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Goldfasan

Goldfasan

Titel: Goldfasan Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: J Zweyer
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ist ihnen der Junge aufgefallen. Als sie ihn überprüfen wollten, hat er Fersengeld gegeben. Und als er sie abzuhängen drohte, haben sie das Feuer eröffnet.«
    »Und? War er ein kommunistischer Kurier?«
    »Gefunden haben sie nichts bei ihm. Aber aufgefallen ist er schon früher. Schlägereien mit der Hitlerjugend, Aufsässigkeit in der Schule und solche Sachen.«
    »Wieder ein Volksverräter weniger.«
    Heinz Schönberger entging die Resignation in Golstens Stimme.
    »Tut mir leid. Ich kann nicht weiter mit dir plaudern. Die Arbeit ruft. Ich muss jetzt gehen.«
    »Die Polin?«
    »Ja.«
    »Kommst du weiter?«
    »Überhaupt nicht. Aber los werde ich die Angelegenheit leider nicht mehr.«
    Schönberger lachte auf. »Dann viel Glück.« Er verließ Golstens Büro.
    Aus den Akten des Einwohnermeldeamtes wusste Golsten, dass in dem Haus links neben Munders Villa die Witwe eines Offiziers wohnte. Ihr Mann war schon in den ersten Kriegstagen gefallen.
    Golsten musste nach dem Läuten nicht lange warten, bis die Tür geöffnet wurde.
    »Sie wünschen?« Eine Frau von etwa Mitte dreißig musterte ihn kühl. Sie war schlank und trug ihre dunklen Haare zu einem strengen Zopf gebunden. Ihr wadenlanger Rock, die Bluse und auch die Strickjacke waren schwarz.
    Golsten zückte seine Marke. »Guten Tag. Ich möchte mit Frau von Burwitz sprechen.«
    Die Reaktion der Menschen, denen Golsten seine Marke vor die Augen hielt, war unterschiedlich. Wie dem Schuster Weydrich vor einigen Tagen sah man einigen gleich ein schlechtes Gewissen an. Andere überspielten ihre Angst und Unsicherheit mit forschem Auftreten. Aber irgendeine Reaktion zeigte jeder, der mit den Fahndern des Reichssicherheitshauptamts konfrontiert wurde.
    Nicht jedoch diese Frau. Als sie antwortete, verzog sie keine Miene. »Das bin ich. Also, was wünschen Sie?« Die Stimme war eisig.
    »Hauptkommissar Golsten. Ich hätte einige Fragen an Sie.«
    Anna von Burwitz machte keine Anstalten, Golsten in das Hausinnere zu bitten. »In welcher Angelegenheit?«
    »Es geht um Ihre Nachbarn.«
    »Rechts, links oder gegenüber?«
    »Ihre Nachbarn zur Rechten.«
    »Munders?« Sie spuckte den Namen regelrecht aus. »Mit denen habe ich nichts zu schaffen.«
    »Sie scheinen die Leute wohl nicht …?«
    »Gibt es in Deutschland jetzt auch ein Gesetz, wonach Nachbarn sich zu lieben haben?«, fragte sie zurück.
    Golsten musste grinsen. »Nicht dass ich wüsste.«
    »Sehen Sie. Also, was wollen Sie wissen?«
    »Können wir das nicht drinnen besprechen?«
    Die Offizierswitwe zögerte. Dann gab sie widerwillig den Weg frei. »Bitte treten Sie ein«, sagte sie und schloss die Haustür hinter Golsten. Sie machte einige Schritte in Richtung einer halb geöffneten Tür, entschied sich dann aber doch anders und drehte sich abrupt um. »Also?«
    »Was haben Sie gegen die Familie Munder?«
    »Sind Sie Herner Bürger?«
    »Ja.«
    »Dann müssten Sie die Familie Cohn kennen, die früher in dem Haus wohnte.«
    »Nur vom Hörensagen.«
    »Wir waren befreundet.«
    Golsten schwieg. Er konnte nicht anders, als die stolze Frau zu bewundern. Nicht viele brachten den Mut auf, so offen ihre Abneigung gegen Parteibonzen zu äußern. Erst recht nicht, wenn dieses verbunden war mit einer verklausulierten Kritik an der Behandlung der Juden. Und vor allem nicht einem Mitarbeiter des Reichssicherheitshauptamts gegenüber.
    »Offene Worte, Frau von Burwitz. Sie sollten vorsichtiger sein.«
    Sie lachte bitter auf. »Ein freundschaftlicher Rat von der Gestapo. Wie fürsorgend.«
    »Ich bin nicht von der Gestapo.«
    »Aber vom Reichssicherheitshauptamt.«
    »Das ist nicht identisch.«
    »Das sehe ich anders. Aber Sie sind ja nicht gekommen, um sich mit mir über die Strukturen Ihres Amtes zu unterhalten. Also, was wollen Sie?«
    »Bei Munders arbeitete eine Polin. Sie ist verschwunden. Ist Ihnen in diesem Zusammenhang in letzter Zeit etwas aufgefallen, was mir weiterhelfen könnte?«
    »Ich habe das junge Mädchen nur selten gesehen. Ich lebe seit dem Tod meines Mannes sehr zurückgezogen und interessiere mich nicht mehr sehr für das, was sich außerhalb dieser Mauern abspielt. Tut mir leid, ich kann Ihnen nicht helfen.«
    Anna von Burwitz ging Richtung Haustür, öffnete sie und hielt inne. »Da war doch etwas. Vielleicht interessiert Sie das. Wenn ich auch meine Zweifel habe.«
    »Was?«
    »Das war vor vielleicht fünf, sechs Monaten. Da habe ich das Mädchen im Garten arbeiten gesehen. Sie harkte Laub zusammen.

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