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Goldfieber

Goldfieber

Titel: Goldfieber Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Andreas Gößling
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Geronimo, sollt diese Aktion anführen und von da an der verantwortliche Priester dieses Heiligtums sein!«
    Trotz des Schildkrötenmusters in seinem Gesicht kommt es mir vor, als ob Aguilar erbleicht wäre. Cortés hat auch ihn in der Hand, sage ich mir – genauso wie mich! Wenn er Aguilars Geheimnis verrät, dann ist dem abtrünnigen Minoritenmönch ein Prozess vor der Heiligen Inquisition gewiss! Schließlich hat der Tätowierte jahrelang die Teufelsgötzen angebetet und die Teufelspriester haben ihn und seine heidnische Geliebte zu Mann und Frau erklärt!
    »Wie Ihr befehlt, Herr«, stammelt Aguilar. Sein Blick irrt zumir herüber. So unsicher hat er mich schon unzählige Male angesehen, seit wir ihn vor dem Messer jenes Opferpriesters gerettet haben. Doch kein einziges Mal hat es der Tätowierte gewagt, mich offen zu fragen: Was habe ich damals in meinem Fieberwahn verraten? Und was davon hast du Cortés weitererzählt?
    Genauso wie immer nicke ich ihm nur kurz zu und wende meinen Blick wieder von ihm ab. Er tut mir leid, aber ich bin viel zu durcheinander, um mich in meinen Gedanken noch länger mit ihm abzugeben. Unser Herr will, dass ich Montezumas Geheimnisse erforsche, sage ich mir – und wenn der Aztekenherrscher darauf eingeht und bemerkt, dass ich ihn ausspioniere, dann wird er mich seinem blutdürstigen Kriegsgott opfern! Das Herz hämmert mir in der Brust. Aber wenn ich herausfinde, wo die Goldschätze der Azteken versteckt sind, schießt es mir im nächsten Moment durch den Kopf – dann braucht Carlita ihr eigenes Volk nicht zu verraten und dann bleibt ihr auch die grässliche Befragung durch Fray Bartolomé erspart! Also muss ich nicht nur machen, was Cortés von mir verlangt – ich muss sogar alles in meinen Kräften Stehende tun, um Montezumas Vertrauen zu gewinnen und ihn so gründlich wie überhaupt möglich auszuhorchen!
    Für dich, sage ich mir, während ich mit weichen Knien aus dem Thronsaal taumele – für uns, Carlita!
- 6 -
    Am Nachmittag erscheint Montezumas Bruder Cuitláhuac mit einem Gefolge kostbar gekleideter und geschmückter königlicher Beamter. In ausgesucht höflichen Worten bittet er Cortés, ihn in den Königspalast zu begleiten. Doch dazu blickt er so finster drein wie gestern, als er uns am Stadttor begrüßt hat.
    Unser Herr dankt ihm mit einem Lächeln und gibt vor, Cuitláhuacs Feindseligkeit nicht zu bemerken. Aber ich spüre, dass sie ihn beunruhigt, und wie könnte es auch anders sein: MontezumasBruder ist schließlich der oberste aztekische Armeekommandeur, Herr über Millionen kampferprobter Krieger!
    Cortés hat schon vorher angeordnet, dass ihn außer Marina und mir nur vier seiner Hauptleute begleiten sollen – Alvarado und Sandoval sowie die beiden Velazquez-Getreuen Montejo und Morla. Zwanzig Mann nehmen wir außerdem als unsere Leibwache mit. Als wir aus dem Tor hinaustreten, ist der Platz noch immer schwarz vor Menschen.
    Cuitláhuac und sein Gefolge bahnen uns einen Weg durch die Menge. Die meisten kauern wie seit Stunden reglos am Boden. Träge weichen sie zurück, gerade weit genug, um keinen Fußtritt abzubekommen. Alle starren uns an, niemand spricht ein Wort. Wieder meine ich eine Art Grauen in ihren Gesichtern zu sehen. Wenn sie überhaupt einmal eine Miene verziehen, dann rümpfen sie höchstens angewidert die Nase.
    Vor mir können sie allerdings keinen Abscheu empfinden – ich war vorhin tatsächlich in den Baderäumen in einem Nebengebäude unseres Palastes, um mich auf Sandovals Geheiß zu säubern. Ein halbes Dutzend aztekischer Diener wusch und schnitt mir die Haare, schnitt mir Finger- und Fußnägel und walkte mich durch, bis ich mich so sauber und wohlig müde fühlte wie ein Baby. Währenddessen wuschen weitere Diener sogar meine Kleidung, die in der Sonne bereits wieder getrocknet war, als sie endlich mit mir fertig waren. »Duftend wie eine jungfräuliche Braut«, behauptete Sandoval, kam ich schließlich wieder aus Dampf und Dunst hervor – und ein wenig fühle ich mich auch wie eine Braut, die an Montezuma verschachert werden soll, während wir über den Platz zu seinem Palast marschieren.
    Der Platz heißt »Herz Unserer Welt«, erklärt uns Cuitláhuac. Er misst vierhundert Schritte in der Länge und ebenso viele in der Breite. Zahlreiche Pyramiden und Paläste säumen die gewaltige Fläche, dessen weißes Steinpflaster blassrot geädert ist. Die Bauwerke sind allesamt strahlend weiß getüncht und die meisten vonihnen laufen

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