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Goldfasan

Goldfasan

Titel: Goldfasan Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: J Zweyer
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es?«, fragte er kühl.
    »Bohnen mit Speck.«
    Golsten verzog das Gesicht.
    Dann trat jene Stille ein, die von Sekunde zu Sekunde für alle Beteiligten peinlicher wird.
    Marianne ergriff als Erste das Wort. »Das ist aber vielleicht eine Begrüßung! Der eine steht stocksteif im Mantel herum, sagt kein Wort und die andere rührt stumm und so verbissen in ihren Bohnen, dass man glauben muss, ihr Leben hinge davon ab. Ihr seid vielleicht eine Trauergemeinde! Egal, weswegen ihr euch gestritten habt, jetzt nehmt euch in den Arm, gebt euch einen Kuss und vertragt euch wieder. Sonst könnt ihr eure Bohnen allein essen. Und wenn ich Peters Gesichtsausdruck richtig deute, will er so viele Bohnen gar nicht.«
    Peter Golsten konnte nicht anders, er musste grinsen. Lisbeth, die ihrem Mann bisher den Rücken zugewandt hatte, ließ den Kochlöffel los und drehte sich um. Beide machten einen Schritt aufeinander zu, verharrten einen Moment und umarmten schließlich einander.
    Leise flüsterte Golsten seiner Frau ins Ohr: »Gerade jetzt müssen wir zusammenhalten. Bitte!«
    Lisbeth schluchzte auf und klammerte sich an ihren Mann. Sie nickte. »Ja.«
    Peter streichelte ihr über das Haar. »Es wird alles wieder gut«, raunte er. »Bestimmt.« Und dachte: Hoffentlich.
    »So gefallt ihr mir schon besser«, lachte Marianne, die den kurzen Dialog nicht hatte hören können. »Gibt es in diesem Haushalt eigentlich auch etwas zu trinken?«
    Als das Essen fertig war, erschien auch Lisbeths Vater und eine Stunde später saßen die vier immer noch am nicht abgeräumten Küchentisch und tranken Selbstgebrannten.
    Lisbeth hatte sich schon seit Tagen nicht mehr so gut gefühlt. Der Schnaps wärmte wohlig ihren Bauch und der Alkohol drängte die Gefahr, in der ihre Familie schwebte, in den Hintergrund. Immer wieder suchte sie die Hand ihres Mannes, der neben ihr saß, als ob sie sich vergewissern wollte, dass er noch an ihrer Seite war.
    Marianne, der der Alkohol die Zunge gelockert hatte, erzählte indes Anekdoten aus ihrer Schulzeit. »Lisbeth und ich waren ja nicht in einer Klasse, aber hatten eine gemeinsame Lehrerin für Deutsch. Du weißt schon, Lisbeth, diese zickige Alte mit dem Dutt. Wir nannten sie Fräulein Einszweidrei, weil sie fast jede ihrer Fragen an die Klasse mit: ›Jetzt aber eins, zwei, drei‹, abschloss. Lisbeth, wie hieß die denn gleich?«
    »Ich weiß es nicht mehr. Blocker?«
    »Nee, das war der Mathematiklehrer. Eggert? Hieß sie nicht Fräulein Eggert?«
    Lisbeth Golsten lächelte und zuckte mit den Schultern.
    Ihrem Mann, der die Unterhaltung mit Amüsement verfolgt hatte, fiel plötzlich etwas ein. »Marianne, war in deiner Klasse nicht auch die Charlotte Munder?«
    »Ja. Aber damals hieß sie noch Trasse«, kicherte sie. »Garantiert hatte sie nie Frau Munder werden wollen.«
    Golstens Interesse war geweckt. »Wie meinst du das?«
    »Charlotte war schon als junges Mädchen zu Höherem berufen. Zumindest glaubte sie das. Arrogant bis zum Abwinken. Wenn wir spielten, hielt sie sich abseits. Sie stolzierte über den Schulhof, während wir rannten. Sie hatte kaum Freundinnen. Die es länger mit ihr aushielten, blieben nur in ihrer Gesellschaft, weil ihr Taschengeld hoch genug war, um alle einladen zu können. Eine doofe Kuh, wenn du mich fragst.«
    Lisbeth nickte zustimmend.
    »Ich habe später gehört, sie musste diesen Munder heiraten. War dann doch nichts mit dem Industriellen oder dem Kavallerieoffizier aus dem Generalsstab, von dem sie immer geschwärmt hat. Tja, manchmal kommt es eben anders.«
    »Sie war schwanger?«, vermutete Golsten.
    »Genau.« Marianne dehnte das Wort. »Aber dann wurde sie doch nicht Mutter. Vielleicht eine Fehlgeburt. Wie auch immer. Weißt du noch, Lisbeth, wie wir sie immer auf den Arm genommen haben wegen ihrer Stickereien?«
    »Ja, klar. Immer und überall holte sie ihr Stickzeug heraus. Kerzengrade saß sie da, mit durchgedrücktem Rücken. Die Nase hoch und nur überhebliche Blicke für ihre Umgebung. Ganz die höhere Tochter.«
    Marianne prustete los. »Und dann hat sie doch das Falsche gestickt. Immer nur das rote S. Hätte sie doch besser das C genommen. So bekam die gesamte Aussteuer das falsche Monogramm.«
    Lisbeth fiel in das Gelächter ein.
    Golsten merkte auf. »Was für ein S?«, fragte er.
    »S. Für Sarah.«
    »Ich denke, sie heißt Charlotte?«
    »Heute ja. Früher hieß sie Sarah Charlotte. Ihre Mutter, so ging das Gerücht, war eine tiefreligiöse Frau und hatte

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