Goldfieber
erholte sich schnell und wurde beinahe wieder überheblich. Ein sehr wandelbarer Kerl, dieser Gerris Genord.
»Ist Ihnen ein Armband aufgefallen?«, fragte Block. »Oder Orden? Oder etwas anderes, was ihn mit einem Freicorps oder einer Rechts-Gruppierung in Verbindung bringen könnte?«
»Ich habe nichts gesehen, was ihn mit irgendjemand in Verbindung bringt – außer mit dem Tod. Aber er ist wie gesagt im Schatten geblieben.«
Ich trat ein paar Schritte zur Seite und blickte zur Tür hinauf. »Oberst, gehen wir beide selbst durch diese Tür«, schlug ich Block vor.
Er wirkte zwar verwirrt, aber sein Instinkt hatte ihn richtig geleitet, als er um eine Wiederholung der Szene gebeten hatte.
Genord runzelte die Stirn. Er schien wieder verunsichert.
»Ich spiele den Mörder. Sie sind Genord. Genord, gehen Sie zur Seite. Nicks, du bist Lancelot. Ty, beweg dich nicht. Alles klar?«
»Ich rühr keinen Muskel.«
»Ehm.« Das war Tinnie, mein Schätzchen. »Was willst du eigentlich beweisen?«
»Ich versuche zu verstehen, was passiert ist. Irgendwas stimmt da nicht. Irgendwie passt da etwas nicht zusammen.«
Genord sah mich finster an.
Ich blickte mich kurz um. Die Spieler standen auf ihren Plätzen. Ich trat nach draußen, schloss die Tür aber nicht hinter mir, damit der böse Bi-Ba-Butzemann mich nicht erwischen konnte, ohne dass die anderen es bemerkten. Dann spielten wir die Mordszene noch einmal durch, während Genord Regie führte. Zögerlich Regie führte. Dann wiederholten wir es noch einmal, damit ich es aus Meckis Blickwinkel sehen konnte. Und dann sagte ich allen: »Geht wieder zurück in den Speisesaal.«
Tinnie bockte. Ich zwinkerte ihr zu, also fügte sie sich. Aber nur widerstrebend.
»Haben Sie etwas?«, fragte Block.
»Vielleicht«, erwiderte ich. »Es hängt alles an einer Frage, die sich vielleicht aber auch als eine reichlich dumme Frage erweisen könnte.«
»Mir kam es so vor … Ich hatte so ein komisches Gefühl im Bauch … Aber manchmal macht ein Mord auch einfach keinen Sinn.«
Dieser hier würde nicht mal Sinn machen, wenn ich Recht behielt. »Ich glaube, es ist genau so passiert, wie wir es durchgespielt haben. Niemand hat niemandem widersprochen.«
»Aber?«
»Die Frage ist folgende: Wenn es angeblich mitten in der Nacht war, wieso war Gerris Genord dann noch wach und spielte den Portier?«
»Mist. Sie haben Recht. Daran habe ich überhaupt nicht gedacht.«
»Aber Sie haben es gespürt. Sonst hätten sie keine Ahnung gehabt. Sie konnten es nur nicht erkennen, weil es ja Genords Aufgabe ist, die Tür zu öffnen.«
68. Kapitel
»Tut mit Leid. Ich möchte jetzt nur die Familie sehen«, sagte ich zu Tinnie. »Nicks, du kannst mit rein.« Ich dachte einen kurzen Moment nach, bevor ich sagte: »Gilbey, Sie auch.« Er war verärgert, weil ich überhaupt überlegt hatte.
»Gehen wir in diese Ecke dahinten. Bringt ein paar Stühle mit.« Ich nahm einen für mich selbst, und wir setzten uns in einen Kreis, Knie an Knie.
»Was ist los, Garrett?« Max Weider erlebte offenbar eine Wiederauferstehung des Willens. Vielleicht hoffte er ja, dass wir etwas herausbekamen. Hoffentlich konnte ich diese Illusion aufrechterhalten.
»Einige von Ihnen halten das vielleicht für eine alberne Frage. Aber die Antwort ist sehr wichtig. Kann mir jemand sagen, warum Genord mitten in der Nacht die Tür geöffnet hat? Selbst ich bin nicht übermenschlich genug, um Tag und Nacht zu arbeiten.«
Ty gluckste schwach, sagte aber nichts. Normalerweise hätte er geredet, nur um uns daran zu erinnern, dass er noch da war.
Sein Blick wurde eiskalt, als ihm die Bedeutung meiner Frage aufging. »Daran habe ich gar nicht gedacht. Gerris ist einfach immer da.«
»Habt ihr keinen Nachtportier? Oder so etwas Ähnliches?«
»Nein.«
»Denken wir noch einen Schritt weiter. Woher wissen wir eigentlich, dass jemand an der Tür war? Wir haben dafür nur Genords Wort.«
»Mist!«, knurrte Ty. »Ich habe nicht eine Sekunde daran gedacht, obwohl ich da war. Aber Genord würde niemals…«
»Warum war Genord mitten in der Nacht wach?«, fuhr Max ihm in die Parade.
Niemand sagte, dass ich meinen Job gut beherrschte. Niemand sagte, hey, Garrett, vielleicht bist du da ja tatsächlich auf etwas gestoßen. »Warum fragen wir Genord nicht einfach?«, schlug ich vor.
»Es gefällt mir gar nicht, ausknobeln zu müssen, welchen ich am wenigsten verabscheue, Lancelot oder Genord«, knurrte Gilbey. »Aber unter den
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