote seine Bewegung.
    »Ja?«
    »Wir werden uns nicht mehr sehen. Die Luft hier wird mir zu dicke. Möglicherweise wird dich in Zukunft ein anderer Genosse bitten, ihm zu helfen.« Er machte eine Pause, die Erwin zu einer Frage nutzte, die ihm schon seit Tagen auf den Nägeln brannte: »Wieder den Bonzen überwachen?«
    Der Rote winkte ab. »Das solltest du ganz schnell vergessen. Diese Aktion ist gescheitert. Es ist vorbei.«
    »Warum sollten wir den …«
    »Hast du nicht richtig zugehört? Ich habe vorbei gesagt. Aus und Ende. Es wurde alles abgeblasen. Mehr wirst du nicht erfahren. Und jetzt hau ab. Danke für alles. Pass auf dich auf.«
    »Mach ich.«
    »Glück auf, Junge. Mach’s gut.«
    »Glück auf, Roter.«
    Manni wartete schon ungeduldig. »Na?« fragte er, während sie, nebeneinander herlaufend, die Schrebergartenkolonie verließen. »Wat is? Neuer Auftrag?«
    »Ja.«
    »Und?«
    Erwin blieb stehen. »Du weißt doch, dat ich nich drüber reden darf.«
    »Kann ich beim nächsten Mal nich mitkommen?«, bat Manni. »Frag doch mal den Roten!«
    Sie gingen weiter. Erwin sah seinen Freund von der Seite an. »Na gut. Ich frag ihn«, log er.
    »Danke.«
    Als sie die Schadeburgstraße erreichten, verabschiedete sich Manni. »Dann bis morgen.«
    »Bis morgen«, antwortete Erwin.
    Erwin, seine Mutter und sein Großvater wohnten am Südrand der Siedlung.
    Als Erwin die Tür aufschloss, wunderte er sich über eine fremde Stimme, die in der Stube zu hören war. Er schlich in die Küche, deponierte den Schweinebauch im Schrank und öffnete dann die Tür zum Wohnraum.
    Sein Großvater saß in dem schweren Ohrensessel, die Augen geschlossen. Seine Mutter stand neben ihm und hielt seine Hand. Ein fremder Mann verstaute etwas in einer schwarzen, ausgebeulten Tasche.
    »Machen Sie sich keine Sorgen, Frau Bertelt. Ihr Vater hatte vermutlich einen leichten Schwächeanfall und wird ruhig schlafen, wenn er die Medikamente genommen hat. Viel kann ich ja nicht tun«, meinte der Mann gerade entschuldigend. »Aber Sie wissen ja …«
    »Natürlich. Danke, Herr Doktor.«
    »Keine Ursache. Und, wie gesagt, es ist nur rein vorsorglich. Ich werde nachher noch mit dem Krankenhaus telefonieren und Ihren Vater anmelden. Aber er muss morgen früh um zehn Uhr in der Klinik sein.«
    »Selbstverständlich. Ich muss zwar arbeiten, aber«, sie sah zu Erwin hinüber, »mein Sohn wird mit ihm gehen. Das ist doch in Ordnung, oder?«
    »Aber sicher.« Der Arzt verabschiedete sich. Erwins Mutter begleitete ihn hinaus.
    Erwins Gedanken rasten. Er sollte seinen Großvater in die Klinik bringen? Genau zu der Zeit, wenn er das Päckchen in Erle zu übergeben hatte? Er betrachtete seinen Großvater, der friedlich im Sessel schlief. Was sollte er tun? Seine Mutter einweihen und sie bitten, jemand anderes zu suchen, der sich um Großvater kümmerte? Nein, dann würde er das Versprechen brechen, das er dem Roten gegeben hatte. Keiner durfte von Erwins Kontakten zu den Widerständlern wissen. Er würde seiner Mutter kein Wort sagen. Also musste er mit seinem Großvater zum Krankenhaus gehen. Es blieb nur eine Lösung.
    Als seine Mutter wieder die Stube betrat, berichtete Erwin: »Ich habe uns Fleisch besorgt. Liegt im Schrank. Aber gezz muss ich noch mal kurz weg.«
    Ohne weitere Erklärungen ließ er seine Mutter stehen.
    15
    Samstag, 3. April 1943
    H abt ihr gut geschlafen?« Hermann Treppmann stellte die Tasche beiseite, zog die Tür zum Stall hinter sich zu, achtete darauf, dass die Decke, die als Verdunklungsschutz diente, noch

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