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Goldfieber

Goldfieber

Titel: Goldfieber Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Andreas Gößling
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darauf gewann er seine Selbstbeherrschung zurück. Er hatte einen wohldurchdachten Plan, so beschwor er sich, und er würde niemandem erlauben, diesen Plan zu durchkreuzen. Nicht einmal sich selbst, so kurz vor seinem Ziel!«, ruft Cortés aus.
    Er erhebt sich von seinem Thron und starrt in der üblichen Weise durch die Umstehenden hindurch. »Antoine de Ville hat den Gipfel bezwungen – und damit seine eigene Angst und Schwäche«, fährt er fort. »Und in derselben Lage sind nun auch wir. Ihr habt es gestern mit euren eigenen Ohren gehört: Montezuma hat mir sein Reich zu Füßen gelegt – und jetzt müssen wir nur noch dafür sorgen, dass er diesen Worten auch Taten folgenlässt. Er muss mir die Herrschaft über sein Reich wahrhaftig in die Hände geben – kampflos und sozusagen freiwillig, sodass seine Untertanen gegen diesen Umschwung nicht aufbegehren. Wenn uns auch dieser Schritt mit der gnädigen Hilfe der Muttergottes noch geglückt ist, sind wir am Ziel. Aber bis dahin dürft ihr alle keine Sekunde lang vergessen, wie unsicher unsere Lage jetzt noch ist. Wie jener Bergbezwinger Antoine de Ville werden wir schmählich abstürzen, wenn wir einen Fehlgriff tun – oder aber uns auf den höchsten Punkt hinaufschwingen, wenn wir unsere Kaltblütigkeit bewahren. Und das bedeutet …«
    Er unterbricht sich und sieht einige der Umstehenden durchbohrend an. »Niemand von euch«, fährt er fort, »darf sich in irgendwelche Kampfhandlungen verwickeln lassen. Niemand von euch darf sich auch nur die kleinsten Übergriffe erlauben. Brecht keinen Streit mit den Azteken vom Zaun und lasst euch von ihnen nicht provozieren! Lasst die Frauen und Mädchen in der Stadt zufrieden! Lasst die Finger auch von den Besitztümern der Leute – ihrem Gold, Silber, Schmuck oder was auch immer! Wir sind die Gäste ihres Königs, vergesst das nie. Sie halten uns für Götter oder zumindest für eine Art übermächtiger Wesen – unterlasst alles, was sie auf den Gedanken bringen könnte, dass wir gewöhnliche Räuber wären! Wer gegen diese Gebote verstößt, muss auf strengste Bestrafung gefasst sein! Habt ihr das verstanden?«
    Wieder sieht er einen nach dem anderen durchdringend an. So ernst hat unser Herr schon lange nicht mehr zu uns gesprochen. Wir alle murmeln, dass wir verstanden haben und alles so ausführen werden, wie er es uns aufgetragen hat.
    »Dann geht jetzt und schärft euren Männern ein, wie sie sich zu verhalten haben!«, fährt Cortés fort. »Erinnert sie an den Galgen in Vera Cruz. Und an das Gold in Montezumas Schatzkammern, von dem jeder von ihnen seinen gerechten Anteil bekommen wird, wenn diese Stadt und das Land erst in meine Händegefallen sind! Geht jetzt! Ihr nicht – mit euch habe ich noch zu sprechen«, fügt er hinzu und winkt Fray Bartolomé und den Tätowierten zu sich heran. »Und mit dir, Orteguilla, auch.«
- 5 -
    Als die anderen gegangen sind, schließen unsere Wachen erneut die Tür. Cortés hat wieder auf dem Thron Platz genommen. Außer seinen drei Vertrauten, den beiden Geistlichen, Marina und mir ist niemand mehr in dem weitläufigen Saal. Obwohl es hier drinnen stickig heiß ist, trägt Cortés seinen goldbesetzten Umhang und sogar den Hut mit den roten Federn. Er sieht grau und übernächtigt aus. Doch seine Augen funkeln vor Zuversicht und Tatendrang.
    »Du hast ihnen einen ganz schönen Schrecken eingejagt«, sagt Alvarado zu Cortés. »Aber du hast recht, es ging nicht anders – jeder muss sich darüber klar sein, dass wir hier nicht mehr lebendig rauskommen, wenn Montezuma das nicht will.«
    »Oder sein verdreckter Bruder«, grollt Portocarrero, »dieser Cuitlá-kack oder wie der verdammte Oberkrieger heißt!«
    »Cuitláhuac«, korrigiert Sandoval mit einem Lachen und verströmt Veilchenduft. »So schwer finde ich ihre Namen gar nicht zu merken. Gib dir einfach mal ein bisschen Mühe!«
    Er schlägt dem »Dröhnenden« aufmunternd auf die Schulter und der prallt zurück und hält sich sogar die Nase zu. »Bist du auch waschsüchtig geworden?«, schreit er. »Wie diese verweichlichten Wilden?«
    Sandoval lacht noch lauter. »Du musst dich schon entscheiden, Alonso«, sagt er, »wie du die Indianer beschimpfen willst: dreckig oder waschsüchtig, wild oder verweichlicht – beides zusammen geht nicht!«
    Alvarado bricht gleichfalls in schallendes Gelächter aus. »So wenig wie gottesfürchtig und teufelsgläubig!«, bringt er prustend hervor.
    Schlagartig werden alle wieder ernst. Ich

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