Goldfieber
modernen Gerichte beinhalten niemals etwas, was härter ist als ein Kürbis oder eine Aubergine. Sein Name verändert sich je nach Laune seines Besitzers, Morpheus Ahrm. »Palmenhain« ist der Spitzname, den er der Kneipe neuerdings angehängt hat. Seine Zielgruppe hat sich ebenfalls gewandelt. Statt der bitterbösen, zweitklassigen Unterweltler, die sich hier einfanden, um Pläne zu schmieden oder einen zweckmäßigen Waffenstillstand auszuhandeln, versammeln sich jetzt bitterböse erstklassige Ganoven, um Pläne zu schmieden oder einen zweckmäßigen Waffenstillstand auszuhandeln.
Das Personal ist jedoch dasselbe geblieben.
Es war gerade wenig los, als ich mich selbst in Morpheus' Laden einlud. Essensgäste aller sozialer Schichten glänzten durch Abwesenheit. Die Angestellten bereiteten sich auf die Zeit vor, in der die Meute sich zeigen würde. Morpheus' neuester Reklamegag war ein wahrer Goldesel. Der Laden stank förmlich nach Wohlstand.
»Scheibenkleister! Hab echt gedacht, wir wär'n diesen infantilen Haufen Pferdedreck endlich los!«
»Pass lieber mit Wörtern wie infantil auf, Beißer. Nicht, dass du dir noch die Zunge verrenkst.« Wie lange hatte er wohl gebraucht, die Bedeutung dieses Wortes zu erfassen, damit er es endlich anwenden konnte?
Eine Stimme aus den Schatten knurrte: »Hast du den verdammten Köter reingelassen, Beißer? Ich rieche Hund.«
»Das ist keine Hundescheiße, Paddel. Das ist Garrett.«
»Wirf 'ne Münze, was schlimmer ist.«
»Scheiß drauf!«
»Ihr Jungs solltet euch mal wieder auf der Straße austoben.« Ich konnte Paddel nicht sehen, aber er stammte aus demselben Loch wie Beißer. Beide sind groß, fett, schmierig, tätowiert und beinahe so mies, wie sie es von sich selbst glauben.
»Scheiß drauf, Garrett. Wir waren schon draußen. Und haben bis zur Nase in heißen, kleinen Weibsbildern gesteckt … Nee. Ich glaub nich. Ich werd langsam zu alt für den Scheiß.«
»Was willst'n, Garrett?«, wollte Paddel wissen. »Denke, dass wir dir die Woche schon genug Gefallen getan haben.«
»Ich brauche keine Gefälligkeiten«, flunkerte ich. »Ich wollte Morpheus nur ein paar unangenehme Neuigkeiten mitteilen.«
Anscheinend hatte Paddel Morpheus durch das Sprechrohr, das in sein Büro hinaufführte, bereits meine Ankunft gemeldet. Denn plötzlich erklang Ahrms Stimme auf dem Treppenabsatz. »Und was für unangenehme Neuigkeiten sollen das sein, Garrett?«
»Beutler und Sattler sind wieder da.«
Morpheus schwieg etwa zehn Sekunden. Dann fragte er: »Woher weißt du das?«
»Kann ich dir nicht sagen.« Womit ich es ihm sagte.
»Scheibenkleister!«, meinte Beißer. »Und ich sag noch, wenn's wie'n Furz stinkt, war's auch 'n Furz. Er will wieder was.«
»Scheiß drauf!«, erwiderte Paddel. »Ich scheiß mir echt in die Hose, wenn er mal eines Tages hier reinkommt und nichts will.«
Ich versuchte, Beißer böse anzublicken, als ich an ihm vorbeiging. Er grinste liebenswürdig. Meine Miene kümmerte ihn nicht.
»Hübscher Schulterschmuck, den du da hast, Garrett. Wir wussten, dass du den Vogel irgendwann lieb gewinnen würdest.«
Diese Leute sind meine Freunde. Angeblich.
»Wusstest du, dass Auberginen auch als Gift benutzt werden können?«, sagte ich zu Morpheus.
»Yep. Ich halte mir ein paar unkultivierte Pflanzen für den Fall, dass ich ein Spezialmenü für Gäste zubereiten möchte, die sich nicht an die Kleiderordnung halten.« Er ging voraus die Treppe hoch. »Also, wer leiht dir jetzt sein Ohr? Block? Er hat dir von Beutler und Sattler erzählt?«
»Er weiß es von Schrauber.«
»Oh. Hier rein.« Morpheus huschte durch das Zimmer, das er als Büro nutzt, und machte es sich in seinem plüschigen Sessel hinter dem großen Schreibtisch bequem. Dann schob er sich einen Zahnstocher in eine makellose Allee von unangenehm scharfen, spitzen Zähnen und blickte nachdenklich drein. »Beutler und Sattler. Interessant.«
12. Kapitel
Morpheus Ahrm ist die Art Mann, der einem Albträume bereitet. Falls man eine Tochter hat. Er sieht so verdammt gut aus, dass es schon wehtut. Auf seine olivgrüne, schlanke Dunkelelf-Art. Und alles, was er sich überwirft, sieht an ihm aus, als hätte er damit mindestens eine Woche bei einem Schneider zugebracht. Er könnte sich ganz in Weiß hüllen und durch einen Kohlenkeller hüpfen, ohne dass er sich auch nur ein Pünktchen Schwarz holt. Noch nie habe ich einen Tropfen Schweiß an ihm gesehen. Und Weibchen der verschiedensten
Weitere Kostenlose Bücher