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Goldfasan

Goldfasan

Titel: Goldfasan Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: J Zweyer
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ihren Vater eben richtig verstanden? War der Mann dort tatsächlich auf der Flucht? Oder war das nur wieder einer seiner Scherze? Aber dann sah sie seinen Gesichtsausdruck und wusste Bescheid. »Das ist keiner deiner Witze, oder?«, fragte Lisbeth tonlos und mit einem letzten Funken Hoffnung.
    »Nein«, erwiderte Treppmann gelassen. »Unser Freund hier benötigte Hilfe. Und ich habe sie ihm gewährt. Du hast doch nichts dagegen?«
    Der ruhige, fast bedächtige Tonfall ihres Vaters machte sie wütend. »Ist dir eigentlich klar, in welche Situation du uns bringst?«, brauste sie auf.
    »Völlig.«
    »Wie kannst du dann …«
    Hermann Treppmann hob beide Arme, so, als ob er sich einem imaginären Feind ergeben würde. Er sah auf einmal unendlich müde aus. Und unendlich traurig. »Kannst du es denn mit deinem Gewissen vereinbaren, diesem Mann unsere Hilfe zu verweigern?«, fragte er.
    Sekundenlang war nur das Rascheln der Kaninchen in ihren Käfigen zu hören.
    Dann antwortete Lisbeth: »Wenn die Gestapo ihn hier findet …«
    »Ich weiß.«
    Rosen, der die Auseinandersetzung zwischen Vater und Tochter bis dahin schweigend verfolgt hatte, sagte: »Ich möchte keine Zwietracht in Ihre Familie bringen. Und Sie erst recht nicht gefährden. Wenn es dunkel ist, werde ich verschwinden.«
    Bevor Treppmann antworten konnte, hatte sich Lisbeth zu einer Entscheidung durchgerungen. Sie atmete tief durch. »Gut. Er kann bleiben. Aber nur für einige Tage. Dann müssen wir eine andere Lösung gefunden haben. Und kein Sterbenswort zu Peter. Ich weiß nicht, ob er uns verstehen würde.«
    »Das weiß ich auch nicht«, antwortete Hermann Treppmann leise. Und setzte hinzu: »Leider.«
    Mit diesen Worten war das Gespräch beendet.

17
    Montag, 5. April 1943
    D en Vormittag verbrachte Golsten in einem Schutzraum in der Nähe des Polizeipräsidiums – Luftalarm. Schon der dritte in dieser Woche. Aber erneut waren die Bomber über das Herner Stadtgebiet hinweggeflogen und hatten ihre todbringende Fracht an anderer Stelle abgeladen.
    Der Tag ging nicht erfreulicher weiter. Frustriert blickte der Hauptkommissar auf die aufgeschlagene Akte Marta Slowacki. So recht wusste er in dieser Sache nicht weiter. Am liebsten hätte er die Brocken einfach hingeschmissen und den Fall abgegeben. Aber Saborski saß ihm im Nacken. Und natürlich wusste er, dass eine geflohene Ostarbeiterin aus ideologischen Gründen möglichst schnell wieder gefasst werden musste. Deshalb musste er weitermachen.
    Golsten seufzte. Die Befragung der Munders und des Schusters hatte eigentlich nichts ergeben und auf die Suchanzeige, die er in der Herner Zeitung hatte schalten lassen, hatte sich niemand gemeldet.
    Die Streifen im Herner Stadtgebiet und den umliegenden Städten waren mit Fotos der gesuchten Polin ausgestattet worden, aber auch diese Maßnahme war ohne Resonanz geblieben.
    Es würde ihm nichts anderes übrig bleiben, als weiter Klinken zu putzen. Bei den Nachbarn der Munders und auch bei den Ostarbeitern.
    Bevor der Kriminalhauptkommissar sein Vorhaben in die Tat umsetzen konnte, betrat Heinz Schönberger das Büro.
    »Haben wir ja wieder mal Glück gehabt. Die Bomber sind nur über die Stadt hinweggeflogen«, meinte er und kramte eine Zigarette aus seiner Tasche. »Stört es dich?«
    »Ja. Aber du wirst dich vermutlich trotzdem nicht abhalten lassen, oder?«
    »Da hast du recht.« Schönberger zündete seine Zigarette an. »Vermutlich sind die Flieger nach Essen, was?«
    »Ja. Krupp oder eine der dortigen Zechen.«
    Sein Kollege inhalierte tief. »Na ja. Solange die uns hier außen vor lassen …«
    Für einen Augenblick hingen die beiden Männer ihren Gedanken nach.
    Dann meinte Schönberger: »Hast du eigentlich davon gehört, dass am Samstag in Gelsenkirchen ein Junge erschossen worden ist?«
    Golsten stand auf, um sich seine Jacke anzuziehen. Tote Jungen gab es in diesen Tagen häufiger. »Tatsächlich?«
    »Ja. Er soll aus der Teutoburgia-Siedlung stammen.«
    Jemand aus seiner Nachbarschaft. Das interessierte Golsten dann doch. »Wie heißt er? Weißt du das?«
    »Ein gewisser Loobs. Knapp siebzehn Jahre alt. Kanntest du ihn?«
    Golsten dachte nach, konnte aber mit dem Namen nichts anfangen. »Nein. Ich glaube nicht.«
    »Er gehörte vermutlich zu einer Jugendgruppe, die sich selbst Edelweißpiraten nennt.«
    »Und wer hat ihn erschossen?«
    »Die Gestapo. Sie haben wohl einen Treffpunkt überwacht, der häufiger von Kurieren der Kommunisten benutzt wird. Da

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